StartAnalysenDer eingeschlafene Riese - FC Bayern München

Der eingeschlafene Riese – FC Bayern München

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Zehn Jahre lang thronte der FC Bayern München ohne richtige Konkurrenz an der Spitze der Bundesliga. Und auch vor Beginn der Saison 22/23 hätten die wenigsten damit gerechnet, dass der Meister in dieser Saison ein anderer sein könnte, als der deutsche Rekordmeister. Rückblickend ist die Saison ein einziges Desaster für die Münchener. Ausgeschieden aus allen wichtigen Pokalwettbewerben, in der Liga stand man kurz vor Ende nur auf dem zweiten Tabellenplatz und hatte die Meisterschaft nicht mehr in der eigenen Hand. Ein eigens kreiertes Desaster, welches viele Fragezeichen für die neue Saison aufwirft. Benny hat sich in einer Analyse angeschaut, was sich bei den Bayern zur neuen Saison ändern muss, um wieder zu alter Stärke zurückzufinden.

Trainerproblematik

Wenn man sich den FC Bayern in dieser Saison ansieht, bekommt man situativ das Gefühl, dass sie taktisch ohne eine klare Identität über den Platz laufen. Dieses Problem wird verständlich, wenn man in die Vergangenheit schaut. Der letzte Trainer, der die Bayern langfristig taktisch verändert hat, war Pep Guardiola. Kein anderer Trainer konnte in den folgenden 7 Jahren dem Team eine andere Spielweise vermitteln als das bewährte 4-2-3-1-System. Dieses System ist tief in der DNA des FC Bayern München verwurzelt und hat sich über viele Jahre als äußerst erfolgreich erwiesen. Es gibt einen festen Kern von Spielern innerhalb dieses Systems, die diese Herangehensweise seit Jahren verkörpern. Ob es nun Niko Kovac, Carlo Ancelotti oder Julian Nagelsmann war, keiner von ihnen schaffte es, den Spielern eine neue taktische Ausrichtung zu vermitteln. Insbesondere Nagelsmann hat mehrfach versucht, dies zu tun, ist aber letztendlich gescheitert. Berichten aus vereinsnahen Medien zufolge ist ein einflussreicher Kern der Mannschaft nicht bereit, sich neuen Systemen und Ideen anzupassen. Das ist verständlich, denn mit dieser Idee von Fußball hat Hansi Flick innerhalb kürzester Zeit das Sextuple geholt. Allerdings muss auch die Wahrheit akzeptiert werden, dass sich der Fußball in seiner Grundidee verändert hat und die Bayern-Mannschaft seit einiger Zeit in einem größeren Umbruch steckt. Spieler wie Lewandowski und Alaba, die diese Fußballphilosophie verkörperten und vorlebten, sind mittlerweile nicht mehr im Verein. Spieler wie Manuel Neuer und Thomas Müller haben trotzdem immer noch eine große Lobby und scheinen unantastbar zu sein, obwohl ihre Spielerkarrieren sich dem Ende nähern. Ihr Einfluss ist manchmal größer als der des Trainers selbst. Wenn Müller nicht spielt, bricht beim Rekordmeister gefühlt eine mittelschwere Katastrophe aus. Doch ein Umbruch erfordert auch, dass verdiente Spieler sich einem neuen Konzept beugen und ihre Rollen verändern. Ansonsten brauchen die Bayern keinen Trainer, der die Mannschaft weiterentwickelt, sondern einen Verwalter, der sich der Mannschaft anpasst, wie es einst Hansi Flick getan hat. Spätestens seit seiner Anstellung als DFB-Trainer sollte klar sein, dass auch Flick kein großer Taktiker ist, der einer Mannschaft ein neues Gesicht geben kann. Nagelsmann muss vorgeworfen werden, dass er in seiner Amtszeit zu oft eingeknickt ist. Immer wenn die Bayern in einer kleinen Ergebniskrise steckten, kehrte er den neuen Ideen den Rücken und kehrte zu den alten Gewohnheiten zurück. Auf diese Weise kann ein langfristiger Umbruch nicht funktionieren. Man muss Nagelsmann jedoch zugutehalten, dass er in der Rückrunde erstmals neue taktische Ideen etabliert hat, die mit dem unausgeglichenen Kader vielversprechend waren. Ein Prozess, dem man Vertrauen hätte schenken sollen. Den Verantwortlichen an der Säbener Straße hätte bewusst sein müssen, dass es in einer laufenden Entwicklung auch mal Dellen geben kann, die man Nagelsmann gen Ende nicht mehr zugestanden hat. Teilweise verständlich, denn Julian Nagelsmann hat in der Saison zuvor schon einige Patronen verschossen, die berechtigte Zweifel aufgeworfen haben. Die Bayern flogen gegen ihren persönlichen Endgegner aus Gladbach krachend mit 