StartAnalysenWöber im Anflug: Was bringt der Linksfuß mit?

Wöber im Anflug: Was bringt der Linksfuß mit?

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Die Anzeichen verdichten sich, dass die Verpflichtung des Innenverteidigers, Maximilian Wöber, in Bälde über die Bühne gehen wird.
Im Raum steht eine Leihe, die in seinem Vertag bei Leeds United vertraglich verankert war, die aktiviert werden konnte, als der englische Erstligist abstieg.

Deniz (@DenizimHalbraum) analysiert im Scoutingbericht seine Stärken, sowie Schwächen und erklärt, welchen (Spieler-) Typen Borussia Mönchengladbach in der Innenverteidigung erhält.

Spielertyp- und Profilbeschreibung

Kommunikation

Maximilian Wöber ist mit seinen 25 Jahren bereits als Führungsspieler anzusehen. In Salzburg durfte er gegen Ende der Spielzeit 21/22 den eigentlichen Kapitän Ulmer mit der Binde am Arm ersetzen. So bestritt der Innenverteidiger in Österreich insgesamt 15 Ligaspiele als Kapitän.
Sein Führungsstil auf dem Platz macht sich vor allem über seine nonverbale Kommunikation bemerkbar.
Er dirigiert, analysiert und bewertet die Lage, gibt Anweisungen und führt aus.

Hohe Workrate

Dabei hat Wöber eine Einstellung gegenüber seinem Spiel, welche die Fans gerne auch als „Mentalitätsspieler“ bezeichnen.
Aufgeben ist keine Option. Die Situation ist nie zu Ende. Manchmal wirkt die Situation ziemlich wild, aber bei allem, was Wöber macht, ist seine Emotionalität vorangehend.

Starke Körperlichkeit

Mit 1,88m und einem Körpergewicht von 85kg (Quelle: Wyscout) ist der Innenverteidiger ein kompaktes Gesamtpaket.
Dieses setzt er in seinen direkten Zweikämpfen ein und kann sich auch gegen größere und/ oder schwerere Gegenspieler definitiv behaupten.

Durchschnittliches Tempo

Das angesprochene Gesamtpaket bringt nachteilig mit, dass seine Geschwindigkeit vermutlich keinen Spitzenwert in der Bundesliga erreicht (subjektive Wahrnehmung – leider liegen mir keine Daten vor, die meine Wahrnehmung bestätigen oder widerlegen). In seinen Sprints wirkt er im Antritt etwas behäbig, kann jedoch auf Strecke Tempo aufnehmen und hat im Gesamtpaket eine (leicht über-) durchschnittliche Geschwindigkeit (erneut subjektives Empfinden).

Individuelle Stärken im defensiven Grundverhalten

Mutiges Durchschieben

Der Linksfuß in ein Innenverteidiger, der einen aggressiven Verteidigungsstil pflegt.
Im Kettenverhalten ist Wöber einer, der gerne ausbricht und vorwärts durchschiebt, um auf den Gegenspieler, der angespielt werden soll, maximalen Druck bei Ballannahme erzeugen zu können. So versucht der 25-Jährige sofort in den Zweikampf zu gelangen, oder zumindest ein Aufdrehen des Gegenspielers zu verhindern.

Aggressives Sichern von Zwischenräumen

Durch sein beschriebenes Durchschiebeverhalten, verteidigt Wöber situativ den Zwischenraum vor der Kette. Dabei wägt er speziell als ballferner Innenverteidiger ab, ob und zu welchem Zeitpunkt er das Risiko nehmen kann.
Dabei fängt er progressiv Pässe des Gegners vor der Box ab.

Risiko in der Restverteidigung

Wöbers Grundaggressivität ist auch in seinem Verhalten in der Restverteidigungsstruktur bemerkbar. Das Risiko in seinem Spiel besteht darin, dass ihn seine antreibende Art dazu verleitet sehr früh, sehr hohes Risiko einzugehen. Grätschen, die „alles oder nichts“ bedeuten, obwohl numerische Überzahl herrscht, emotionalisieren das Spiel und die jeweilige Dynamik – im positiven, wie negativen.

Verhalten in der Strafraumverteidigung

Antizipation

Der Innenverteidiger ist in der Auffassungsgabe schnell und antizipiert Läufe des Gegenspielers auf hohem Niveau.
Dabei erkennt er auch als ballferner Innenverteidiger, wenn Räume vor, hinter oder neben ihm attackiert werden, sodass Wöber diese Situationen erkennt und handlungsschnell reagiert.

Box-Scann

Seine Antizipation paart Wöber mit einer starken Box-Verteidigung. Dabei fällt auf, wie oft der Verteidiger Situationen und Gegenspieler scannt, um ständig neu bewerten zu können.
So erkennt Wöber, dass bspw. am zweiten Pfosten Gegenspieler lauern, sodass dieser den Passweg für den Flankengeber so blockiert, dass er in den Rückraum spielen muss.
Antizipation, Handlungsschnelligkeit und das Verschaffen von Überblick unter höchstem Druck, vereint der Innenverteidiger eindrucksvoll.

