StartAnalysenPep in Istanbul - Gewinnt der Katalane endlich die Champions League?

Pep in Istanbul – Gewinnt der Katalane endlich die Champions League?

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Pep Guardiola und Manchester City konnten sich im Rückspiel des Champions League Halbfinals gegen die Königlichen aus Madrid mit einem 4:0 Heimsieg durchsetzen und das Ticket für Istanbul einlösen.
Die Citizens waren besonders in der ersten Halbzeit in einer unglaublichen Verfassung. Das aufdrückende Positions- und Ballbesitzspiel, gepaart mit einer Energie und Intensität in der Arbeit gegen den Ball nahmen Ancelotti und Real Madrid jegliche Luft.

Deniz analysiert für euch, was City mit dem und gegen den Ball so stark machte und wieso Real keine Lösungen mehr finden konnte.

Aufstellung

Pep Guardiola nahm keine Änderungen in der Startelf zum Hinspiel vor und ließ erneut in einer 3-2-5 Struktur mit Ball spielen. Besonders Walker sollte auch im Rückspiel Vinicius Jr. und dessen Tempo kontrollieren. Gündogan und de Bruyne hatten in Manchester höhere Positionierungen, die sich zwischen den Linien befand.

Ancelotti nahm eine Veränderung in der Abwehr vor: Für Rüdiger spielte Militao in der Innenverteidigung, neben Alaba. Inhaltlich nahm der 63-Jährige keine großartigen Veränderungen in der Spielsystematik vor: Im Mittelfeldpressing agierte Madrid im 4-2-3-1, während man im Defensivdrittel gewohnt in 4-5-1 Strukturen verteidigte.

Bildquelle: Eigenfertigung

Reals verzweifeltes Angriffspressing nach 2 Minuten gebrochen

Ancelotti und Real liefen wie im Hinspiel in einer 4-2-3-1 Formation gegen den Ball an. Dabei versuchten die Königlichen mit Anpfiff erste Zeichen in Form des Angriffspressing zu setzen. Die Versuche wurden dabei schnell wieder eingestellt. Pep und City waren in ihrer Spieleröffnung gewohnt stark und hatten dabei einfache Lösungsmöglichkeiten zu finden, da Reals Anlaufen zu viele Fehler beinhaltete. Der Reihe nach.

Im 4-2-3-1 war es Reals Doppel-Sechs, Valverde und Kroos, die Citys Zehner, Gündogan und de Bruyne, mannorientiert zustellten.  

Bildquelle: Wyscout

War Citys Zehner angespielt, so ging Reals ballnaher Sechser raus, während der Ballferne im Zentrum absicherte. Modric war bemüht Citys Sechser zuzustellen, sodass ballnah alle Optionen zugestellt werden sollten.

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Drückte man City so also in ihr Defensivdrittel, so ging Real in ihr Angriffspressing über. Vinicius Jr. versuchte Walker abzuschneiden und dabei Dias zu pressen. Dabei hatte Real jedoch nie ihre Kompaktheit, sodass die Zwischenlinien extrem groß waren. Diese bespielte City über einfache “Spiel über den Dritten”- Muster, um Walker im Halbraum zu finden.

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Im Spielübergang hatte den City schnell Überzahlsituationen aufgebaut, weil Kroos und Camavinga gebunden wurden und Walker mit Ball progressiv agieren konnte.

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Reals Defensivverhalten rund um die Box

Real zog sich dementsprechend schnell in ihr Mittelfdpressing zurück. Gewohnt mannorientiert begleiteten Valverde und Kroos Citys Zehner, bis teils in die letzte Verteidigungslinie. Auch in diesen Zonen war die Kompaktheit kaum gegeben. Real wollte mit aller Macht Gündogan und de Bruyne kontrollieren.

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Im eigenen Defensivdrittel wollte Ancelotti durch die ballnahe Mannorientierung und das Zentrum, durch personelle Überzahl, kontrollieren. 

