StartAnalysenUnentschieden in Mainz - Warum Borussia zwei komplett verschiedene Hälften zeigte!

Unentschieden in Mainz – Warum Borussia zwei komplett verschiedene Hälften zeigte!

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Die Grundausrichtung

Gegen das „neue“ Mainz 05 unter Trainer Bo Henriksen versuchte das Team von Trainer Gerardo Seoane es im ersten Durchgang im 4-3-3. Die Mainzer laufen seit dem Trainerwechsel mutig aus ihrem 5-3-2 hoch an und wollen den Gegner früh im mannorientierten Pressing stören. Dies gelang bereits in der Vorwoche beim Gastspiel beim ungeschlagenen Tabellenführer Leverkusen in Bravur. @marc (@ZonalMarc) erklärt, warum die Fohlen in der ersten Hälfte so große Schwierigkeiten hatten und was sie in der zweiten Hälfte angepasst haben.

Keine Dynamik im Positionsspiel

Das obere Bild fasst die größten Probleme der Gladbacher im Spielaufbau zusammen. Moritz Nicolas im Ballbesitz, wartet darauf, dass sich eine Option ergibt. Die Borussen stehen jedoch in einer relativ flachen Viererkette mit Weigl in der Anbindung, welcher jedoch von Burkardt in direkter Manndeckung steht. Neuhaus und Koné stehen hierbei ebenfalls im Umkreis von 5 Metern jeweils zu Weigl und zeitgleich im Deckungsschatten der Mainzer Stürmer Gruda und Lee. Das größte Problem hieran ist, dass sie STEHEN und keine Dynamik haben, um auch die gegnerischen Sechser Barreiro und Amiri und Bewegung zu bekommen. Des Weiteren stehen sie geschlossen, also mit dem Blick Richtung des eigenen Tores und dem Rücken zum gegnerischen Tor. Eine sinnvollere Positionierung wäre hier eine gegenläufige Bewegung mit einer offenen, seitlichen Positionierung, um im Anschluss mehrere Optionen zu haben und dennoch das Mainzer Mittelfeld mehr in Bewegung zu bekommen.

Sofern die Borussia nicht über den langen Ball auf Jordan, Ngoumou oder Honorat eröffnete, sondern den Weg über den flachen Außenverteidiger suchte, kam es zu einer Reihe von unkoordinierten Abläufen, wie unter zu sehen ist. Mainz presste gewohnt hoch über den ballnahen Wingback, während Koné aus dem ballnahen Sechserraum auf die Außenposition zog, die nun durch ihn und Honorat doppelt besetzt war. Honorats Profil gibt ein Abkippen in den Halbraum nur bedingt her, was allen bei Borussia inzwischen hinlänglich bekannt sein sollte. Neuhaus hat grundsätzlich die richtige Idee, indem er sich in den nun frei werdenden Raum langsam orientiert, ist allerdings zu spät, um einen offenen Passwinkel zu schaffen, welchen Burkardt nicht attackieren könnte.

Fehlende Aktivität im Ballbesitz führt zu..

..fehlender Aktivität gegen den Ball. Das obere Bild zeigt eins der elementaren Probleme der ersten Halbzeit der Borussia in Mainz. Die Gastgeber können über den aufgerückten Halbverteidiger Kohr in der Situation nachschieben und tief spielen, während die Fohlen 2vs4 stehen und dazu auch noch vom Tor weg verteidigen. Wöber will dann rausverteidigen auf Widmer, da Neuhaus Deckungsschatten Barreiro aus dem Spiel nimmt. Itakura entscheidet sich für das Aufnehmen von Gruda in Wöbers Rücken, wodurch Burkardt im Zentrum blank steht und Weigl die Situation komplett falsch einschätzt. Einzige Alternativlösung wäre das Einrücken von Elvedi gewesen, um Itakura abzusichern, wodurch Lainer dann hätte durchsichern können. Stattdessen wird Borussia mit einem Pass auf Burkardt überspielt.

Kettenverhalten bleibt Thema

Die Fohlen hatten nicht nur im Ab- und Durchsichern ihre Probleme, sondern auch darin, die Breite durch die Mainzer Wingbacks zu verteidigen. Da Burkardt ohne Bedrängnis durch das Mittelfeld spazieren darf, Itakura nur sperrlich rausverteidigt und Weigl ihn tief absichert, kann der Mainzer Offensivakteur unbedrängt die Verlagerung auf Mwene spielen. Dieser hat nur so viel Platz, weil Honorat die Rückwärtsbewegung zu spät aufnimmt und Lainer nun durchsichert anstatt die Breite zu verteidigen. Ein Zusammenschluss aus vielen individualtaktischen Fehlern brach den Fohlen immer wieder das Genick. So auch beim zwischenzeitlichen 1:0 der Mainzer durch Burkardt, welches sich in 3 Akte mit dazugehören Fehlerquellen runterbrechen lässt.

Akt 1: Das Anspiel auf Lee

Ein Paradebeispiel für die eben bereits erwähnte fehlende Aktivität gegen den Ball. Honorat läuft van den Bergh zwar im Winkel auf Mwene an, dies jedoch zu spät, sodass der Mainzer Halbverteidiger den vertikalen Ball auf Lee spielen darf. Dass dieser so frei und nahezu ungestört den Ball annehmen darf, geht dann auf die Kappe von Julian Weigl. So oft wir den Gladbacher Kapitän in dieser Saison bereits für seine Arbeit gegen den Ball gelobt haben, so sehr muss man ihn in der ersten Hälfte des Gastspiels in Mainz in die Verantwortung nehmen. Die 5 Meter Abstand auf Lee sind das eine Thema, das andere ist das dann Folgende..

