StartAnalysenGladbachs Raute & das Ping-Pong-Boomerang in der Analyse

Gladbachs Raute & das Ping-Pong-Boomerang in der Analyse

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Gladbach bewegt sich in der Spieleröffnung im Zentrum zu „freien Füßen“

Grundsätzlich baute die Fohlenelf – wie üblich unter Daniel Farke – in einer Struktur auf, in der Zentrumsüberladungen elementar sind.
Schalke presste in nahezu allen Zonen mannorientiert, sodass teils RV Bruner vom Flügel ins Zentrum auswich, um Gladbachs rotierende Offensivakteure zuzustellen.

Das Mittelfeldtrio der Schalker wurde meist von einem der Verteidiger aus der Kette unterstützt, um Gladbachs Zentrumsüberladungen zu kontrollieren. Jedoch waren die Fohlen im Zentrum meist in 5vs4-Überzahlsituationen und rotierten genüge, um in Geduld den freien Spieler zu finden.

So waren flexibel Spieler zu finden, die das Angriffspressing der Schalker brachen.

Spieleröffnung: Egal ob 3-Raute-3, oder 2-Raute-4 – Hauptsache Raute!

Die Fohlen konnten somit ihre erste Linie in der Spieleröffnung höher schieben.
In einer 3-Raute-3 Struktur gelang es Gladbach regelmäßig die Zwischenräume zu bespielen, da sie sich in 5-vs.-4-Überzahlsituationen befanden. Dazu kippte Kramer seitlich ab, zog Skarke raus und zwang Balanta zur Verschiebebewegung, und bildete eine 3er-Kette; die Raute davor gestaltete sich personell mit Weigl, Kone, Hofmann und Stindl, als Zehner.

Generell waren die Fohlen jedoch flexibel in ihrer Struktur, sodass sich durch das ballferne Einrücken von Kramer eine 2-Raute-4 Struktur ergab, die es Hofmann ermöglichte eine höhere Linie zu bespielen (und Tiefe zu attackieren).

Die Elf von Daniel Farke hatte jedoch das Problem, dass sie sich in den finalen Entscheidungen falsch entschieden haben, oder eher geschrieben: Den Moment nicht erkannten.
Thuram fehlte es am Verbindungs- und Positionsspiel zwischen den Linien, um bspw. Hofmann mit einem Pass in die Tiefe zu schicken (Video #1). Gladbach riss Schnittstellen innerhalb der Schalker Abwehrkette und schaffte situativ sogar Überzahl, jedoch wurden diese Momente nicht erkannt.
Stindl verpasste bspw. die diagonale Tiefe, die Thuram und Hofmann attackierten, zu bespielen. Untypisch für den Capitano, der stets den Blick und die technischen Ausführungen für solche Pässe hat.
So auch in danach folgender Aktion: Die Räume wurden freigezogen, die Spielübergangszone wurde durch personelle Überzahlsituationen bespielt; der finale Pass, die finale Entscheidung, daran hatten die Fohlen knabbern.

Besonders Thuram hat im Positionsspiel Schwächen aufgezeigt. Das Problem, welches Thuram auf dieser Position mit bringt, ist kein neues. Der Stürmer ist nicht für sein exzellentes Verbindungsspiel bekannt.
Gladbach hatte es mehrmals geschafft, diverse Räume mit ihren Bewegungen freizuziehen. Hofmann lauerte in den Zwischenräumen, um hinter die Abwehrkette zu starten.

Borussias Harmlosigkeit im Angriffsdrittel

Die Fohlen hatten im Angriffsdrittel nicht den nötigen Aktionsradius. Rund um den Strafraum waren die Offensivaktuere in Positionen, und waren zumindest nie in Unterzahl; jedoch fehlte es an Inspiration für kreierende Räume, durch bspw. (vertikale, oder diagonale) Tiefenläufe. Die Borussia zwang die Schalker Abwehrkette selten zu Entscheidungen, und ließen diese im Raum verteidigen.Fehlende Tiefe im letzten Drittel

Kone hatte in der ersten Halbzeit zwei Abschlüsse, die jeweils zur einer Ecke führte. Jedoch waren diese eher aus der individuellen „Not“ geboren. Die fehlende Kreativität (z. B. die Kombination mit Hofmann Steil, Klatsch, Steil) fehlte den Fohlen, um im letzten Drittel Torchancen zu kreieren.
Waren die Fohlen sogar mal in Überzahl, weil Itakura individuell durchstartete, so spielte Gladbach diese nicht aus und schlossen frühzeitig ab.Fehlende Kreativität im letzten DrittelIndividuelle falsche Entscheidung in Überzahl

