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Wie Kölns Pressing überspielt werden kann

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Ostersamstag, 18:30 Uhr. Topspiel in Mönchengladbach. Derbytime! Der FC ist zu Gast.
Vorab: Ja, die Elf vom Chefcoach mit Schiebermütze, spielt sportlich eine gute Saison. Nun wurde die Teilnahme am Europapokal als Ziel ausgerufen. Zurecht! Denn die Gäste haben mit dem Abstieg nichts zu tun und befinden sich mit 43 Punkten auf dem achten Tabellenplatz.
Steffen Baumgart veränderte in Köln vor allem das Spiel gegen den Ball. In sämtlichen Pressing- und Intensitätsdaten führt der FC die Tabellenspitze der Bundesliga an.

Für Adi Hütter und Gladbach wird es wichtig sein, das Pressing und Anlaufen zu überspielen, wenn man das Derby gewinnen möchte.
Wichtig wird selbstverständlich auch die Zweikampfführung sein. Lange Bälle müssen gespielt werden. Zweite Bälle müssen gewonnen werden. Nur hinten raus spielen, das wird nicht immer gelingen. Sich aber ausschließlich über den Kampf zu definieren, wäre für die Fohlen aber ebenfalls falsch.

Wie kann man das Pressing des FC überspielen? Welche Ideen kann man verfolgen?

Zunächst das Pressing des FC erklärt:

Baumgart ist es wichtig schnellstmöglich anzulaufen und zu pressen. Dabei spielt die Intensität die primäre Rolle. Alles was man macht, macht man mit Intensität.

Im Auswärtsspiel bei Union Berlin wird das Pressingschema deutlich.
Gegen die 3er-Kette der Unioner entgegnete Baumgart wie üblich mit einem 4-2-3-1. Dabei liefen die Flügel Kainz und Ljubicic die seitlichen Verteidiger Jaeckel und Baumgartl an. Modeste orientierte sich an Knoche.
Hinter der ersten Anlauflinie entsteht im Mittelfeldzentrum ein 1-2 Block, mit einem 10er (Uth), sowie zwei 6er (Özcan & Skhiri).
Uth stellte dabei den Khedira (gegn. 6er) zu und jeweils der ballnahe 6er des FC (i. d. F. Özcan) schob hoch zum 8ter (Haraguchi).
Generell schiebt der die Elf von Baumgart ballnah sehr weit ein.

Wichtig hierbei ist, dass der FC immer eine Absicherung im zentralen Bereich vor der Abwehrkette aufstellt. Egal, ob sich dort ein Gegenspieler befindet, oder eben nicht. Diese Absicherung soll dazu beitragen, dass a) die Anbindung auf zweite Bälle gegeben ist, und b) Einzelspieler der Kette in zentralen Bereichen nicht rausrücken müssen, da sie selbst gebunden werden, aber auch um den gegnerischen Angriff in der Tiefe abzusichern (IV lassen sich fallen, Skhiri kann Balldruck erzeugen).

Zentrale Bereiche sind im Pressing wichtig.
So schob Hector hoch ins Zentrum, um Haraguchi zuzustellen. Kainz war zwar gegen Jaeckel und Trimmel in Unterzahl, dies ist aber für Baumgart uninteressant, a) weil eine Seitenverlagerung für Baumgartl durch die Anlaufwinkel der Stürmer nicht möglich war, und b) da sich ballnah Gleichzahl und in der wichtigeren Zone (im Zentrum vor der Kette) Überzahl bildete. Özcan diente hier als zentrale Absicherung.

Wie kann man das Pressing denn nun überspielen?

Besonders TSG Hoffenheim zeigte im Hin- und Rückspiel, wie das funktionieren kann.
Das Rückspiel ist hier transparenter, da der FC im Hinspiel noch in einer Raute anlief, während man seit Mitte der Hinrunde des Öfteren im 4-2-3-1 aufläuft.

Die TSG überlud im Rückspiel besonders das Zentrum. Mit Samassekou, Grillitsch, Baumgartner und Stiller positionierte man dort gleich vier Spieler.
Der FC schaffte zwar mit drei zentralen Spielern ballnah für Gleichzahl zu sorgen, bekam aber Probleme, wenn die TSG die Verlagerung auf den ballfernen 8ter (Stiller) vollzog.
Dazu halfen vor allem Grillitsch und Kaderabek.

Grillitsch agierte aus der zentralen Position der 3er-Kette dynamisch in 6er-Räume, schaffte es so, aus Modestes Deckungsschatten zu kommen und Ljubicic auf sich zu ziehen.
Wichtig hierbei auch Kaderabeks Positionsspiel, der nachdem Zuspiel von Posch zu Grillitsch, in den Halbraum zog, um sich von Kainz zu lösen. Dort konnte Grillitsch den rechten Wingback finden und die erste Pressinglinie überspielen.

