StartAnalysenGuter Plan A, schlechter Plan B, dennoch 3 Punkte! Analyse des Fohlenpressings

Guter Plan A, schlechter Plan B, dennoch 3 Punkte! Analyse des Fohlenpressings

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Am 17. Spieltag gastierte der VFB Stuttgart im Borussiapark. Auch wenn es das erste Spiel des neuen Jahres war, holte die Borussia gegen Stuttgart im letzten Hinrundenspiel 3 Punkte dank dem frühen Doppelpack von Hack und einem guten Plan in der ersten Halbzeit. Zur Geschichte dieses Spiels gehört jedoch auch, dass die Fohlen in der zweiten Halbzeit keine gute Laune zeigten und vor allem in der Arbeit gegen den Ball zunehmend Probleme bekamen, wie @marc (@ZonalMarc) findet. In der folgenden Analyse kümmert er sich daher ausschließlich um das Spiel gegen den Ball der Fohlen.

Perfekter Matchplan bringt Kontrolle

Die Fohlen begannen, wie oben zu sehen, mit einer Viererkette statt der zuletzt in der Hinrunde häufiger gewählten Fünferkette. Die Stuttgarter starteten erneut im 4-2-3-1, woraus meist jedoch durch das Abkippen von Undav ein 4-2-4 wurde, wie bereits im Aufstellungsschema angedeutet. Die Fohlen entgegneten dem gewohnten Matchplan der Stuttgarter ein 4-3-3 im Ballbesitz, woraus sich jedoch gegen den Ball durch das Abfallen von Honorat und Hack, sowie der tieferen Position von Weigl ein 4-1-4-1 wurde.

Warum aber ausgerechnet ein 4-1-4-1?

Betrachtet man das obere Bild, wird schnell deutlich, was die Fohlen durch ihr 4-1-4-1 erzeugten. Hack und Honorat orientierten sich am jeweiligen Außenverteidiger der Gäste, während besonders Reitz und Koné die Anbindung der Stuttgarter im Zentrum aus dem Spiel nehmen sollten. Den Brighton-typischen Aufbau mit dem 2-2, bestehend aus den Innenverteidigern und den Sechsern, konnten die Fohlen so in zweiter Linie in den Griff bekommen. Jedoch wird auch direkt die Unterzahl von Pléa gegenüber Anton und Zagadou deutlich. Der Effekt dieser Aufteilung wurde dann immer wieder in der letzten Gladbacher Linie deutlich. Im Unten markierten Screenshot sieht man den Hauptaspekt, den die Fohlen erzeugen wollten, eine nummerische +1 Überzahl gegen die zwei zentralen Offensivspieler der Gäste.

Weigl, Friedrich und Elvedi waren immer wieder im +1 gegen Millot und Undav

Warum die Überzahl der Schlüssel war

Schaut man sich das obere Bild an, so möchte man meinen, dass die Fohlen im eigenen (hier markierten) Sechserraum ein Problem hatten. Weigl stand im Spielaufbau der Stuttgarter meist gegen Millot und Undav in einer 1-2 Unterzahl. Die Fohlen nahmen dieses Risiko jedoch bewusst in Kauf, um auf zwei verschiedene Muster der Stuttgarter reagieren zu können. Im oberen Screenshot sieht man bereits eines dieser Muster, den langen Ball auf einen zunächst breit positionierten Flügelspieler, hier Führich. In der Eröffnung von Zagadou suchten sie so den tiefen ball auf eben jenen Führich, der eigentlich im direkten Duell mit Scally scheint. Durch die „abwartendende“, lauernde Positionierung von Friedrich schaffte man es so jedoch schnell durch ihn eine Überzahl gegen Führich herzustellen, während Elvedi das Zentrum schließen konnte, da Stuttgart ballentfernt nicht den kompletten Druck ausüben wollte.

Doch genau diesen tiefen Ball spielten die Schwaben zunehmend seltener, da die Fohlen grade in den ersten Minuten hier viel wegverteidigen konnten im Verbund. Daher suchten die Stuttgarter die Überzahl gegenüber Weigl, doch hierauf waren die Fohlen ebenfalls sehr gut vorbereitet. Anstatt, dass Weigl in der Horizontalen verteidigen muss, wählten die Fohlen die vertikale Pressingvariante über die eigenen Innenverteidiger. Im unteren Screenshot lässt sich dieses mutige Herausverteidigen von Friedrich erkennen. Auch dieses Agieren gegen den Ball ist nur dann erfolgreich, wenn man es im Verbund absichert. Hier ist ebenfalls erkennbar, wie Julian Weigl die Szene erkennt und für Marvin Friedrich in der Tiefe sichert. Ballentfernt ist dadurch nun Millot frei, kann jedoch nicht in Szene gesetzt werden, da Friedrich von innen nach außen presst. Ein marginales Detail, was Stuttgart jedoch die Option der Verlagerung und der Gefahrerzeugung auf der ballentfernten Seite nimmt. Erneut wird die Art und Weise des Verteidigens im Verbund deutlich, ein starker Matchplan.

