Der VfB gewinnt ein wichtiges Heimspiel gegen ersatzgeschwächte Gladbacher. Während die Elf von Daniel Farke wieder keinen Auswärtssieg einfahren konnte, bleiben die Schwaben im fünften Pflichtspiel unter Sebastian Hoeneß ungeschlagen.
Eine Analyse von Deniz.
Für den ausgefallenen Innenverteidiger Ito kam Zagadou ins Spiel. Überraschenderweise – und anders als erwartet – agierte dieser im zentralen Part der 3er-Kette, während Anton die halblinke Spur besetzte.
Nach dem Spiel in Augsburg stellte Trainer Hoeneß fest, dass zu wenig Tiefe generiert wurde. Ein Anzeichen dafür, dass Silas mit seiner Endgeschwindigkeit und seinem Naturell, ständig tiefe Räume zu attackieren, den Vortritt gegenüber Führich erhält.
Daniel Farke hingegen musste gleich drei etablierte Stammspieler ersetzen: Bensebaini, Kone und Thuram. Im 4-2-3-1 bildeten Neuhaus und Weigl die Doppel-Sechs, während Ngoumou den verletzten Stürmer auf der rechten Außenbahn ersetzte (Plea rückte vor, und Hofmann ins Zentrum ein). Netz ersetzte den im Sommer ablösefreien Bensebaini und interpretierte seine Rolle als Linksverteidiger eher als linker Flügelspieler in einem 4-1-2-3.
VfB im Ballbesitz: Millot als freier Fuß
Sebastian Hoeneß ließ seine Elf in einer 3-1-2 Staffelung eröffnen, in dieser Karazor auf der zentralen Sechserposition agierte und Endo, sowie Mallot die beiden Achter-Rollen ausführten.
Gladbach verteidigte in ihrem 4-4-2 mit ihren beiden Sechsern, Florian Neuhaus und Julian Weigl, mannorientiert. Besonders Neuhaus hatte die Aufgabe, den zentralen Sechser Karazor zu übernehmen.
Im Zentrum bedeute dies für den VfB: diagonaler Passweg in den Halbraum. Karazor fand häufig in seiner Orientierung gute Positionierungen, die Millots freien Fuß öffneten.
Auch das Auffächern der 3er-Kette funktionierte gut: So zog Mavropanos in seiner flachen Positionierungen Stindl raus, sodass dieser den Deckungsschatten nicht mehr nutzen konnte, um Millot zu schließen.
Durch diese Gegnerbindung des VfBs, konnten diese – dank der Überzahl in erster Linie (3 vs. 2) – Verlagerungsoptionen über die Halbverteidiger Anton oder Mavropanos nutzen und in zweiter Linie Überzahl durch Dreiecksbildungen schaffen. Millot konnte sich hinter Neuhaus frei bewegen, auch deshalb, weil Elvedi weite Wege zum durchsichern gehabt hätte, und dementsprechend in der Kette blieb.
Kippte Millot vollständig ab und auf die Flügel, eröffnete sich von der Außenbahn das diagonale Passfenster, in das sich Guirassy rein bewegte. Gladbachs Abwehrkette musste, aufgrund der eben erwähnten hohen Gegnerbindung der Sechser, extrem auf Ballseite schieben.
Die Elf von Daniel Farke öffnete somit große Räume in ballfernen Zonen, die der VfB jedoch selten belief.
Neuhaus und Weigl wurden im Verlauf der ersten Halbzeit immer früher und in den Abständen so breit auseinandergezogen, dass sich die diagonale Passspur bereits im Halbraum öffnete. Für die Abwehrkette der Fohlen ein größeres Problem, denn: Elvedi musste raus rücken, und damit Tiefe im Rücken frei geben, die der VfB durch ihre gegensätzlichen Bewegungen attackieren konnte.
Stuttgarts Probleme im Spielübergang: (Fehlendes) ballfernes Einschieben
Der VfB hätte in den ersten 25-30 Minuten mehr aus ihrem gut strukturierten Ballbesitzspiel machen können.
Im Spielübergang schaffte man es selten in die ballferne Verlagerung zu kommen. Das lag a) an dem Anschlussverhalten der Sechser, die kaum in die Räume hinter Neuhaus und Weigl rein gelaufen sind und b) an Silas, der ballfern selten einrückte, um für Verbindung zu sorgen oder eine zweite Tiefenmöglichkeit, neben Guirassy, anzubieten.
