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Borussia gewinnt gegen Bayern und Wasser ist nass – Analyse

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Der achte Sieg der laufenden Saison ist eingetütet und dabei gab es einige Anpassungen und taktische Veränderungen der Spieler, angetrieben von der frühen roten Karte von Upamecano.
Welche Grundidee beide Trainer im 11vs11 verfolgten, wie Nagelsmann danach reagierte und wie Borussia mit der Überzahl umging, lest ihr in der Analyse von Deniz und Marc.

11vs11: Was ging ab? 

von @DenizimHalbraum

Borussia verfolgte in den ersten acht Minuten einen mutigen Matchplan im Angriffspressing: So liefen die Fohlen in der tiefen Spieleröffnung des Gegners mannorientiert und im 1vs1 die Gäste aus München an.
Durch die Struktur vom FCB (3-Raute-3) ergaben sich also 4-2-1-3 Abläufe im AG-Pressing.

Durch den freien Zehner der Bayern, schoß Elvedi ballnah aus der Kette, um die Zwischenlinien zu verteidigen, während Itakura dahinter im 1vs1 gegen Chupo-Moting stand. Koné und Kramer übernahmen die Achter, während Wolf und Hofmann die seitlichen Halbverteidiger frontal pressten.

Aufstellung Borussia Mönchengladbach gegen Bayern

Nagelsmann reagiert: Cancelos Einwechslung

Die ersten Minuten wurden von einem FCB dominiert, die forsch und schnell die Vertikalität suchten und zu zwei Torchancen hätten kommen können, wenn jeweils Davies und Gravenberch den freien Gnabry mit dem finalen Pass in Schussposition vor Omlin gebracht hätten.

Der Konjunktiv ist im Fußball jedoch sehr uninteressant.

Nach der roten Karte von Upamecano, reagierte Nagelsmann mit der Einwechslung von Cancelo für Müller und passte seine Struktur im Ballbesitz an:
Pavard und Blind agierten in der ersten Linie, die Raute im Mittelfeld blieb – veränderte sich jedoch in ihren Abläufen, weil Gnabry nun das Zentrum besetzte (und ein anderes Verhalten mit sich brachte, als Müller) – Cancelo und Davies mussten sich dynamisch mit der Positionshöhe auf dem Flügel anpassen, um Anbindung für Pavard und Blind zu sorgen, die gegen Stindl und Plea nicht mehr in Überzahl waren.

Gladbach aus dem Spiel heraus mit Zuordnungsproblemen

Durch die 2-R-3 (2-1-6) Struktur veränderte sich für Bayern also lediglich die personelle Anzahl in der ersten Linie (zwei statt drei IV, die aufbauten). Damit hatten die Fohlen jedoch in der Zustellung aus dem Spiel heraus Probleme.
In der unteren Videoszene ist zu beobachten, wie Wolf und Hofmann weiterhin auf dem Sprung zu Pavard und Blind waren (s. oben Matchplan 11vs11), jedoch Plea und Stindl sich quasi auf dem Fuß standen und einer von beiden im Anschluss ohne Gegenspieler im Raum verteidigten.

Gegentor zeigt Übermut und Probleme in der Boxverteidigung

Mit der roten Karte, dem frühen Treffer und mit weiteren Konterchancen, waren die Fohlen emotionalisiert. Das Angriffspressing wurde im Verlauf der ersten Halbzeit nicht weiter angepasst:
Die 1vs1 Situationen blieben weiterhin, mit dem Unterschied, dass Plea nicht mehr Upamecano presste, sondern Yann Sommer. Positiv ausgelegt: Gladbach zwang Bayern dadurch pro-aktiv zu frühen langen Bällen;
Negativ ausgelegt: Die Fohlen pressten naiv, weiter ohne Absicherung – trotz Überzahl.