Box-Manndeckung

So kann Wöber auch die Box in direkten Duellen verteidigen. Die vorhin beschrieben Skills helfen ihm dabei in der Vororientierung. Außerdem schafft es der 25-Jährige ständig offen zum Gegenspieler zu stehen – also mit dem Rücken zum eigenen Tor – um so flexibel auf Laufrichtungen des Stürmers reagieren zu können.

Spieleröffnung

Lange Eröffnung

Wöbers Markenzeichen in der Spieleröffnung, sind seine langen Chipbälle hinter die gegnerische Kette. Gutes Timing im Abspiel und präzise Bälle helfen den Flügelspielern, schnell hinter die Kette zu gelangen.
Auch im Druck ist Wöbers erster Impuls nach vorne zu schauen, um die Möglichkeit zu haben, einen direkten langen Ball im offensiven Umschalten spielen zu können.

Allerdings ist Wöber kein Innenverteidiger, der durch seine Spieleröffnungsphasen glänzt, oder das Spiel durch diese Art an sich reißt. Wöber fühlt sich wohl, wenn neben ihm ein Spieleröffner steht, der diese Rolle im Kern übernimmt.
Wöber scheut sich nicht, vertikale und linienbrechende Bälle zu spielen, sucht diese allerdings auch nur bedingt. Dabei fielen einige Situationen von technischen Unsauberkeiten auf, in denen Pässe sehr scharf gespielt sind und dem Mitspieler die neue Situation erschweren.

Den Mut im Andribbeln bringt Wöber mit, jedoch ist in diesem Bereich seine Risikoabwägung entwicklungsbedürftig. Seine technische Klasse in der Ballbehandlung in Bewegung bringt ihn situativ in schwierige Situationen, die im worst-case zu frühen Ballverlusten führen.

Fazit:
Was bekommen die Fohlen mit Wöber in der Abwehrkette?

Gladbach bekommt einen Innenverteidiger, der Linksfuß ist. Mit Chiarodia befinden sich nun zwei Verteidiger dieser Art.
Das hilft in der Spieleröffnung.
Mit Wöber erhält die Borussia keinen „Spielmacher-Innenverteidiger“, der über die technische Klasse verfügt, wie bspw. Itakura, aber einen, der sich nicht scheut, mit Ball progressiv umzugehen – wenn nötig. Zwar muss in diesem Bereich seine Entscheidungsfindung entwickelt werden, aber Voraussetzungen und Grundlagen sind definitiv vorhanden.
So erhält die Borussia auch gegen den Ball einen anderen Spielertypen, als den abwandernden Elvedi, aber auch gegenüber Itakura. Wöbers Spiel ist intensiv, emotional, mitreißend und ja, mitunter wild.
Seine Zweikämpfe sind für ihn ein Einstieg ins Spiel. Die Risikobereitschaft ist ein Element für seinen Mut, den er verkörpert.
Das kann auch Nachteile mit sich bringen.
Die Restverteidigung der Fohlen wird sich an seine Spielweise anpassen müssen. Das frühe Risiko, welches Wöber nimmt, muss abgesichert werden. Dazu folgt, dass mit dem 25-Jährigen kein Innenverteidiger kommt, der eine hohe (End-) Geschwindigkeit mitbringt. Die bringen Itakura und Friedrich allerdings auch nicht mit.
Das könnte, bei falscher Dosierung, zu Problemen führen. In guten Momenten könnte das Stadion, durch die intensiven Zweikämpfe, emotionalisiert werden. Denn zusammen mit Friedrich kann Wöber eine Kette bilden, die physische Voraussetzungen mitbringen, um die langen Bälle der Mannschaften zu verteidigen. Denkt man an Darmstadt, Heidenheim, Bochum, Augsburg und auch Bremen und Mainz, die allesamt mit großen & kräftigen Stürmern kommen und diese eben einsetzen, um mittels zweiten Bällen gefährlich zu werden, kann das für Gladbach ein wichtiges Gegenmittel sein.

Helfen wird Wöber in Gladbach mit seiner Boxverteidigung, die sich auf einem hohen Niveau befindet. Wenn man bedenkt, dass die Fohlen unter der Boxverteidigung sämtlicher Hereingaben seit Jahren chronisch leiden, sind das Skills, die dazu gewonnen werden, die von enormer Bedeutung sein können.

Im positiven, wie negativen: Mit Wöber bekommt die Borussia einen emotionalen Verteidiger, der auf dem Platz wortwörtlich voran geht.

Eine Analyse von Deniz (@DenizimHalbraum).

Scheut euch bei (Nach-)Fragen nicht, mich über Twitter zu kontaktieren.

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