0:5 aus dem DFB-Pokal . Auch in der Champions League war schon im Viertelfinale gegen Villareal Schluss. Für mich sind diese Nuancen in der Bewertung der grundsätzlichen Qualität Nagelsmann’s und dem diesjährigen Saisonverlauf irrelevant. Der derzeit Vereinslose Coach hat in den letzten Monaten seiner Amtszeit bewiesen, dass er Umbruch kann und präsentierte ein extrem interessantes taktisches Konzept, in dem sich die Spieler wohlfühlten. Von 13 Spielen seit re-start verlor man nur zwei, spielte allerdings auch dreimal Unentschieden. Die Schwächen in der Restverteidigung sind aufgrund der Qualitativen Mängeln auf einigen Positionen erklärbar. Nagelsmann coachte seine Mannschaft dazu in das Viertelfinale der Champions League und schlug unter anderem Paris Saint-Germain sehr souverän. Spieler wie Jamal Musiala und Dayot Upamecano spielten in dieser Saison unter Nagelsmann auf einem absolutem Weltklasse-Niveau. Die 3er-Kette aus Upamecano, De Ligt und Pavard wirkte in den letzten Monaten wie das Fundament der Zukunft. Leroy Sane beeindruckte unter dem 35-jährigen phasenweise im Ballbesitz auf der tiefen 8 im Halbraum. Alles Kleinigkeiten, die man Nagelsmann positiv anrechnen muss. Denn nur wenn du Dinge mutig ausprobierst und veränderst, kannst du eine langfristige Entwicklung vorantreiben. Den Prozess haben die Verantwortlichen um Herbert Hainer, Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic aber anders bewertet und sahen die Chance auf einen Umbruch mit Thomas Tuchel größer. In der Folge wird Nagelsmann in den Medien öffentlich diskreditiert und teilweise gedemütigt. Schon vor seiner Entlassung muss er problematische Themen (u.a. den Gnabry Trip nach Paris) in eigener Regie moderieren und wird von der Vereinsführung im Stich gelassen. Nach der Trennung werden private Themen den sportlichen vorgeschoben. Es ist unfassbar irrelevant, ob der Coach mit einem Skateboard oder der Harley zum Training fährt. Die Medien stürzen sich auf genau solche Themen und drehen einen Strick daraus. Nagelsmann’s Kleidungsstil und seine Beziehung zu einer Bild Reporterin werden ständig hinterfragt. Der absolute Höhepunkt ist dann erreicht, als die komplette taktische Ausrichtung der Bayern in den Medien veröffentlicht wird. Kahn, Salihamidzic und co. verpassen es schon da, dem Trainer den Rücken zu stärken. Am Ende erfährt Nagelsmann von der Trennung aus den Medien, nachdem Herbert Hainer dem 35-jährigen eine Woche vorher im Interview eine Jobgarantie ausspricht. Auch auf der abschließenden Pressekonferenz machen die Bayern-Bosse überhaupt keine gute Figur und sprechen davon, dass der Trainer die Kabine verloren hat, was unter anderem Führungsspieler wie Kimmich und Goretzka vehement dementieren. Tuchel muss in der Spätphase der Saison eine Mannschaft übernehmen, die komplett verunsichert wirkt. Sein Debüt gegen den BVB gewinnen die Bayern zwar sehr klar, was aber eher daran liegt, dass sich die Dortmunder in dem Spiel selber schlagen. Tuchel verändert Kleinigkeiten, die den FC Bayern im hier und jetzt aber nicht besser machen. In der Folge holt der Rekordmeister unter seiner Regie im Durchschnitt nur 1,55 Punkte und fliegt im DFB-Pokal und der Champions League raus. Die Meisterschaft der Bundesliga hatte man dazu auch fast verspielt. Es wäre aber zu einfach, den Trainer für dieses Versagen verantwortlich zu machen. Die Führungsetage hat den Trainerwechsel zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt durchgeführt und hat stand jetzt die Wette auf die Zukunft verloren. Tuchel ist in der Gegenwart im gesamten wahrscheinlich noch der bessere Trainer als Julian Nagelsmann, muss aber mit einer enormen Hypothek in die neue Saison gehen. Die aktuelle Identitätslosigkeit in der Spielidee lässt sich ohne Probleme auf die Hauptverantwortlichen in der Führungsetage der Bayern zurückführen, die es im siebten Jahr mit dem sechsten Trainer versuchen. Der Kader wurde in in den letzten 1 1/2 Jahren versucht auf die taktischen Ideen von Julian Nagelsmann zuzuschneiden und befindet sich mitten in einem richtungsweisenden Umbruch, den Tuchel weiterführen soll. Ein riskantes Unterfangen und eine neue Wette auf die Zukunft.