Horn agierte passiv, weil er ohne Gegenspieler stand. Das vermeintliche Zustellen von Kainz gab Horn kein Pressingsignal. Als Kaderabek sich doch löste, kam der Linksverteidiger zu spät und weder dieser, noch Özcan konnten die Schnittstelle schließen, die Bebou besetzte.

Als Bebou angespielt wurde, war die Verlagerung auf Stiller eine Frage der Zeit, da sie dort Überzahl schafften. Raum band Schmitz, Kramaric den IV Kilian. Skhiri war sowieso aus dem Spiel, weil er sich Baumgartner widmen musste.

Für Gladbach kann das ein Lösungsweg sein, allerdings bräuchte man dann einen zentralen IV, der in diese Räume stechen kann, oder eine mögliche 4-3-3 Grundordnung.
Für ersteres spricht gegen, dass Elvedi diesem Profil nicht entspricht und der Kader der Fohlen auch ein solches nicht besitzt.

Das 4-3-3 könnte in der Theorie möglich sein, aber ob Kramer dieser 6er wäre, der die Aufgabe vollends ausfüllen kann, sowie Hütter bereit ist, seine gewohnte 3-4-2-1 Formation aufzugeben, sehe ich eher als unrealistisch an.

Weitere Lösungswege für die Fohlen: Ginter, Bensebaini und/ oder Lainer.

Eine relativ simple Lösung:
Die diagonale Eröffnung von (zum Beispiel) Ginter zu Bensebaini.
Der deutsche Nationalspieler ist für seine Fähigkeiten am Ball, sowie seinen diagonalen Bälle bekannt.

Dabei ist es wichtig, dass die letzte Linie besetzt wird.
Lainer sollte diese besetzen und nicht kurz kommen, da Hector mannorientiert zustellen würde und dementsprechend einen kurzen Pressingweg zu Ginter hätte. Plea, Embolo und Hofmann binden jeweils die Gegenspieler der Kette, sodass Bensebaini für eine Verlagerung parat stehen würde.

Pleas Laufweg in die Tiefe kann ein Beispiel sein, welches Bensebaini nutzen könnte.
Allerdings gehört auch zur Wahrheit, dass solche diagonalen Eröffnungen – trotz der Fähigkeiten von Ginter – schwer zu spielen und vor allem lange in der Luft sind. Bedeutet: Die Kette kann rechtzeitig verschieben oder gar ins Kopfballduell gegen Bensebaini gehen.

Die „fußballerisch-einfache“ Lösung:
Auch in diesem Szenario würde Lainer – zusammen mit Hofmann, Embolo und Plea – die letzte Linie füllen:
Kones Positionierung würde Özcan als 6er rausziehen, und somit das Passfenster zu Hofmann öffnen.

Lainers tiefe Laufwege sind gut und intensiv über 90 Minuten, der gegen Hector Chancen hätte, diese auch qualitativ anzubringen. Timing, Passschärfe, Ablaufmuster sind dabei – wie in jedem Angriff – wichtig.
Spielt Ginter den Flachpass zum kurzkommenden Hofmann, müsste Lainer den Tiefenlauf bereits beginnen, sodass Hofmann diesen z. B. per Chipball hinter die letzte Kette einsetzen kann.

Dazu gäbe es mehrere logische Szenarien:
Hofmann kommt kurz, der sich im Rücken eröffnende Raum von Hübers, beläuft Embolo, den Ginter einsetzt.
Wichtig bei langen Bällen sind, dass besonders die 6er Neuhaus und Kone, die bewusst erst kurz kommen, schnell und dynamisch nachschieben, um für Anbindung in letzter Angriffslinie zu erzeugen, die eventuell für mögliche diagonale Tiefenbälle für Bensebaini/Lainer da sein könnten.

Wingbacks Lainer/Bensebaini im Halbraum

Die einfachste Lösung, wenn beispielsweise Lainer im Halbraum steht, und mannorientiert von Hector zugestellt wird: Longline Ball zu Hofmann.
Durch das ins Halbfeld einrückende Positionsspiel von Lainer, öffnet sich der vertikale Ball in die Tiefe für Jonas Hofmann.

Die Begrenzungen nach Erhalt dessen Zuspiels sind groß. Welche Aktion kann danach entstehen? Welche Läufe können dann bespielt werden? Muss ein Rückpass folgen (= Dynamik wird rausgenommen).

Eine Torchance würde daraus vermutlich nicht entstehen, jedoch ist das Brechen des gegnerischen Pressings und somit das Zwingen, den Gegner in die defensive Formation zu drücken, ein lohnenswertes Ziel.

