StartAnalysenXabi Alonso – Spielanalyse (Real Sociedad B 20/21)

Xabi Alonso – Spielanalyse (Real Sociedad B 20/21)

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Eine Analyse von Deniz (@DenizimHalbraum)

Lucien Favre kommt nicht. Wieso auch immer.
Kein Grund in Panik zu geraten. Die von Roland Virkus beschriebenen Prinzipien, die Borussia wieder im Spiel ausmachen sollen:

Ballbesitz, Attraktivität, defensive Stabilität und Aktivität.

Wenn man den Trainermarkt beobachtet, wird man feststellen, dass es neben Lucien Favre auch weitere interessante Kandidaten gibt.
Neben Daniel Farke, der bereits in gewissen Punkten bereits analysiert wurde, ist ein alt-bekannter Name einer, der dem beschriebenen Profil gerecht wird:

Xabi Alonso.

Nicht nur, weil dieser ein möglicher Trainerkandidat für die Fohlen wäre, sondern auch, weil Alonso generell ein spannender Trainer ist, der mit seinem Fußball mit Real Sociedad B in der Saison 20/21 für Furore gesorgt hat.
Allein deshalb war es mir wichtig, den Trainer und dessen interessanten Spielansätze im Ballbesitz, sowie im Spiel gegen den Ball, zu analysieren.

Bild: @Bmg.edits

Der 40-Jährige ehemalige Mittelfeldspieler hat natürlich einen klangvollen Namen, der viele Fans elektrisiert.
Die Formel, dass ehemalige gute Spieler gleich zukünftig gute Trainer werden, greift selbstverständlich nicht immer.
An dieser Stelle möchte ich gerne anmerken, dass die Spielbeobachtungen, die ich vor allem in der Saison 20/21 mit Real Sociedad machen konnte (in der dritten spanischen Liga), unabhängig davon sind, wie der Name des Trainers lautet.

Xabi Alonso konnte seiner Mannschaft eine klare Spielidee vermitteln, die dazu führte, dass die junge Mannschaft in die zweite (!) spanische Liga aufstieg.
Zur Verdeutlichung: Dies schafften in der Saison 20/21 die jeweiligen Jugendmannschaften von Real Madrid und FC Barcelona nicht.

In seiner zweiten Saison erreichte das Team in insgesamt 28 Spielen 59 Punkte (Punkteschnitt von 2.11), mit einem Torverhältnis von 50:24.
Mit einem Altersdurchschnitt von 22,0 Jahren (Quelle: Wyscout) und der damit elftjüngsten Mannschaft (von knapp über 100 Teams – die dritte Liga ist nach Regionen a 20 Teams aufgebaut, in der die besten Mannschaften in Playoffs überregional aufeinander treffen) stieg der Spanier in die zweithöchste Klasse auf.

Mit dieser Saison beschäftigte ich mich, um herauszufinden, wie Xabi Alonso seine Mannschaft spielen lässt.

Eine Taktik- und Datenanalyse von Deniz (@DenizimHalbraum) über Xabi Alonso und Real Sociedad B 20/21

Das Aufbauspiel – das Ziel: Halbräume finden

Üblich für Spanier, die besonders viel mit Pep Guardiola zu tun und selbst als Spieler große Interessen am Ballbesitz, sowie die nötige Balltechnik hatten, um das Spiel an sich zu reißen, baut Xabi Alonso aus einer 3+2 Staffelung auf.
Nominell lässt er seine Teams gegen den Ball mit zwei 4er-Ketten (4-4-2/4-2-3-1) auflaufen, in der meist zwei klassische Außenverteidiger auflaufen, doch im Spielaufbau entsteht eine Asymmetrie, in dem Linksverteidiger Ekaitz Jimenez hoch schiebt, während sich der Rechtsverteidiger in die Kette fallen lässt.
Die beiden Sechser haben im Aufbauspiel primär die Aufgabe, den Ball in der Verlagerung schnell klatschen zu lassen, um eben im horizontalen Spiel die Unordnung des Gegners ausnutzen zu können, wenn dieser verschiebt.