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Die fehlende Kontrolle in Halbräumen zwang Real zur Passivität – Citys Führungstreffer

Das gelang besonders in den ersten 25 Minuten nahezu gar nicht. Im 4-5-1 war Reals Staffelung sehr tief. Besonders die Halbräume hatte Real selten in Kontrolle. Dies hatte auch mit der starken Orientierung im Zentrum durch die beiden IV, Alaba und Miliato, zu tun.

Durch die Positionierung dieser, mussten Reals Sechser, Modric, Kroos und Valverde, Halbräume schließen und Laufwege von ManCity in vertikaler Spielrichtung aufnehmen, was wiederum Rückräume öffnete.

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So hatten besonders Rodri und Stones viele Möglichkeiten rund um den Strafraum, Aktionen zu kreieren. Gingen Reals Sechser dann wieder vor, öffnete sich in der Schnittstelle das vertikale Passfenster für City, um im Halbraum in die Box zu gelangen.

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So auch beim ersten Treffer der Citizens:

Wenn City über die Flügel in die tiefen Halbräume spielen durfte, mussten Reals Sechser tiefe Laufwege aufnehmen.
Stones Tiefang zog Kroos erst auf sich und dann in die Breite raus, als City neu “aufbauen” möchte.
In der Positionierung der anderen Sechser mussten diese weite Wege vorwärts gehen, um Balldruck erzeugen zu können.
Modric befand sich in Unterzahl, wurde passiv und stellte den Raum zu. In dem Versuch von Kroos, de Bruyne zu doppeln, öffnete sich – wie im vorherigen Beispiel – kurzzeitig das Passfenster vertikal, welches City im Halbraum bespielen konnte. 

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So auch beim zweiten Treffer von Bernardo Silva, der im Rückraum zum Abschluss kam. Vorher sind es Kroos und Valverde, die ihre Kompaktheit nicht halten können und Halbräume öffnen.

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ManCitys Anlaufverhalten

Real spielte in der Anfangsviertelstunde lediglich 13 Pässe; also noch nicht mal einen Pass pro Minute.
Dass dem so war, lag in erster Linie an der beinahe wahnsinnigen Intensität, die City in ihrem Anlaufverhalten, aber auch im Gegenpressing inne hatte. Im Gegenpressing war es vor allem das tiefe Drücken des Gegners, der mit 10 Feldspielern in und vor der Box stand.

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Im Anlaufverhalten zeigte Pep, wie er ballnah Überzahlen schaffte und diese nutzte, um frühe Ballgewinne zu erzielen.

Wichtigste Info: Gegen den Ball bildete City eine 4er-Kette, wenn Madrid auf eine Ballseite gelenkt wurde (Akanji fiel im Beispiel unten), um in letzter Linie mit +1 Überzahl agieren zu können.
Das Mittelfeld-Dreieck von Real wurde von Gündogan, Rodri und de Bruyne mannorientiert zugestellt, während die erste Pressinglinie asymmetrisch agierte. Grealish und Haaland stellten beide IV zu, sodass Silva diagonal abkippte, um Camavinga zuzustellen.
Grealish war es, der Courtois im Bogen anlief, Miliato im Deckungsschatten schloss und Balldruck erzeugen konnte. Durch die agressive Manndeckung Citys, wich Real früh auf die Flügel; dort konnten Walker und Silva vorwärts bzw. rückwärts pressen.

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Die zweite Halbzeit: MCI im Mittelfeldpressing – Real im Relationism

Die Intensität, die MCI in der ersten Halbzeit – besonders in den ersten 25 Minuten – fuhr, konnten und wollten die Gastgeber in der Konsequenz nicht weiter fahren. Aus der Kabine kommend, agierte City in 4-4-2 Strukturen. Auch hier agieren die ersten beiden Pressinglinien asymmetrisch. Ballnah schieben die Spieler hoch; ballfern fallen Spieler, um Raum und Gegner zu sichern.