Akt 2: Lee vs Weigl

Julian Weigl ließ Lee zunächst viel Platz, stürmte dann jedoch viel zu schnell in den Zweikampf und war mit einer einfachen Finte von Lee aus dem Spiel. Der Mainzer Offensivakteur hatte es hierbei nicht einmal wirklich schwer, musste er doch nur gegnerentfernt drehen und den Ball tief spielen. Elvedi steht im Übrigen deutlich zu breit. Das Verhalten danach jedoch in der bereits thematisierten Gladbacher Viererreihe dahinter öffnete Tür und Tor für die Mainzer Führung..

Akt 3: Gladbachs Viererkette schaut zu

Bessere Plätze für den sehenswerten Führungstreffer durch Burkardt hätten sich Itakura und Wöber nicht wünschen können, wenngleich sie es eigentlich hätten verteidigen müssen. Im vorherigen Bild war bereits der clevere Laufweg von Gruda zwischen den bereits erwähnten Elvedi und Itakura ist ein überrgender. Er zeigt genau auf, warum es so schwer sein kann, diese Laufwege zu verteidigen. Er läuft im Rücken Elvedis und durch das Blickfeld von Itakura, wodurch dieser ihn aufnimmt, während Maxi Wöber in seinem Rücken denkt, dass Itakura den einlaufenden Burkardt schon übernehmen wird. Letzteres ist durch Grudas Laufweg nicht der Fall und Wöber bleibt durch seine „Schläfrigkeit“ nur noch die Zuschauerrolle. Unabhängig von grundlegenden Struktur- und Taktikfragen, haben die Fohlen in der ersten Halbzeit besondern gegen den Ball zu häufig individualtaktische und vor allem gruppentaktische Fehler gemacht, was final dann die Frage aufwirft, ob Abläufe in der Viererkette gegen den Ball bekannt waren.

Die Umstellung auf 5-3-2 zur Pause

In der Halbzeit wechselten die Fohlen mit Netz für Lainer die Grundformation und agierten fortan im 5-3-2, was es ihnen ermöglichte, die 3 Offensivspieler der Mainzer mit ihren 3 Innenverteidiger und Weigl im Verbund immer in Überzahl zu verteidigen, während Netz und sein Pendant Honorat auf die Wingbacks der Gastgeber hochschieben konnten. Die Abläufe der Fünferkette gegen den Ball sitzen bei den Fohlen einfach deutlich besser als in der Viererkette und das zeigte sich fortan immer wieder. Mainz kam kaum noch zwischen den Linien geschweige denn in letzter Linie in die freien Situationen.

Auch mit Ball kreativ

Man muss dem Team von Trainer Gerardo Seoane attestieren, dass der Matchplan der zweiten Hälfte mit seinen Änderungen zeitweise sehr gut fruchtete und für Gefahr sorgte. Die Fohlen agierten dabei immer wieder unterschiedlich, mal im 4-3-3 mit Honorat in der hohen Position und mal, wie unten skizziert, in einem 4-2-2-2 mit Honorat in der flachen Rechtsverteidigerrolle, während ein Innenverteidiger der Fohlen auf die 6 neben Julian Weigl rückte, um die Mannorientierung der Mainzer im Zentrum auszuhebeln. Somit fanden die Fohlen häufiger einen freien Fuß im Zentrum, konnten dort drehen und mit Tempo die Mainzer Hintermannschaft attackieren. Das Tor aus einem Umschaltmoment half dem Team natürlich auch in der Herangehensweise, da die abstiegsbedrohten Gastgeber sich fortan zurückzogen und spätestens nach dem Platzverweis für Dominik Kohr den Punkt retten wollten und ihre hohe Mannorientierung über den Haufen warfen.

Fazit: Schadensbegrenzung vor dem wichtigen Derby

Nachdem man zur Halbzeit nur mit 1:0 hinten lag (der Spielverlauf hätte durchaus ein 2 oder 3:0 hergegeben), war im zweiten Durchgang für die Fohlenelf sogar mehr als nur ein Punkt drin. Fakt ist aber auch, dass man es sich nicht immer erlauben kann, eine schlechte erste Hälfte in der zweiten auszubügeln und sich vor allem nicht darauf verlassen darf. Ziel muss es sein, das Spiel über 90 Minuten konstant gut zu gestalten und aktuell hat man zu häufig lange Phasen im Spiel, in denen man gar keine oder nur sehr wenig Gefahr entfachen kann. Da muss in den kommenden Wochen noch mehr Konstanz über die gesamte Spieldauer kommen, damit man auch überzeugende Leistungen bringen kann, die zwangsläufig zu Punkten führen. Am besten fangen die Borussen damit am kommenden Wochenende im Derby gegen den 1.FC Köln bereits an, ehe es dann am Dienstag im Pokal nach Saarbrücken geht. Eine sehr entscheidende Woche für die Borussia steht also an, hoffen wir, dass es in den Spielen nun wenn überhaupt kürzere Durchhängerphasen gibt.

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