Ein weiterer Auftrag, den die Doppel-Sechs besitzt, ist das Schaffen von Räumen in Halbfeldern.
Strukturell lässt sich im Ballbesitz eine 3-2-4-1 Staffelung erkennen, in der die Flügelspieler in einer Linie mit den beiden Zehnern in Halbräumen agieren, während der Stürmer zentral zwei Innenverteidiger bindet.

Das Ziel ist klar: Halbräume bespielen.
Daher verhält sich der ballnahe Sechser diagonal zum Halbverteidiger, der den Ball besitzt.
In folgender Abbildung bereits zu erkennen, wie der gegnerische Sechser (rot markiert) aus der Kette rausrückt und sich auf Unai Veiga fokussiert.

Zusätzlich ziehen die ballnahen Flügelspieler breit, wollen die gegnerische Kette somit auseinander ziehen.
Die Distanz zwischen den Positionierungen der Sechser zu den Flügelspielern soll den Zweck erfüllen, die gegnerische Kette vor Zustellungsproblemen zu stellen, in dem alle Zonen besetzt sind und gleichzeitig keine vertikale, wie diagonale Bahn versperrt wird.
Meist streckt die Kette sich dann, welches die Schnittstellen öffnet, die die Halbverteidiger scharf bespielen.

Öffnet sich das Halbfeld nicht, dann wird verlagert. Geduld ist ein Faktor, allerdings geschehen die Verlagerungen auf auffällig schnellem Tempo.
Klar, man möchte den Gegner in der Verlagerung in der Unordnung erwischen, in der Räume groß sind.
Man erkennt, wie die Sechser erneut sofort klatschen lassen und die Verteidiger möglichst mit einem Kontakt spielen und eben nicht mit zwei.

Die Passingrate ist eine Statistik, die aussagt, wie viele Pässe das Team im Ballbesitz pro Minute spielt.
Alonsos Elf hatte zur Spielzeit 20/21 einen Wert von 13.9, welcher der fünfthöchste der gesamten Spielklasse war (von knapp über 100 Teams). Die Jugendmannschaft von FC Barcelona – auch bekannt für Ballbesitz – hat hier einen Wert von 14.0. Das zeigt, auf welches Niveau Alonso seine Elf brachte (Quelle: Wyscout).

Die Sechser als Pressingauslöser

Die Sechser werden zusätzlich genutzt, um einen vermeintlichen Pressingauslöser beim Gegner zu provozieren.
Der Gegner verteidigte im folgenden Fall im klassischen 4-4-2 mit engstehenden Flügelspielern, die die Halbräume für Sociedad schließen sollten.
Das Zuspiel vom Halbverteidiger zum Sechser erzeugt Druck für den Gegner, die sich in den Situationen zusammen ziehen.
Der Flügelspieler des Gegners presst den Sechser somit, verlässt die Position im Halbraum, ehe dieser auf den Halbverteidiger klatschen lässt und der den vertikalen Pass zum Zehner spielen kann.

Das Spiel über den Sechser ist für Alonsos Elf wichtig, um die Halbverteidiger eingesetzt zu bekommen.
Gegnerische Stürmer laufen teils im Bogen an, wollen ein Zuspiel zum einen der Halbverteidiger schließen.
Durch die 3-2-4-1 Struktur und dessen Präsenz in den Zwischenlinien, die der Gegner versucht zu schließen, öffnen sich teils auch durch clevere Bewegungen des Sechsers im Zentrum Räume, wenn der Gegner mit einem Zuspiel in den Halbraum rechnet.
Die Kombination: Aus dem Halbraum, im Zentrum und in den Halbraum ist ein Muster.
Der Halbverteidiger dribbelt nach Klatsch-Spiel des Sechsers an, die Kette zieht sich im Halbraum zusammen, sodass das Zentrum frei wird.
Von dort aus startet die Dynamik des Angriffs.

Der mittlere Stürmer kommt kurz, zieht den Innenverteidiger mit raus, der Zehner im Halbraum startet in die freie Tiefe und kann bespielt werden.
Dies sind auch Nagelsmann-typische Muster, die man beim FC Bayern regelmäßig beobachten kann.

Die eben angesprochene Zwischenraumpräsenz hat logischerweise den Zweck, diesen auch zu nutzen. Findet man Mitspieler in den Räumen zwischen den Ketten, hat man gegnerische Linie(n) überspielt.
In der dieser Statistik ragte die Alonso Elf erneut raus:
Mit 6.41 linienbrechenden Pässen pro Spiel, spielt Real Sociedad B die zweitmeisten Bälle der dritten spanischen Liga (Quelle: Wyscout).