Probleme in der Kaderzusammenstellung

Es gab kaum einen Bayern-Fan, der mit der Transferphase der Bayern in diesem Sommer unzufrieden war. Sport-Vorstand Hasan Salihamdizic schaffte es unter anderem Robert Lewandowski mit einem Jahr Restvertrag für 45 Millionen an den FC Barcelona zu verkaufen. Spieler ohne Perspektive, wie Nianzou, Roca, Zirkzee, Omar u. Chris Richards, wurden für knappe 60 Millionen abgegeben. Auf der Verkaufsseite wurde insgesamt viel richtig gemacht und der Kader ausgedünnt, was längst überfällig war. Es gab dazu wenige Fans und Experten, die Zugänge wie Matthijs De Ligt oder Sadio Mane hinterfragt haben. Zwei schillernde Namen der Fußballwelt für den FC Bayern. Mit Ryan Gravenberch und Mathys Tel kommen für knapp 40 Millionen zwei talentierte Perspektivspieler. Noussair Mazraoui ist als Sofortlösung für die Position als Rechtsverteidiger geplant und kommt ablösefrei aus Amsterdam. Auf den ersten Blick mit Sicherheit eine vernünftige Transferphase. Knapp ein Jahr später muss man sich fragen, ob den Verantwortlichen der Bayern überhaupt klar war, dass der Kader ganz andere Probleme hat. Von den Neuzugängen funktioniert bis jetzt nur der Niederländer De Ligt so richtig, der sich im Laufe der Saison zum absoluten Abwehrboss entwickelt hat. Gravenberch und Tel kommen auf weniger Spielzeit und Mazraoui fiel nach der WM lange wegen einer Erkrankung am Herzen aus. Zu wenig Ertrag für knappe 140 Millionen Investment. Im Winter justiert Salihamidzic nach und leiht mit Joao Cancelo einen weiteren Außenverteidiger aus, der die Bayern im hier und jetzt besser machen soll. Der Portugiese liefert sofort und ist in seinem ersten Spiel im DFB-Pokal gegen Mainz einer der besten Spieler auf dem Platz. Vor allem sein polyvalentes Spielerprofil soll den Bayern helfen, dass sie im gesamten noch unberechenbarer werden. Dieser Plan geht Rückblickend leider nur so halb auf. Cancelo’s individuelle Klasse zeigt sich zwar fast immer wenn er spielt, die 70 Millionen Kaufoption werden die Bayern nach der Saison aber nicht ziehen. Neben Joao Cancelo verpflichten die Bayern auch den Schweizer Keeper Yann Sommer, der den verletzten Manuel Neuer ersetzen soll. Und auch seine Verpflichtung war in der Gesamtbetrachtung eher suboptimal, was aber oftmals nichts mit der Leistung von Sommer zutun hatte. Dieser wird phasenweise für seine Körpergröße kritisiert. Auch seine Fähigkeiten am Ball werden hinterfragt, obwohl den Verantwortlichen und Fans hätte klar sein müssen, wo die Stärken und Schwächen des Schweizers liegen. Das Kapitel Sommer neigt sich wahrscheinlich in diesem Sommer wieder dem Ende, weil die neue/alte Nummer 1 Manuel Neuer nach überstandener Verletzung wieder zurück ins Tor kehren wird. Auch dort hätten die Bayern mit mehr Weitsicht agieren müssen. In absehbarer Zeit werden sich die Münchener erneut auf die Suche nach einer neuen Nummer 1 im Tor machen, da Kapitän Neuer nicht mehr ewig auf Top-Niveau spielen wird und unklar ist, ob er nach seiner schwereren Verletzung überhaupt nochmal seinen alten Leistungsstand erreicht. Die größten Baustellen haben