Beim Gegentor zeigte sich, dass die Fohlen dafür bestraft wurden. Davies entschied das direkte Duell gegen Lainer für sich und konnte durchbrechen, während er Chupo-Moting im Rückraum finden konnte.
Kramer und Koné waren weiterhin in 1vs1 Duelle verwickelt, und einem der beiden fehlte damit der eine Schritt, um den Pass im Rückraum zu verteidigen.

Eine andere Staffelung hätte bspw. erlaubt, dass einer der beiden Sechser als Anker vor der Kette im Raum absichern und hätten dadurch eine tiefere Position (somit kürzere Wege zur eigenen Box).

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Fohlen trotzdem in Überzahl waren, als Chupo-Moting im Rückraum zum Abschluss kam.
Elvedi verteidigte den offensiven Passweg von Davies zum zweiten Pfosten (den Gnabry ballfern attackierte), bei Itakura und Bensebaini fehlte die Kommunikation (Letzterer hätte Gnabry übernehmen können, sodass Itakura den Rückraum verteidigt), und Koné fehlte der letzte Schritt zum Angreifer.

Mittelfeldpressing par excellence: Borussias Konterchancen in der ersten HZ

Die Fohlen fühlten sich besonders im Mittelfeldpressing und in ihren üblichen 4-4-2 Strukturen, sowie Abläufen, wohl. Gegen die Spielanlage der Bayern ist ein Mittelfeldpressing im 4-4-2 sehr passend, weil Verlagerungen des Gegners zügig durch die Verschiebung der Ketten eingefangen werden können. Zumal Spieler, wie Hofmann, dabei clever auf Pressingauslöser warten können und zum Beispiel Blind einige Male auf dem falschen Fuß erwischte.

Die (Konter-)Chancen, die Gladbach hatte, waren groß genug, um noch ein zweites vor der Halbzeit zu erzielen. Die Fohlen blieben aktiv, immer auf Spannung und hatten eine starke Energie auf dem Feld.

Julian Nagelsmann stellte erneut um 

von @ZonalMarc

Zu Beginn der zweiten Hälfte agierten die Bayern im 3-2-4, um Borussia etwas mehr anzulocken in den Halbräumen, sofern Pavard oder Blind andribbelten. Wie sich herausstellte, war dies zwar im Ballbesitz der Bayern eine gute Lösung, da breiter aufgebaut wurde und die Außenverteidiger Cancelo und Davies höher stehen konnten, aber nach Ballverlust war die fehlende Absicherung auf der Sechs zu spüren. Diese entstand dadurch, dass Kimmich von der Sechs auf die zentrale Innenverteidiger Position ging und später – beim Wechsel de Ligt für Goretzka – dann dieser. Alles in Allem lässt sich hier aber sagen, dass Nagelsmann sich etwas verpokert hat mit dieser Umstellung, wie ihr nachfolgend lesen und sehen könnt. 

Die erneute Führung als Summe der Thematik

Beim zwischenzeitlichen 2:1 der Borussia lief Plea (mal wieder) Sommer an, nahm jedoch durch den Anlaufbogen Kimmich raus und zwang den Keeper zum langen Ball. Danach sind die Fohlen in Person von Stindl, Hofmann und Plea handlungsschneller und erarbeiteten sich verdient das 2:1.

Weiterhin waren die Fohlen wach und gut im Umschalten

Untenstehend sieht man, wie Borussia den fehlenden Kimmich im 6er Raum auch nach eigenem tiefen Ballgewinn perfekt ausnutzte. Plea erkannte, dass er die letzte Linie der Bayern durch sein Entgegenkommen locken und somit den Raum dahinter größen werden lassen konnte. Das Anschlussverhalten der Fohlen ist in dieser Situation perfekt, 3 offene Füße boten sich Plea an, um direkt selber die vorher erarbeitete Tiefe zu attackieren. Am Ende fehlte der Borussia das Glück, sonst wäre dies das 3:1 geworden. 