Positionsrochaden

Spielerrotationen haben mehrere Vorteile.
Zu einem können durch die Positionsrochaden beim Gegner gewisse Zuteilungsprobleme provoziert werden, primär haben diese allerdings einen anderen Grund:
Gezielte Vorteile in Angriffsmuster schaffen.

Was ist damit gemeint?
Teams, die zum Beispiel viel Ballbesitz haben, werden immer gezwungen sein, mehrere Muster im Angriffsspiel zu pflegen, um den Gegner auszuspielen.
Wenn der Gegner gut eingestellt ist, Räume nicht freigezogen werden, können bestimmte Positionsrochaden dieses aufbrechen.

Vor allem kann der Trainer auch die Schwächen des Gegners gezielter attackieren.
Merkt dieser zum Beispiel, dass der gegnerische Rechtsverteidiger Probleme hat, wenn unser Flügelspieler innen vorbei dribbelt, statt außen rum, hilft ein Rechtsfuß auf der linken Seite.
Auch können verschiedene Spielerprofile solche Entscheidungen beeinflussen.


Um zurück zum Xabi Alonso Fußball zu kommen:
Im Ballbesitz rückt der Linksverteidiger hoch und gibt den nominellen Flügelspieler. Dieser ist ein Linksfuß und hat naturell den Drang über Speed und die Außen zu kommen.
Auffällig ist, dass gerade in mittleren und späten Spielphasen Positionsrochaden entstehen:
Navarro lässt sich dazu gerne auf den linken Flügel fallen, der nominell Zehner ist und über eine starke Balltechnik kommt.
Durch die Besetzung von Navarro am linken Flügel und die im Halbraum vom Linksverteidiger Jimenez, schafft man eine gezielte Eins-gegen-Eins Situation für Navarro.
Jimenez bindet im Halbraum einen weiteren Gegenspieler, damit dieser Navarro nicht doppeln kann.

Vom linken Flügel hat Navarro – wie vorhin beschrieben – andere Möglichkeiten. Ein mögliches Dribbling in zentrale Zonen, sowie Passfenster in diese oder auch ein einfacher Rückpass, um neu aufzubauen / zu verlagern.

Navarro agiert teils wie ein Freigeist.
So auch in zentralen Zonen, auf der Sechs.
Der Vorteil hier ist, dass die Gegenspieler einen besonderen Fokus auf ihn richten, dabei gleichzeitig diesen auf andere vernachlässigen.
In der folgenden Aktion agiert Navarro als linker Sechser, dadurch kann der nominelle defensive Mittelfeldspieler Unai Veiga in den halblinken Zehner- und Zwischenraum, den eigentlich Navarro besetzt.

In der Abbildung zu sehen, wie Navarro mannorientiert vom gegnerischen Sechser zugestellt und rausgezogen wird.

Das Navarro seinen Gegenspieler aus der Kette zieht, hat den Vorteil für Veiga, dass der gegnerische Innenverteidiger aus der Kette schießen muss, um den Zwischenraum zu verteidigen.
Dabei positioniert sich bereits Sociedads Stürmer im Rücken, des herausschießenden Innenverteidigers.
Veiga wurde als Pressingauslöser verwendet, um Räume zu schaffen.
Dieser lässt auf den linken Halbverteidiger klatschen, der mittels langem Ball den Stürmer in der Tiefe einsetzten kann.

Für eine stark fokussierte Ballbesitzmannschaft ist der prozentuale Anteil im allgemeinen Passspiel an langen Bällen gar nicht gering.
Im Ligaschnitt wurden 51,15 lange Bälle (Ein Bodenpass länger als 45 Meter oder ein Hochpass länger als 25 Meter) pro Partie gespielt. Alonsos Elf ist mit 46 lang gespielten Bällen je 90 Spielminuten dabei. Das zeigt, dass a) Real Sociedad flexibel sein kann, b) diese Bälle, wie eben beschrieben, auch provoziert werden.