sich die Bayern-Bosse mit den Verträgen von Serge Gnabry und Sadio Mane aufgemacht. Gnabry’s letzte Jahre bei den Bayern sind im gesamten einfach nicht konstant genug. Er schafft es zu selten in den wichtigen Spielen seine gute Form beizubehalten und taucht buchstäblich ab, was grundsätzlich die Frage aufwirft, ob er wirklich die nötige Qualität hat, um dem Rekordmeister langfristig einen Mehrwert auf seiner Position zu geben. Sportvorstand Salihamidzic statte den deutschen Nationalspieler trotzdem mit einem langfristigen Vertrag aus, der ihm laut Medienberichten knappe 19 Millionen im Jahr in die eigenen Taschen spült. Der langfristige Vertrag bis 2026 und die damit verbundenen Gehaltsforderungen von Gnabry machen es den Bayern zukünftig schwer, den mittlerweile 27-jährigen zu verkaufen. Auch das Gesamtpaket Sadio Mane lässt den Fan daran zweifeln, ob den Verantwortlichen klar war, dass es bei diesem Transfer eine gewisse Fallhöhe gibt. Der Senegalese hatte in seinem letzten Jahr bei Liverpool schon deutlich abgebaut. Schaut man sich beispielsweise seine Tore in seiner letzten Premier League Saison an, waren es entweder Tore, wo er den letzten Kontakt im 16er hatte oder mit immens viel Platz hinter der gegnerischen Abwehrkette auf den Keeper zulaufen konnte. Mane war nie der Spieler, der auf engem Raum brilliert hat und gegen tiefe Abwehrblöcke Großchancen kreiert. Viel mehr ist Mane ein überragender Pressingspieler, dessen Spiel darauf ausgerichtet ist, sein Tempo gegen hochstehende Abwehrketten auszuspielen. Klopp hat das System in Liverpool perfekt auf Spielertypen wie Salah und Mane zugeschnitten, die das mit Weltklasseleistungen honoriert haben. Die Spielkultur in der Bundesliga gibt aber vor, dass die Bayern in den wenigsten Spielen mit viel Platz zwischen der gegnerischer Abwehr und Torhüter agieren. Auch die taktischen Anforderungen, welche z.B. Nagelsmann an den Senegalesen hatte, wirkten oftmals zu komplex für Mane. Viel mehr wirkte der 31-jährige wie ein Fremdkörper auf dem Platz, der überhaupt nicht zur Spielidee der Bayern und zur Spielkultur der Bundesliga passte. Ihn mit einem Vertrag auszustatten, der Sadio Mane jährlich über 20 Millionen in die eigenen Kassen spült, ist ein kompletter Wahnsinn. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass sich Mane’s Spiel extrem über physische Attribute definiert, die mit steigendem Alter eher abbauen, als zunehmen. Dazu kommt, dass er mit 31 Jahren und dem kolportierten Gehalt keinen Wiederverkaufswert hat. Der deutsche Rekordmeister wird wohl oder übel auch in der neuen Saison auf dem Transfermissverständnis sitzenbleiben. Viel schlimmer ist es, dass die gesamte Vereinsführung nicht erkannt hat, dass im Kader der Bayern gewisse Planstellen überhaupt nicht besetzt sind. Joshua Kimmich wird seit Jahren in eine Rolle gedrängt, die seinem Spielerprofil nicht entspricht. Er wäre viel wertvoller, wenn man ihn in einer offensiveren Achter-Position spielen lässt. Stattdessen muss der 28-jährige eine Art defensiven 6er spielen, wo ihm phasenweise seine Stärken im letzten Drittel geraubt werden. Sein