Der Grundstein für den Heimsieg war aber…

… genau das, was wir in unseren Analysen des Öfteren in dieser Saison kritisierten:
gute Entscheidungsfindung und druckvoller + eigener Ballbesitz, um den Gegner zu kontrollieren. Über einen Zeitraum von fast 3 Minuten schafften es die Fohlen, den Gegner in Schach zu halten. Auch nach einem Ballverlust konnte man – dank einer guten Struktur und überragendem Gegenpressing – sofort ballnahe Überzahl herstellen und den Ballbesitz zurückgewinnen. Die Andribbel-Elemente von Elvedi gepaart mit der nötigen Geduld von Plea und Koné im Ballbesitz sorgten dafür, dass die Borussia den Ballbesitz sichern konnte und nicht durch planlose, überhastete Ballverluste, wie so oft in der Vergangenheit, abzugeben. Variables Positionsspiel und gute Raumbesetzung gepaart mit entsprechender Konterabsicherung sind Farkes Handschrift und wurden hier perfekt umgesetzt. Diese Sequenz ist zum Genießen und zeigt, was einfache Verlagerungen und gute Entscheidungen gegen ein ballbesitzorientiertes Team ausrichten können. 

Dass man gegen eine Spitzenmannschaft wie Bayern München auch mal Phasen hat, in denen man tiefer und kompakter stehen muss, ist klar. Dass die Borussia aber (besonders) in Person von Wolf und Hofmann immer wieder auf Ballgewinne und das schnelle Umschalten lauerte, brachte die Bayern zusätzlich ins Zweifeln. Dies ist ein ganz wichtiger Part in solchen Spielen, ist die Borussia doch oft genug in solchen Phasen zu passiv gewesen. Auch hier ist die Entscheidungsfindung zu erwähnen, als Plea den Ballbesitz sicherte, statt tief zu spielen und den Ballverlust zu riskieren. Das anschließende Fordern des Öffnen zeigt Farkes Handschrift.

Die Muster der Bayern erkannt und weiter ausgenutzt

Wie im oberen Video zu sehen, erkannte die Borussia das hohe Anlaufen der Münchener und brachte sie immer wieder – auch in diesem Video – zum Zweifeln. So überspielte Omlin, teils mit perfektem Flugball ins Halbfeld, 2 Linien der Bayern und brachte sie somit in die gezwungene Rückwärtsbewegung ohne die Möglichkeit des hohen Anlaufens.

Die Entscheidung nach bekanntem Muster

In der 84. Minute nutzte die Borussia einen Fehler der Bayern eiskalt aus, als Hofmann erneut überragend die Situation zur Tiefe erkannte und Thuram sein erstes Tor in 2023 erzielen konnte. Am Ende muss man sagen, dass diese permanente Gefahr (auch mit zum Beispiel dem Neuhaus Solo) zu viel für die Bayern war und auch der Anschlusstreffer in der Nachspielzeit zu spät kam.
Chapeau Daniel Farke und Team!

Fazit: Wasser ist nass und BMG gewinnt gegen Bayern

Die Fohlen konnten zum wiederholten Male den Rekordmeister aus München ärgern und diesen schlagen. Dabei waren folgende Kernelemente vom primärer Bedeutung:

  • Wahrnehmung der Situation (Wo ist der freie Mitspieler und Raum? – s. Spielanalyse gegen S04)
  • Die Geduld im Ballbesitz (Das Sichern des Ballbesitzes – gerade in der zweiten Halbzeit)
  • Spannung und Energie (Gegenpressing war genial!)

Diese Punkte sind elementare Bausteine im Fußball von Daniel Farke, die diese Mannschaft an guten Tagen mehr als außerordentlich gut vorleben. Es gilt, diese Kernelemente – unabhängig vom Gegner und dessen Spielstil – beizubehalten, denn:

Dann sind die Fohlen mit Daniel Farke auf einem sehr guten Weg!

Wenn Ihr noch Fragen habt, sprecht uns gerne an.

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