Zudem beweisen im Durchschnitt gespielte 60 Pässe ins letzte Angriffsdrittel pro Spiel, dass sie die Vertikalität im Ballbesitz nicht vergessen.
Die Jugendmannschaft von Barca spielte in der selben Saison – trotz noch höherem Ballbesitzanteil – 10 Pässe weniger ins letzte Drittel, als die Elf von Xabi Alonso.

Vergleicht man generell beide Mannschaften im Passspiel, fällt auf, dass Barca B horizontaler spielt (207 horizontale Pässe pro Spiel), als Sociedad (194).
Während Barca B die eine Aufbauphase mehr zu nehmen scheint, setzt Sociedad im Verhältnis eher auf die Dynamik des Angriffs.

Durch das höhere Risiko, welches Sociedad als ballbesitzorientierte Mannschaft im Passspiel wählt, ist die Anzahl an Ballverlusten höher, als bei der Jugendmannschaft von Barcelona.
Im Ligaschnitt sind 107 Ballverluste pro Partie zusammengeführt, während sich Sociedad mit 100 Pässen klar unter dem Durchschnitt befindet. Barca hat dabei einen Wert von 89 Ballverlusten je 90 Spielminuten.
Die Statistik zeigt, wie die Balance im Passspiel der Alonso Elf zu werten ist.
Ballbesitzfokus, mit der Geduld die Räume zu finden, jedoch ohne dabei darauf zu beharren, sondern die Initiative durch schnelles und in der Situation ausgelöstes vertikales Spiel, zu ergreifen.
Werden Laufwege ausgelöst, weil Räume geschaffen wurden, werden diese bespielt – mit dem Risiko, dass der Pass eben zu einem Ballverlust führt.

Die Ballbesitzwerte verdeutlichen dabei klar, welche Priorität Sociedad dabei dennoch hat.
Mit durchschnittlich 59,8% Ballbesitz pro Spiel ist die Alonso Elf die Mannschaft mit dem zweithöchsten Ballbesitzanteil der über 100 Teams.

Wie attackieren sie die Box?

Im Ballbesitz sind diverse Verlagerungsoptionen erwünscht. Bisher beschrieb ich den Ansatz der ersten Aufbaulinie, wie sie über die Sechser direkt oder über diesen verlagerten, um beispielsweise auf die Außen oder in Halbräume zu gelangen.

Direkt gespielte Verlagerungen, die den ballfernen Flügel erreichen sollen, dienen logischerweise auch dazu, den Gegner in Bewegung zu bringen. Dieser verschiebt in Ballnähe, somit entstehen wieder Möglichkeiten, auf die andere Seite schnell zu verlagern.
In der nun folgenden Beispielszene spielt die Mannschaft innerhalb 15 Sekunden zwei diagonale Bälle direkt auf den ballfernen Flügel.
Somit provoziert die Elf von Alonso Raum auf der ballfernen Seite.
Diese nutzen die Flügelspieler, um ins Dribbling zu gehen.

Alonso möchte – wenn möglich – dass seine Spieler innen dribbeln, bedeutet für den linken Flügel:
Diagonalität attackieren.
Dazu benötigt es technische Voraussetzungen, sowie einem schnellen Antritt.
In die Diagonale zu dribbeln hat den Vorteil, zentrale Bereiche in der Folgeaktion zu bespielen, und nicht vorzeitig auf die Außenbahn gelenkt zu werden.
Dabei laufen ballferne Spieler ebenfalls diagonal ein, die sich im Zentrum per Passspiel verbinden. Die Schnittstellen werden geöffnet, Laufwege des Stürmers gehen vom Zentrum in Halbräume, um Gegenspieler mitzuziehen und somit die Zentrale frei zu halten.

Eine weitere Szene vom nominellen Linksverteidiger, der ebenfalls diagonal attackierte und direkt in den Halbraum spielen konnte.
Dabei hat Jimenez den Vorteil, dass er im Halbraum die Folgeaktion weiter spielen kann. Der Stürmer leitete den Ball im ersten Kontakt weiter, den der einlaufende Linksverteidiger in der Tiefe erlaufen konnte.
Der Halbraum gibt den Spielern mehrere Möglichkeiten, Torgefahr mittels Tiefe, Chipbälle, Verlagerungen und Rückpässe in Rückräume zu erzeugen.