Auf der linken Angriffsseite der Fohlen würde sich das Verhalten von Bensebaini im Halbraum durchaus mehr lohnen, weil a) dieser der spielstärkere Verteidiger am Ball und im Positionsspiel ist und b) sich dort mit Plea ein weiterer technisch starker Spieler befindet, der Hofmann mit Tiefenbälle versorgen könnte.

Nominell würde sich eine solche Darstellung beobachten, wenn Gladbach in ihrem 3-4-2-1 aufbauen würde, in der Bensebaini die Schienenrolle und Plea das linke Halbfeld übernimmt.
Dazu würden die üblichen Mannorientierungen von Schmitz und Kilian folgen. (Ähnliches Schema wie Mainz und Fürth , die so gegen die Fohlen spielten).

Entsteht eine Positionsrochade im Spiel, so kann es bei einer Spielerübergabe des Gegners zu Schwierigkeiten kommen. Dazu folgt das Einrücken in die Halbspur von Bensebaini. Kilian würde ohne Gegner in der Kette stehen, da Plea den linken Flügel gibt. Bensebaini stärkt das Zentrum von Neuhaus und Kone und wäre somit nach Zuspiel von Plea im Halbfeld frei.
Kilian würde also reagieren, statt aktiv zu agieren.

Der Tiefenlauf von Embolo würde sich dementsprechend anbieten.
Hübers und Hector müssten nachschieben, sodass am Ende der Kette Lainer am zweiten Pfosten ein potenzieller Empfänger eines Chipballs/ einer Flanke ist.

Reagiert beispielsweise Özcan darauf, verlässt dabei untypisch seine zentrale Position vor der Kette und stellt Bensebaini zu, kann sich der Zwischenraum öffnen.

Tiefenläufe sind dafür von immenser Bedeutung, um Gegenspieler mitzuziehen. Hofmann kann in diesen Raum stechen, aber auch Plea, der den diagonalen Laufweg in die gelbmarkierte Zone gehen könnte.

Selbes Muster auf der rechten Angriffsseite, mit einem möglichen Szenario nachdem die Fohlen die erste Linie überspielten:

Während in der vorherigen Abbildung Lainer breit zieht, nun eine Konstellation mit Bensebaini, der eng und aktiv in die letzte Linie schiebt.
Lainer im Halbraum, müsste von Skhiri übernommen werden. Sein Partner Özcan stellt also Kone zu.

Neben üblichen Lösungen (Pass zu Hofmann, der ließe klatschen usw.), nun eine erneute diagonale Lösung:
Plea und Bensebaini positionieren sich in die letzte Linie, binden jeweils einen direkten Gegenspieler. Pleas Tiefenlaufweg würde Kilian mitziehen und somit den Freiraum für Bensebaini schaffen, der im Zentrum einen möglichen Chipball von Ginter verarbeiten könnte.

Ebenso in allen anderen Szenarien möglich:
Embolo läuft in die Tiefe, schafft für Plea den Raum. Hofmann zieht in die Tiefe, Embolo erhält Spielraum.
Die Konstellation für Bensebaini würde allerdings den größten Freiraum im Zentrum schaffen, in der möglicherweise der zweite und dritte Kontakt erlaubt wäre.

Schlussfazit:
Köln wird intensiv spielen, pressen und anlaufen. Auch, wenn es wie im vergangenen Heimspiel gegen Mainz nach 60 Minuten mit 0:2 Rückstand nicht gut aussah, bewies der FC Moral.
Damit muss BMG umgehen können. Leidensfähigkeit wird ein Thema sein. Zweikampfhärte ebenso.
Wie eingangs beschrieben: Nicht immer, und nicht jeder Ball, kann hinten raus gespielt werden. Nicht nur gegen den FC, gegen beinahe jede andere Mannschaft ist das im heutigen Pressing- und Umschaltfußball dieser Liga, kaum noch möglich.
Die Fohlen müssen dennoch Lösungen im Ballbesitz parat haben. Denn, wenn der FC unter Baumgart eines nicht mag, dann dem Ball in der eigenen Hälfte hinterherzulaufen.
Wichtig wird das auch sein, um Ruhephasen zu bekommen. Zweite Halbzeiten wie gegen Mainz, oder beginnend in Fürth, in der der Zugriff fehlte, würde zusätzlich Körner kosten, die so schon sehr dringend benötigt werden.

Die Fohlen müssen sich jedoch nicht verstecken. Dieser Kader hat die spielerische Klasse, um dem FC weh zu tun. Das weiß auch Baumgart. Daher auch der schnelle Nachschub auf der PK, nachdem dieser folgende Europapokal Träume eröffnete, dann aber darum bat „nicht zu heulen, wenns im Derby nicht klappt.“

Wird Zeit, endlich wieder ein Derby zu gewinnen!

Gewinnt das Derby. Punkt. Egal wie!

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