Partner auf der Doppel-6 ist seit Jahren Leon Goretzka, der neben Kimmich in dieser Rolle eher regelmäßig funktioniert. Julian Nagelsmann positionierte ihn im Ballbesitz häufig direkt in der letzten Kette, damit Goretzka möglichst wenig mit dem Spielaufbau zu tun hat und seine Schwächen mit dem Ball kaschiert werden. Goretzka’s Spiel definiert sich über physische Attribute und seine Box-to-Box Fähigkeit, die im Spiel der Bayern aber selten gebraucht werden. Die Restverteidigung, mit der bereits erwähnten Doppel-6, ist über eine komplette Saison auch ein großer Knackpunkt. Während die internationale Konkurrenz schon seit Jahren Spielertypen wie Rodri, Casemiro oder Busquets im Kader haben, waren die Bayern Jahr für Jahr in der Kaderplanung zu blauäugig und wollten das Duo Goretzka-Kimmich nicht sprengen, was sich in dieser Saison als folgenschwerer Fehler erwiesen hat. Der letzte Spieler, der diese Lücke adäquat gefüllt hat, war Thiago, den man aber auch ohne richtigen Ersatz zu Liverpool gehen lies. Der größte Fehler war es aber, dass man Lewandowski, ohne richtigen Nachfolger, im Sommer zu Barcelona ziehen lies. Im nachhinein unglaublich, dass man den Rekordstürmer der Bundesliga mit Sadio Mane und Choupo-Moting ersetzen wollte. Alleine die Präsenz und die Gegnerbindung, welche Lewandowski in jedem Spiel garantiert hat, fehlt den Bayern in allen Wettbewerben. Es ist weder Nagelsmann, noch Tuchel gelungen, mit einer Hybridlösung im Angriff nachhaltig erfolgreich zu sein. Schaut man sich die vorherigen Stationen vom erstgenannten Coach an, wird einem klar, dass sein gesamtes System nur mit einem klaren Zielspieler funktioniert. Bei Hoffenheim war es das Duo aus Belfodil und Szalai, in Leipzig agierte Nagelsmann mit Poulsen oder Sørloth. Ein ganz entscheidender Grund, warum den Nagelsmann-Bayern in dieser Saison phasenweise die offensive Durchschlagskraft fehlte. Alle genannten Fehler in der Kaderplanung haben am Ende Hasan Salihamidzic den Job gekostet. Wenn man es rein auf die Kaderplanung runterbricht, ist sein Abgang mehr als verständlich. Die Mannschaft der Bayern ist im gesamten auf vielen Positionen zu unausgeglichen und für die Zukunft zu schlecht aufgestellt. Es ist mehr als nachvollziehbar, dass man Brazzo nicht zugetraut hat, dass er die besprochene Fehlplanung in der neuen Saison wieder ausbügelt. Seine Referenzen sind für das, was die Münchener in diesem Sommer investieren müssen, einfach zu schlecht. Trotzdem passt der Zeitpunkt, an welchem die Trennung von Kahn und Salihamidzic veröffentlicht wurde, zum kommunikativen Desaster in dieser Saison. Umso beeindruckender, wie der mittlerweile Ex-Sportvorstand mit seiner Entlassung umgegangen ist. Alles was Brazzo rein sportlich für die Bayern geleistet hat, mag in der Gesamtwahrnehmung vielleicht nicht ideal gewesen sein. Trotzdem hat er, im Gegensatz zu Oliver Kahn, enorme Größe bewiesen und ist mit seiner Entlassung vorbildlich umgegangen. Die Bayern müssen auch ohne die beiden im Sommer den Kader dringend modernisieren, um international wirklich wieder zur absoluten Spitze zu gehören.