Im Zentrum sind die Zehner zu finden, die naturell die spielstärksten Spieler sind und zudem die Lösungsfindung für den letzten Pass verinnerlicht haben.
Dabei attackieren stets drei bis vier Spieler die Tiefe (rechter Flügelspieler steht hier nicht optimal, kann enger einrücken, um zusätzliche Gefahr zu erzeugen) + der ballführende Zehner.

Das Schema ist deutlich:
Zwei Spieler laufen in zentral-äußeren Zonen ein, während die Flügel das Spiel erst breit machen und im richtigen Timing nur so breit zu stehen, wie nötig, um die Nähe zum gegnerischen Tor so klein wie möglich zu halten, sodass sie selbst Torgefahr nach Zuspiel des Zehners erzeugen können, auch um nochmal zum zweiten Pfosten rüber zu legen.

Tiefe Bälle spielen dabei eine Rolle, was sinnvoll erscheint, wenn wir Spieler vorfinden, die die Tiefe belaufen.
9.17 Tiefenbälle spielte das Team im Schnitt. Das waren im Ranking von über 100 Teams die viertmeisten pro Spiel.
Zum Vergleich: Barca B spielte mit 5.12 Tiefenbälle pro Spiel, fast um die Hälfte weniger, als Sociedad B.

Die Defensive

Zum Einstieg ein Datencheck:
Die wohlmöglich zwei aussagekräftigsten Daten, um das Pressing und die Intensität im Spiel gegen den Ball zu beleuchten, sind die PPDA- (Passes per defensive action – „Pässe pro Defensivaktion“) und challange intensity-Werte („Herausforderungsintensität“).


Während die PPDA-Daten aussagen, wie viele gegnerische Pässe man zulässt, ehe die Mannschaft zu einer defensiven Aktion (Zweikampf, Tackling, Grätsche, Abfangen des Balles, etc.) gelangt, sagt der challange intensity-Wert, wie intensiv die Mannschaft gegen den Ball arbeitet, in dem dieser die Tacklings, Grätschen und Co. pro Minute des gegnerischen Ballbesitzes zählt.

Der PPDA-Wert der Saison 20/21 von Sociedad B beträgt einen Wert von 9.23 zugelassenen Pässen.
Dies ist ein durchschnittlich-hoher Wert, wenn man den Ligaschnitt von 9.59 betrachtet.
Schaut man sich die challange intensity Werte an, so fällt auf, dass diese mit 7.6 besonders hervorstechen.
Allerdings ist der Ligaschnitt dort auch ähnlich hoch (7.04).

Bedeutet:
Die Spielweise der Teams sind im generellen sehr intensiv.
Zieht man den Bundesligavergleich zu 20/21, so wäre der Wert von 7.6 Ligabestwert, vor Leipzig mit 6.9.
In der nun abgelaufenen Saison, wäre man immerhin Zweiter im Ranking, hinter dem FC Köln (8.2)

Nimmt man nun den Bezug auf das Praktische, so macht der Zusammenhang dieser Werte Sinn und zeigt diesen auf.

Pressing bei Abstoß des gegnerischen Torhüters

Während man im Ballbesitz in einer 3er-Kette fällt, so agiert Sociedad gegen den Ball in einer klaren 4er-Kette, meist in 4-2-3-1/ 4-4-2 Strukturen.
Bei Abstößen des gegnerischen Torhüters laufen zwei Stürmer an.
Während der ballferne Stürmer den gegnerischen ballfernen Innenverteidiger zustellt, läuft der zweite Stürmer beim Zustellen des ballnahen Sechsers, den ballführenden Spieler in der Kette an. Dabei schließt er den Passweg ins Zentrum zum Sechser.
Die beiden Außenverteidiger werden mannorientiert von Sociedads Flügelspielern zugestellt. Allerdings meist ins Halbfeld versetzt, sodass der Sprung ins Zentrum klein ist, um dieses zu stärken, wenn der Ball dahin gespielt wird, denn:
Der Gegner wird durch das Anlaufen und das mannorientierte Zustellen auf den Außen gezwungen, einen langen Ball zu schlagen, oder alternativ zum Torwart zurück zu passen, der dann wiederum angelaufen werden kann. Der ballferne Spieler verschiebt leicht ins Zentrum, damit der Sechser weiterhin geschlossen bleibt.
Gleiches bei einem theoretischen Pass zu den Außenverteidigern, die dann von den Flügeln gepresst werden können.

