In den ersten 15 Minuten neutralisierte sich das Topspiel in München. Beide Teams agierten in Inhalten sauber und waren bedacht das Risiko im Ballbesitz zu minimieren und Fehler zu vermeiden.
Was den FCB in ihrer stärksten Phase zwischen der 15. und 30. Minute ausmachte und was wiederum dazu führte, dass RaBa Leipzig gestärkt aus der Halbzeitpause kam, analysiert für euch Deniz.
Aufstellung
Für die Bayern kam u. a. Leon Goretzka zurück an die Seite von Joshua Kimmich. Thomas Tuchel argumentierte vor dem Spiel damit, dass Leipzig oft diagonal Zuspiele auf ihre ballfernen Zehner spielen würde, und ihm ein Solo-Sechser zu riskant wäre.
In der Innenverteidigung entschied sich Tuchel für Pavard, neben de Ligt. Dadurch rückte wiederum Mazraoui auf die Rechtsverteidiger-Position. Leroy Sane blieb draußen, dafür ging Musiala von der Achter- auf die Zehner-Position, sodass Müller die nominelle Stürmer-Rolle einnahm.
Marco Rose blieb seiner Formation treu. Beim Pay-TV-Sender „Sky“ sagte der Trainer vor dem Spiel, dass es u. a. wichtig sein wird, Joshua Kimmich bestmöglich aus dem Spiel zu nehmen, der als zentrale Verbindungsrolle im Spielübergangsspiel des FC Bayerns angesehen wird.
Anlauf- und Pressingverhalten FCB
Thomas Tuchel ließ seine Elf im 4-2-3-1 Angriffspressing agieren und dabei stellten sie Leipzigs ballnahen Sechser (Laimer) mannorientiert zu; die ballnahen Flügelspieler (Gnabry) schlossen mit ihrem Deckungsschatten den vertikalen Halbraum für den ballführenden IV.
In letzter Linie rückte der ballferne AV (Mazraoui) Bayerns ein; erzeugte 3vs2 Überzahlspiel, sodass der ballnahe AV (Cancelo) auf Leipzigs Zehner vorschieben konnte. Goretzka bzw. Kimmich sicherten diesen und sich gegenseitig ab.
Drückte man in erster Pressinglinie RaBa vollständig aus dem Halbraum auf die Flügel, so verschob der FCB ballfern ein: Müller presste seitlich den ballführenden IV, Musiala stellte den ballnahen und Coman den ballfernen Sechser zu.
Gnabry schloss Halbraum und Szoboszlai im Rücken, der zusätzlich von Goretzka mannorientiert begleitet wurde.
Bei dem provozierten Ball auf die Flügel, presste Bayern in 3vs2 Überzahl. Innenverteidiger de Ligt übernahm Leipzigs Stürmer Silva, sodass Cancelo mit Goretzka rausschieben konnte, um Gnabry gegen Simakan zu unterstützen und Szoboszlai zu doppeln.
FCB im Ballbesitz
Spieleröffnung
In der Spieleröffnung in Linie Eins agierten die Bayern im asymmetrischen 4-2 Aufbau: Ballfern schoben Goretzka und Cancelo hoch. Mazraoui fiel in die in erste Linie.
Im Mittelfeldzentrum bildete Bayern eine Box mit Müller und Musiala, die von beiden Flügelspielern Gnabry und Coman in der gleichen Linie unterstützt werden.
RBL war bedacht im 4-2-3-1, ähnlich wie die Bayern, den ballnahen Sechser zu schließen, den Halbraum durch Dopplungen zu kontrollieren und Verlagerungen zu verhindern.
Spielübergang
Im Spielübergang war es ein statisches 3-2-5; Mazraoui RIV, Cancelo als LF, Gnabry und Musiala als Zehner, Coman RF.
Dabei hatten die Bayern in den ersten 15 Minuten das Problem in Ballnähe in letzter Linie in Unterzahl agieren zu müssen.
Silva als Manndecker auf der Zehn, stellte konsequent Kimmich mannorientiert zu, sodass Sechser Haidara auf seiner Positionshöhe bleiben und Müller zustellen konnte; Gvardiol ist gegen den Ball der Überzahlspieler auf Ballseite.
Des Weiteren schaffte es RaBa Leipzig Kimmich in seiner Rolle als Verbindungselement zwischen erster und dritter Linie raus zu nehmen. Olmo lief im äußeren Bogen Mazraoui an, um ins verdichtete Zentrum zu lenken. Das Pressing-Dreieck, welches die Gäste kreierten, nahmen effektiv fünf Gegner raus, was für den FCB bedeutete neu über Sommer eröffnen zu müssen.