VfB gegen den Ball: 5-2-1-2 und 5-3-2
Im Anlaufverhalten stellte Hoeneß eine 5-2-1-2 Struktur her, in dieser sie Gladbachs Innenverteidiger anliefen, und zugleich einen Sechser mannorientiert zustellen wollten.
Auf der rechten Verteidigungsseite lief Flügelverteidiger Vagnoman den Linksverteidiger Netz an.
Auf der Gegenseite war es Endo, der auf Lainer sprang. Trainer Hoeneß wollte das Tempo von Ngoumou durch eine Dopplung kontrollieren, die personell durch Sosa und Anton besetzt wurden.
Sonst agierte der VfB im kompakten 5-3-2 und verschob diszipliniert. Dabei war stets das Kredo: Zentrum schließen und Gladbach die Halbräume nehmen, die sie gerne haben.
Um diesem Nachdruck zu verleihen, schossen die Halbverteidiger aus der Kette jeweils raus, um den jeweiligen Achter des VfLs zu schließen.
So konnten die Fohlen zwar ab der 25. Minute mehr Ballbesitz generieren, aber kaum in den Block des VfBs rein spielen.
Die zweite Halbzeit: Farkes Anpassungen; VfBs Präsenz in letzter Verteidigungslinie
Gladbach passte seine Formation gegen den Ball an und stieg im ersten Pressingblock in 1vs1-Zuteilungen ein. So entstand ein leicht asymmetrisches 5-2-3, was den VfB in ihrer Grundordnung spiegeln sollte. Im Zentrum doppelten Elvedi und Itakura VfBs Stürmer Guirassy, was auf dem ballfernen Flügel Unterzahl für Linksverteidiger Netz bedeutete.
Die Schwaben hatten mit der Anpassung zu kämpfen und damit, andere Lösungen, als in der ersten Halbzeit, zu finden. Während man in der ersten Hälfte gegen das 4-4-2 der Fohlen Verlagerungsoptionen in der ersten Linie hatte, musste die Elf von Sebastian Hoeneß nun früher mit längeren (Chip-) Bällen agieren.
So fiel situativ Millot aus der letzten Linie auf die Flügel, während Vagnoman hoch Linksverteidiger Netz band. Bredlow und Co. hatten jedoch Schwierigkeiten mit der individuellen Entscheidungsfindung – und schlugen wieder früh lang.
Zudem sicherte Elvedi gegen Millot meist durch und Gladbach ging überall in 1vs1-Zuteilungen über.
Auch im Ballbesitz änderte Farke seine Struktur: Aus dem 4-1-2-3 wurde ein 3-1-3-3:
Netz und Ngoumou schoben in der Breite in die letzte Linie, Plea band im Zentrum Verteidiger. Neuhaus und Hofmann agierten in den Halbräumen, dazwischen Zehner Lars Stindl.
Der VfB reagierte erst gar nicht darauf, später dann mit einem konstanten 5-3-2 Mittelfeldpressing. Silas, Guirassy und Millot waren, gewohnt aus der ersten Halbzeit, rausgerückt. Silas war es, der Lainer in dessen tieferen Position nicht übernahm, sondern weiterhin Itakura anlief. Im kompakten 5-3-2 verschob der VfB nur noch. Man verlor an Kontrolle und wurde dabei zu passiv, aber an Präsenz in letzter Linie mangelte es den Gastgebern nie.
Fazit: VfB erst stark, dann passiv – während Gladbach nie Torgefahr entwickeln konnte
Der VfB startete mit einer guten ersten halben Stunde, muss sich dabei gefallen lassen, dass man bereits in den letzten 15 Minuten der ersten Halbzeit erste Anzeichen der Passivität andeuten ließ.
Die Anpassungen in der Pause von Daniel Farke verschärfte die Stuttgarter-Passivität. Doch ernsthafte Sorgen mussten sich die Schwaben um ein Gegentor nie machen.
Auch, weil Gladbach erneut zu wenig Torgefahr kreierte. Die Fohlen entwickelten in der zweiten Halbzeit, wenn man den Elfmeter von 0.76 xG raus nimmt, nur einen 0.22 xG-Wert. Zu wenig für eine Mannschaft, die einen höheren Anspruch an sich selbst hat – besonders im Ballbesitzspiel. Die Problematik ist nicht neu, denn: Bereits im Heimspiel gegen Union Berlin konnte die Elf von Daniel Farke zu wenig Torgefahr entwickeln und blieb wie gegen den VfB aus dem Spiel heraus torlos.