Schaut man sich die obige Abbildung an, so stellt man fest, dass durch das Anlaufen des rechten Stürmers (blau), der Sechser (rot – im Zentrum) im Anlaufwinkel geschlossen wird und durch den Druck auf den Ballführenden somit insgesamt zwei Spieler, durch einen eigenen gepresst werden. Diese numerische Unterzahl hilft, um in anderen Zonen Überzahl und somit zusätzliche Absicherung zu schaffen.
Im Mittelfeldzentrum ist der rechte Sechser (RZM) ohne direkten Gegenspieler, kann im Raum verteidigen, weil der rechte Stürmer, seinen nominellen Gegenspieler zustellt.
Im Mittelfeldzentrum entsteht also eine 2-gegen-1 Überzahlsituation, während die letzte Linie theoretisch in Gleichzahl agiert.
Der Sechser, der frei ist, kann allerdings je nach Situation für Überzahl mit dem jeweiligen Verteidiger schaffen.

Aus dem Spiel heraus erkennt man bestimmte Muster im Defensivverhalten.
Der Stürmer läuft den Torhüter nicht aggressiv an, da er eine numerische Unterzahlsituation hat gegen zwei Verteidiger + dem Torhüter.
Dieser wartet situativ auf das Pressing, in dem er den offensivsten Pass verhindert, diese somit maximal zu horizontalen/diagonalen, bei den Verteidigern eher zu Rückpässen zwingt.
Spielt der Innenverteidiger den Ball zum Torhüter, kann der Stürmer vom ballfernen Innenverteidiger diesen anlaufen, schließt somit seinen Rücken.
Das Ziel: den Gegner auf eine Seite lenken.
4-2-3-1 Strukturen ergeben sich, wenn der gegnerische Sechser mannorientiert zugestellt werden muss, um die vertikale Bahn der Rautenbildung des Gegners inkl. dem Torhüter zu schließen.
Durch die Positionierung des Stürmers beim ballfernen Innenverteidiger hat der Torwart also nur eine diagonale Anspielstation.
Das Pressing wird damit also vorbereitet und das Aufbauspiel des Gegners eben gelenkt.

In der obigen Abbildung ist zu sehen, wie der ballferne Flügelspieler (RM) ins Zentrum einrückte, um die beiden Sechser die im Raum leicht mannorientiert agierten.
Die Überzahl im Mittelfeld ist Alonso wichtig, auch wenn er in Phasen Gleichzahl in letzter Linie gehen muss.
Ähnliche Züge hat auf der FC aus Köln, die mit Skhiri einen Anker im Sechser Raum stehen haben.

Spielt der Torhüter aus seiner Sicht links raus, schiebt RM wieder hoch und läuft den Linksverteidiger an.

Pressinghöhe

Allgemein lässt sich keine klare Pressinghöhe der Elf von Alonso erkennen.
Strukturell ließ sich beobachten, wie sie des Öfteren im mittelhohen bis hohen Mittelfeldpressing agierten.

Prinzipiell kann man analysieren, dass sie sich nie zurückfallen lassen, um den Gegner kommen zu lassen, sondern sich stets an der ersten Angriffslinie des Gegners und somit der Aufbauhöhe der Verteidiger orientieren. Die Mannschaft schiebt nach, bereitet das Pressing vor.

In der folgenden Szene stehen die beiden Stürmer in Höhe Mittellinie, während die 3er-Kette des Gegners aufbaute.

Das Pressing wird im ersten Schritt so vorbereitet, dass die Spieler soweit rausrücken, dass sie die Kompaktheit erlangen, auch indem sie weitere Passfenster schließen.
Als der linke Halbverteidiger des Gegners zugespielt wurde, lief der rechte Flügelspieler Sociedads diesen an, presste ihn allerdings nicht. Es war ein höheres Zustellen des Gegenspielers im Rücken.
Die Stürmer positionierten sich derweil weiterhin, leicht vorgeschoben, in einer Linie mit Distanz zu den restlichen Verteidigern.
Das Ziel ist der Rückpass, um das Pressing im zweiten Schritt vorzubereiten.