Stuttgart reagiert mit breiterem Auffächern und die Fohlen sind drauf vorbereitet

In der Nachbetrachtung der ersten Hälfte wurde schnell deutlich, dass die Fohlen sich nicht nur mit den „ersten“ Spielzügen der Stuttgarter beschäftigten in der Vorbereitung auf dieses Spiel, sondern ebenfalls mit den daraus resultierenden Szenarios. So versuchte vor allem Undav immer mehr ins Mittelfeld abzukippen, um die Fohlen zu binden, und im Rücken der Innenverteidiger Lücken zu reißen. Doch genau das konnten die Fohlen dank ihrer Überzahl in letzter Linie erneut lösen. Im unteren Bild aus der 30. Minute ist genau das zu erkennen, als Elvedi Undav bis raus zum Flügel begleitet und ihn aktiv daran hindert, aufzudrehen und mit Tempo auf die Kette zu gehen. Das Muster daraus hätte normalerweise zur Folge, dass die Stuttgarter Vagnoman in der Tiefe am Flügel gegen Netz in Szene setzten wollen würden, da dieser dort in Elvedis Rücken ein 1:1 provozieren könnte. Erneut ist es jedoch Julian Weigl, der dies zu verhindern weiß, indem er sich aus dem Sechserraum in die Kette fallen lässt und Elvedi den Freiraum zum Pressen gibt.

Resultat aus all diesen guten Aktionen war, dass Stuttgart immer wieder mehr Überzahl im Zentrum generieren wollte, um das Spiel über Selbiges foranzutreiben. So fielen Führich oder Vagnoman des Öfteren in den Sechser-/Achterraum ab, um dort einen Spieler mehr als Verbindung zu haben. Die +1 Staffelung erlaubte es den Fohlen jedoch auch hier konsequent mit zu schieben. Scally zeigt dies im unteren Beispiel und erneut sind die Fohlen dank Weigl im +1 (hier sogar situativ +2) abgesichert.

Stuttgart stellt um, die Fohlen reagieren zu passiv

Mit der Hereinnahme von Leweling und Rouault für Mittelstädt und Stenzel zur Halbzeit stellt Sebastian Hoeneß auf ein 3-4-3 um. Er will damit die Stuttgarter in letzter Linie mit einem Spieler mehr gegen die Überzahl der Fohlen aus dem ersten Durchgang agieren lassen. Dieser Plan geht zunächst voll auf. Im oberen Screenshot erkennt man, dass die Fohlen den Stuttgarter Aufbau somit in direkter Mannorientierung anlaufen können. Da sie dies jedoch nicht in der nötigen Konsequenz tun, kann Stuttgart sich immer wieder im Aufbau nahezu ungestört bewegen. Das untere Bild zeigt dann jedoch die Folge der Umstellung sehr deutlich. Weigl ist nun nicht mehr als direkter Überzahlspieler verfügbar, sondern muss gegen den Mann verteidigen.

Der Anschlusstreffer als Folge

Es passiert folglich das, was zu erwarten war, Stuttgart verkürzt durch Vagnoman auf 1:2. Dieses Tor ist nahezu direkt auf die Umstellung aus der Pause zurückzuführen. Weigl muss gegen die Überzahl der Stuttgarter im Zentrum höher stehen, als noch in der ersten Hälfte. Dadurch ergibt sich hinter ihm ein 2vs2 in Undav und Leweling gegen Friedrich und Elvedi. Die Schwaben überspielen den Mittelfeldblock und haben nun ein 2vs2 vor der Gladbacher Box. Das fehlende Attackieren auf ballentfernter Position löst Vagnoman nun besser und kommt gegen Netz zum Abschluss und dem 1:2.

Die Borussia hat Glück mit ihrer Umstellung

In der Folge tut Fohlentrainer Gerardo Seoane das, was er gerne bei eigener Führung und aufkommendem Gegnerdruck tut, er zieht einen zusätzlichen Spieler in die letzte Linie. Man muss an diesem Manöver gegen die Stuttgarter jedoch kritisieren, dass die Fohlen somit zunehmend weniger Druck auf das gute Stuttgarter Positionsspiel bekamen. Dies lag zunehmend daran, dass Undav im Rücken von Koné und Reitz als schwimmender Zehner agieren und sich immer wieder anspielbar zeigen konnte. Ein 4-5-1 wäre vermutlich effektiver als das 5-4-1 gewesen. So stehen die Fohlen am Ende der zweiten Hälfte bei schwachen 22% Ballbesitz, zum Vergleich 35% in der ersten Hälfte (Quelle: WyScout). Dass die Stuttgarter den Druck dennoch nicht unausweichlich für die Fohlen machen, ist somit eher der fehlenden Entschlossenheit als weniger der guten Präsenz der Fohlen zuzuordnen und dennoch gewinnen die Fohlen am Ende dank der guten ersten Hälfte und dem späten Entscheidungstreffer durch Jordan mit 3:1, wodurch das Thema der Umstellung zum Glück weniger relevant wurde, als es hätte werden können.

Fazit: Ein nahezu perfekter Matchplan in der ersten Hälfte reicht aus

Die Vorbereitung auf die Muster des Gegners und die daraus potenziell resultierenden Muster war seitens des Trainer- und Analyseteams der Fohlen überragend. Dennoch sollte man zukünftig überlegen, mit einer Führung im Rücken mutig weiter aktiv gegen den Ball zu verteidigen und sich nicht in der eigenen Box einbunkern zu wollen. Dann wird die Borussia deutlich erfolgreicher nach Führungen agieren, denn wenn es eins gibt, was wir sehr gut beherrschen in dieser Spielzeit, ist es das Erarbeiten von Führungen.

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