Balanta im freien Fall – Weigl fängt viel Raum ab

Schalke baute in einer 4-1-2-3 Struktur auf, in der die AVs höher schoben und sich im ersten Block eine 2-1 Eröffnung mit Balanta auf der Sechs bildete. Krauß und Kral waren im Halbraum darum bemüht, Gladbachs Sechser Weigl und Kone zu binden, die dafür sorgten, dass Balanta im Zwischenraum der freie Fuß in der Schalker Eröffnung war.

Ein Beispiel dafür lieferte die Szene in der 9. Spielminute, als Balanta im Zwischenraum, über die Flügel, eingesetzt wurde und anschließend ballfern verlagerte. Die Borussia konnte in ihrem 4-4-2 den Zwischenraum im Verschieben nicht mehr kontrollieren, weil sie vorher auf Ballseite aufgerückt waren. Matchplan-technisch von Trainer Reis gut gemacht!Balanta im Anbindungsverhalten

Generell waren die Fohlen auf dem Flügel in Unterzahl (3 vs. 4), wenn sie dort hoch pressten. Weigl war im Zustellungsproblem: Geht er mit Balanta hoch, oder stellt er Kral zu? Kone war um Absicherung im Zentrum, inkl. Zustellung von Krauß, der ballfern positioniert war, bemüht.
Spielten sich die Schalker aus der ersten Pressinglinie frei, war die Unterzahl von Weigl und Kone gegen Balanta, Kral und Krauß schnell zu spüren.Borussia Unterzahl gegen Schalkes Dreieck im Mittelfeld

Generell fing Julian Weigl mit seiner Spielintelligenz einiges ab und agierte clever zwischen Balanta und Krauß, um den Sechser zu pressen und gleichzeitig den Achter im Rücken geschlossen zu halten.Julian Weigl sichert ZwischenräumeWeigl presst Balanta und hält Krauß im Deckungsschatten

So spielte sich der S04 – besonders in den ersten 25 Minuten – in ein paar Situation fußballerisch frei und gelang ins letzte Drittel, scheiterte dort jedoch relativ kläglich, wenn es in Richtung des Strafraums ging. So hatten die Fohlen in der ersten Halbzeit keine wirkliche Torchance aus dem Spiel heraus zu verteidigen.

Große Torchancen für Gladbach gegen Ende der ersten Halbzeit

In den letzten fünf Minuten ergab sich für Thuram die Großchance zum Führungstreffer, bei der es Gladbach-typisch darum ging, das Feld freizuziehen und frühzeitig zu öffnen, wenn der Gegner hoch presst.
Jenz verteidigte die Situation in letzter Not. Anschließend scheiterten Itakura und Kramer an Fährmann und Yoshida, nach einer Ecke.

Die Fohlen spielten sich in der ersten Halbzeit sicherlich nicht in einen Rausch, hatten jedoch durch ihre Struktur in der 3-Raute-3 bzw. 2-Raute-4 den einen freien Fuß gegen Schalkes Mannorientierungen, die vor allem in den ersten 20 Minuten in große Torchancen enden hätten können, wenn die finale Entscheidung, bzw. der Moment erkannt worden wäre.
Dass die Elf von Trainer Daniel Farke im Angriffsdrittel, wenn der Gegner sortiert um und im Strafraum verteidigen kann, mehr Inspiration und Kreativität benötigt, war bereits gegen Leverkusen und Augsburg zu sehen, als die Bundesliga im Neujahr wieder begann.

Zweite Halbzeit

Im zweiten Durchgang wollten die Gäste die Borussia noch mehr unter Druck setzen durch noch konsequenteres Anlaufen im direkten 1vs1. Die Elf von Daniel Farke reagierte zu selten mit guten Auftaktbewegungen und kam kaum noch kontrolliert zum eigenen Aufbau. Schalke versuchte die Borussen dabei auf den Flügel zu locken und dann zuzuschnappen, wie im unten stehenden Bild zu sehen.

Selbst tiefen Bällen gingen die Schalker nun noch konsequenter nach und zwangen die Fohlen in Situationen, für die sie nur selten eine Lösung parat hatten. Selbst Jonas Omlin wurde zunehmend mehr unter Druck gesetzt, wodurch einige unkontrollierten Ballverluste entstanden.