Als der zentrale Innenverteidiger den Pass erhielt, lief der ballnahe Sociedad Stürmer diesen an, schließt den Passweg somit zum linken Halbverteidiger, weil der ZIV unter Druck einlenken und mit der Körperhaltung geschlossen zur linken Seite agieren musste.
Der Gegner wird auch hier auf die bestimmte Seite gelenkt, sodass der RIV beim erneuten Pressing nach vorne spielen musste.

Mannorientierungen mit Absicherung im Mittelfeldzentrum

Wenn die Mannschaft – bedingt der Aufbauhöhe des Gegners – höher anlaufen „muss“, dann macht sie das.
Aus dem hohen Pressing ergeben sich Mannorientierungen, die von einem zentralen Sechser im Mittelfeldzentrum abgesichert werden.
Auch hier spielt der einrückende ballferne Flügelspieler eine Rolle.

Die beiden Stürmer lenkten das Aufbauspiel der 3er-Kette auf eine Seite, dahinter ergaben sich Mannorientierungen im Zentrum.
Der linke Flügelspieler lief den rechten Flügelverteidiger an, während dahinter der linke Sechser den rechten gegnerischen Sechser zustellte. Den ballfernen Sechser stellte der eingerückte Flügelspieler ballfern zu, der somit dem RZM Sociedads die Möglichkeit erlaubt, seinen Partner im Zentrum abzusichern.
Agiert der ballferne Stürmer des Gegners höher, so würde nominell eine Gleichzahl in letzter Linie entstehen. Das geht Xabi Alonso ein.

Der lange Ball wird erzwungen, der im Halbfeld ankommt. Der Linksverteidiger lief mit.
Die Mannorientierungen werden unterstützt, indem sich die ballnahen Spieler beim gegnerischen Pass zusammenziehen und das Feld für den ballführenden verengen. Dadurch ergeben sich zwar nominell Mannorientierungen, jedoch führt der Balldruck durch zonale Überzahlsituationen dazu, dass der Ballführende die Passoptionen verliert und sich in einer direkten Eins-gegen-Eins Situation befindet.

Fazit

Xabi Alonso ist definitiv ein interessanter Trainerkandidat, dem ich auch jetzt schon eine Rolle in der Bundesliga, zum Beispiel in Mönchengladbach oder Leverkusen zutraue.

Die „back-to-the-roots“ Aktion, die zurück zu den in der Einleitung beschriebenen Wurzeln im Spielsystem führen sollen, bedient Xabi Alonso aus erster Hand.

Sein Spiel ist dynamisch, intensiv und dabei dennoch Stabil in der Defensive.
Mit 0,85 Gegentoren pro Spiel 20/21 bewies seine Elf, dass ein intelligentes Pressing, mit Abläufen funktionieren kann.
Dabei wägt der Spanier in der Balance ab.
Das Angriffspressing ist dabei ein Mittel zum Zweck, keine Bedingung in seinem Spiel. Die bereits genannte Pressingdaten (PPDA 9.23) stützen diese These.
Alonsos Elf ließ in der gesamten Saison im Schnitt 6,92 Abschlüsse des Gegners zu. Das ist der fünftniedrigste Wert der Saison gewesen.

Das Alonso mit Sociedad in die zweite spanische Liga aufstieg ist eine bärenstarke Leistung, zumal dies die Jugendmannschaften von Barcelona und Real Madrid nicht schafften und 21/22 weiterhin in der dritten Liga kickten.

Die Intensität in seinem Spiel ist ein Element.
Doch der 40-Jährige ist nicht blauäugig und wusste zum Beispiel, dass sie mit dem jungen Team in der zweiten Liga nicht derart auftreten können.
So fiel z. B. der challange intensity Wert von 7.6 auf 5.3, welches der liganiedrigste 21/22 war.

Der Spanier ist ein junger Coach, hat damit auch den Zugang zu den jüngeren Spielern, ist taktisch versiert und vor allem anpassungsfähig in seinem Stilmittel.

Im best-case treten seine Mannschaften auf, wie im Stil von Real Sociedad B 20/21.

Xabi Alonso – Real Sociedad B – 20/21.

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