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Während Ancelottis Elf in der ersten Halbzeit 39% Ballbesitz hatte, konnten diese – auch aufgrund der Spielweise von MCI – ihren Ballbesitzanteil auf 50% hochschrauben.
In ihren klassischen “Relationism” Stil schafft Real ballnahe Verbindungen, und ballferne Gegnerbindungen, um Räume in dynamischen Momenten zu kreieren.
Dabei ließ sich Kroos in Spieleröffnungsphasen in die erste Linie zwischen die IV fallen, um gegen de Bruyne und Haaland Überzahl zu schaffen und Zwischenräume – durch die Nicht-Besetzung des Sechserraums – zu öffnen.

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Zu beobachten war, dass Real Madrid verhältnismäßig viele technische Fehler hatte, die ungewohnt in ihrem Spiel mit dem Ball ist.
Dass die erste Halbzeit möglicherweise den Königlichen zu viele Körner kostete, und man mit Ball technisch, wie mental “aufgebraucht” war, bleibt Spekulation, aber eine realistische Einordnung.

Reals Angriffspressing

Die eben genannte Ballbesitzquote von 50% in der zweiten Halbzeit hing auch mit der konstant höheren Pressinglinie zusammen.
Real presste im 4-2-3-1 ballorientiert und in dieser Strategie in einzelnen Manndeckungen, um Zugriff zu erhalten. City nutzte in ihrer 3-2 Struktur weiterhin ihre Muster, um auf die ballferne Seite zu gelangen.
Kroos sicherte zunächst das Zentrum, während Valverde und Modric in Mannorientierungen übergegangen sind.

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Spielte City ihre Verlagerungen erfolgreich, so fiel Valverde ins Zentrum, und Kroos, sowie Modric verschoben auf Ballseite.

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Fazit: Citys wahnsinnige erste Halbzeit nahm Real alle Möglichkeiten in der zweiten Halbzeit

Die ersten 25 Minuten waren selbst für Peps Ansprüche inhaltlich, sowie emotional eine nahezu perfekte Darbietung.
Inhaltlich nutzte Pep eine Zone, die sich schon im Hinspiel anbot, dieses Mal konsequent.
Während de Bruyne und Gündogan in Madrid häufig seitlich neben Reals Sechser fielen, so waren diese im Rückspiel häufiger in den Zwischenlinien zu finden, sodass eine klare Zuteilung seitens RMA schwieriger ausfiel.
Wenn City ihre Flügelspieler ins Spiel bekam, so war Real in ihrer Kontrolle bereits geschlagen:
Die Sechser mussten zu viele (tiefe) Laufwege verteidigen, gleichzeitig den Rückraum zustellen, den City konstant gut besetzte. Stones und Rodri, sowie jeweils der ballferne Zehner, hatten ein gutes Gefühl für die Positionierung im Raum, waren stets von den Flügeln aus wieder anspielbar.
Dass die ersten beiden Tore in der Entstehung in der selben Zone fallen, zeigt die inhaltliche Stärke von ManCity.

Gegen den Ball war vor allem die Anfangsviertelstunde eine, die wahnsinnig war. Inhaltlich klar und in der Umsetzung mit einer Energie und Intensität den Ball “gejagt”, wie niemand sonst. Dass Real nur noch lang schlug, wenn sie mal den Ball hatten, war ein erstes – von MCI aufgedrücktes – Aufgeben, denn: Rodrygo, Benzema und Vinicus Jr. hatten gegen Citys Viererkette + Rodri keine Chance, weder in der Luft noch im Kampf um den zweiten Ball.

Die zweite Halbzeit lief für MCI nicht immer perfekt, gerade im Ballbesitz war der Drang des offensiven Umschaltens sehr hoch. Die Elf von Ancelotti kam in ihr Spiel mit Ball rein, konnte aber keine wirkliche Torchance mehr kreieren.
Für Pep und ManCity ist dies nun der zweite Finaleinzug, nach der Saison 20/21.
In Istanbul treffen die Citizens auf Inter Mailand und Inzaghis 5-3-2.

Eine Analyse von Deniz (Twitter: @DenizimHalbraum).

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