Schalke im mutigen Anlaufen mit Erfolg

Die Auswechslung von Weigl als Hypothek für Gladbach

In der 60. Minute wechselte Daniel Farke mit Pléa für Weigl etwas offensiver und mutiger mit der Intention einen „offensiv denkenden Spieler mehr auf dem Feld zu haben“, wie er später auf der Pressekonferenz erklärte.
Zugegeben: Dieses Experiment scheiterte in vielen Hinsichten. Durch den Wechsel sollten Kramer und Koné das Zentrum schließen und BMG kehrte der erfolgreichen Rautenstruktur der ersten Halbzeit den Rücken.

Julian Weigl fehlte den Fohlen nicht nur im Aufbau strukturell im Sechserraum, sondern auch im Moment des Ballverlustes als Abräumer vor der Abwehrkette. So kam Schalke mehr und mehr zu Ballgewinnen und konnte aus all den Umschaltsituationen bis zuletzt nicht mehr viel Gefahr entwickeln.
Auch gegen den Ball fehlte die Struktur in der Folge zunehmend, da Pléa zu wenig schließen wollte und Gladbach ballfern immer wieder Räume aufgab, wie im unteren Bild zu sehen. Koné schob zu spät hoch, Kramer stand ballnah und Pléa verschlief seinen Einsatz komplett.

Die falsche Entscheidungsfindung im eigenen Ballbesitz fand ihren „Höhepunkt“ in Minute 70, als die Borussia innerhalb von 60 Sekunden 4(!!!) Ballverluste in der Vorwärtsbewegung unterlief. Im Video sieht man genügend Momente -Elvedi, Koné oder Kramer – in denen die Fohlen besser den Ballbesitz gesichert hätten, als direkt den Ballverlust zu riskieren und in viele Umschaltsituationen gezwungen wurde. Genau das lag S04 besonders. Das Schlimmste daran ist, dass die Gäste in dieser Phase mehr Ruhe aufbringen konnten und situativ den Ballbesitz und damit Ruhe gewinnen konnten.

Zu allem Überfluss konnte BMG die Schalker Nachlässigkeiten nicht nutzen

In Minute 72 fand BMG aus dem Aufbau heraus dank einer guten Auftaktbewegung von Pléa eine Lösung, die dann erneut durch eine schlechte und zu gierige Entscheidungsfindung seitens Thuram im erneuten Konter der Königsblauen endete.
Dass diese aktuell als Tabellenschlusslicht agieren, liegt größtenteils an der Harmlosigkeit in den Umschaltsituationen nach Ballgewinn, wurde dies doch gegen Leverkusen für die Borussia härter bestraft.
Nach diesem erneuten Konter hatte die Borussia dann nach guter Entscheidungsfindung zur Tempoverschärfung von Pléa eine große Chance nach guter, tiefer Bewegung von Hofmann und Thuram, die letztlich in der (schmeichelhaften) Führung für die Fohlen hätte münden müssen.

Fazit: Ein Spiel mit (bekannten) Problemen und zwei Geschichten

Dass die Elf von Farke, wie gegen Augsburg bereits analysiert, Probleme im Angriffsdrittel gegen eine organisierte Verteidigungsstruktur aufweist, ist bekannt. Das Problem tauchte auch gegen den S04 auf.
Auch, dass die Fohlen aus ihrer sehr guten Struktur in der Spieleröffnung, zu wenig aus ihren Endaktionen machen, wenn die gegnerischen Linien überspielt sind, ebenso.
Des Weiteren ist auch die zweite Halbzeit in ihrem Ping-Pong-Boomerang nicht neu. Was neu war: Gladbach ließ sich auf das Spiel ein UND spielte dieses aktiv mit. Wenn die Gegner versuchten, über lange und zweite Bälle, sowie direkte Zweikämpfe zu kommen, war der VfL bislang bemüht, Ruhe rein zu bekommen und sich nicht anstecken zu lassen (Was mal gut, und weniger gut funktionierte). Nun waren die Gastgeber selbst um das Ping-Pong- und und Umschaltspiel bemüht und versuchten so ihr Tor zu erzielen (Stindl Chance).

Die Auswechslung von Julian Weigl, und die Sechs dann mit einem Achter, wie Chris Kramer, zu besetzen, tat ihr übriges dazu bei. Ganz bestimmt. Dies bekundete Daniel Farke auf der PK danach auch selbst.

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