Bayerns starke Phase – begünstigt durch RaBa Leipzig
Die Gäste verloren nach der Anfangsviertelstunde ihre Pressinghöhe und weichten in ihr 4-4-2 Mittelfeldpressing zurück, die dem FCB das Spiel im Mittelfeld vereinfachten, auch weil RaBa Leipzig individualtaktische Fehlentscheidungen traf.
Andre Silva ließ sich situativ fallen und stellte den ballfernen Sechser, Goretzka, zu. So musste Haidara aus seiner nominellen Dopplung gegen Müller vorschieben auf Kimmich, was wiederum Gvardiol dazu zwang tiefe Halbräume im Rücken freizugeben.
Die zweite Halbzeit
Marco Rose und seine Anpassungen
Gegen den Ball
Leipzig veränderte in ihrer Pressingstruktur ein paar Dinge.
In letzter Verteidigungslinie sollten die Außenverteidiger, die zunächst von Coman/Gnabry breit gebunden wurden, sich von den Mannorientierungen lösen, und auf Bayerns Zehner vorschieben.
Dafür schob die restliche Abwehrkette durch und der ballnahe IV agierte im Raum in Gegnernähe zu den Flügelspieler der Bayern.
Auch die Pressinghöhe der beiden Zehner, Olmo und Szoboszlai, veränderte sich. Diese pressten die Halbverteidiger im 3-2 Aufbau des FCB (Mazraoui und de Ligt). Während Silva, Laimer und Haidara ballnahe Defensivdreiecke herstellen, die Kimmich, Goretzka und jeweils den ballnahen Bayern-Zehner raus nahmen.
Wenn sich der ballnahe Zehner auf die Flügel fallen ließ, übernahm RBLs Außenverteidiger diesen mannorientiert, sodass Haidara oder Laimer in die Absicherung dessen über gingen.
Durch die Anpassung, dass Olmo Mazraoui früher und direkter presste, lenkte man den FCB auf die Flügel. Dort hatte RBL ihr Überzahlspiel, wenn Halstenberg vor- und Haidara seitlich rausrückte und in die Dopplung gegen Musiala kam. Gvardiol stand dann im 1vs1 gegen Coman.
Mit dem Ball
Im Positionsspiel stellten die Gäste eine 3-1 Struktur im ersten Block auf, die von zwei Halbraum-Zehnern, zwei Flügelspielern, sowie zwei Stürmern unterstützt wurden.
Dabei agierten die Flügelspieler (Halstenberg und Henrichs) in einer Positionshöhe zwischen Bayerns Flügel- und Außenverteidigern, sodass diese keinen direkten Zugriff hatten. Leipzig positionierte ihre beiden Stürmer in der Schnittstelle zwischen de Ligt/Canelo und Pavard/Mazraoui, sodass beide jeweils den AV binden konnten.
Fazit: Tuchels fehlende Erklärung für den Einbruch im Spiel – Rose zeigt, auf welchem Niveau er sich befindet
Die Bayern also nun in Katerstimmung. Der BVB hat zwei Spieltage vor Schluss die Meisterschaft in der eigenen Hand.
Thomas Tuchel hingegen hadert mal wieder mit dem Leistungseinbruch, für die er keine Erklärungen hat. Im Interview bei „Sky“ kann sich der Coach nicht erklären, wieso die zweite Halbzeit so lief, wie sie lief. Bereits die erste halbe Stunde empfand er lediglich als „okay“ von seiner Mannschaft.
Diesem stimme ich zu. Die ersten 15 Minuten waren geprägt vom Abtasten beider Teams.
Dass Bayern in den 10-15 Minuten danach zum Zuge kam, lag vor allem an den individual- taktischen (falschen) Entscheidungen der Spieler von Marco Rose, und an der aufgeblitzten Genialität von Cancelo, der das Tor in der Entstehung einleiten konnte.
Marco Rose hingegen konnte erneut aufzeigen, auf welchem Niveau er sich mit seiner Mannschaft bewegen kann. Strukturelle Anpassungen in der zweiten Halbzeit mit und gegen den Ball, sowie die Art und Weise, wie seine Mannschaft aus der Kabine kam, zeigen auf, dass der gebürtige Leipziger mit Thomas Tuchel der beste Trainer der Bundesliga ist.