Die Neuzugänge

Wie nach jeder Saison, gibt es enorm viele Gerüchte um eventuelle Neuzugänge bei den Bayern. Glaubt man vereinsnahen Medienvertretern, hat der neue Coach Thomas Tuchel bereits klare Spielerprofile für die neue Saison gefordert. Ein 9er und ein defensiver Mittelfeldspieler werden gefordert. Wenn man ehrlich ist, wäre es normalerweise damit nicht getan. Mit Mane, Gnabry, Sane und Coman hat man vier Flügelspieler, von denen nur einer konstant auf einem Weltklasseniveau spielt, und das ist Kingsley Coman. Leroy Sane hat zwar immer wieder richtig gute Phasen dabei, ist aber im gesamten, genau wie Serge Gnabry, einfach zu unkonstant. Dazu kommt, dass Sane sich unter Nagelsmann zu einem richtigen guten „Halbraumachter“ entwickelt hat und sich in dieser Position augenscheinlich recht wohl fühlte. Über den Fehleinkauf Mane wurde ausreichend diskutiert. Mit dem wahrscheinlichen Abgang von Cancelo, hat man mit Mazraoui, Stanisic und Davies nur noch drei gelernte Außenverteidiger im Kader, von denen zwei konstant auf absolutem Top-Niveau spielen. Bei Pavard ist heute noch nicht klar, ob er zur neuen Saison überhaupt noch im Kader des Rekordmeisters steht, und selbst wenn er sich zu einem Verbleib entscheidet, ist es ein offenes Geheimnis, dass der Franzose nur widerwillig als rechter Verteidiger aufläuft. Zusammenfassend bräuchten die Bayern eigentlich insgesamt vier Neuzugänge, die gemeinsam mehr kosten würden, als den Münchenern in diesem Sommer zur Verfügung steht. Um auf allen Positionen adäquat nachzubessern, müssten Spieler wie Goretzka, Mane und Gnabry den Verein verlassen, was aktuell fast ausgeschlossen scheint. Aller Voraussicht nach wird es darauf hinauslaufen, dass die Bayern ihr Budget für einen richtig guten 9er und einen defensiven 6er opfern. Und auch dort wird man, wenn man es nicht schafft bereits genannte Spieler zu verkaufen, auf einer der beiden Positionen Abstriche machen müssen. Glaubt man den Medienberichten, dann fallen die beiden 1A Lösungen für den Sturm raus. Für Victor Osimhen fordert der SSC Neapel anscheinend eine Ablöse von rund 150 Millionen Euro, die Bayern nicht bereit ist zu bezahlen. Das Gesamtpaket würde sich dann auf über 200 Millionen Euro belaufen, was einfach zu viel für den Rekordmeister ist. Auch Harry Kane wird schon seit längerem als Kandidat für die offene Planstelle des Stürmers gehandelt. Der 29-jährige soll erst kürzlich bei den Spurs hinterlegt haben, dass er den Verein in diesem Sommer verlassen möchte. Für die Bayern, die schon lange als Abnehmer gehandelt werden, würde sich zwar erneut die Chance auftun, den Engländer zu verpflichten, man muss sich aber schon die Frage stellen, warum Kane überhaupt in die Bundesliga wechseln sollte. Wenn man ganz ehrlich zu sich selber ist, dann ist die Bundesliga im Gesamtpaket einfach deutlich schwächer als die Premier League. Dazu kommt, dass Kane „nur“ 47 Tore fehlen, um zum besten Torjäger aller Zeiten der Premier League zu werden und somit Alan Shearer von der Spitze zu verdrängen. Natürlich möchte auch Harry Kane auf Vereinseben große Titel gewinnen, was ihm in seiner Zeit bei den Spurs nie gelungen ist. Die Bayern könnten ihm, zumindest auf nationaler Ebene, fast garantieren, dass er dort die Meisterschaft holt. Aber auch hier die Frage, wie sehr es Kane reizen würde, mit den Bayern die Deutsche Meisterschaft zu holen. Glaubt man den aktuellen Medienberichten, wird wenig überraschend fast jeder große Club gehandelt, der einen Stürmer sucht. Egal ob Real Madrid, Paris Saint-Germain oder Manchester United, alle wollen Kane. Für mich scheint es zum jetzigen Stand wahrscheinlicher, dass Kane weiter in der Premier League auf Rekordjagt geht, auch wenn die Spurs ihn ungerne an die direkte Konkurrenz abgeben wollen. Laut Transfermarkt liegt der aktuelle Wert von Kane bei 90 Millionen Euro, in dem sich auch wahrscheinlich die Ablöse wiederfinden würde. Der aktuelle Kapitän der Spurs hat auf jeden Fall noch mindestens drei Jahre auf absolutem Weltklasse-Niveau im Köcher. Man darf trotzdem hinterfragen, ob die Bayern bereit sind, ein Gesamtpaket von circa 200 Millionen für einen sehr limitierten Zeitraum zu bezahlen, auch wenn Kane aktuell ein absoluter Weltklassespieler ist und eine Art Idealbesetzung für die Stürmerposition wäre. Der aktuelle Stürmermarkt gibt allerdings einige Alternativen her, mit denen sich die Bayern entweder aktuell befasst oder zukünftig befassen sollten.

Randal Kolo Muani

Der 24-jährige Franzose scheint auf den ersten Blick die naheliegendste Alternative auf der Suche nach einem neuen Stürmer. Kolo Muani ist der Shooting-Star der abgelaufenen Saison und das zurecht. Alleine in der Bundesliga kommt er auf 29 Scorer in 32 Spielen (15 Tore/14 Vorlagen), wettbewerbsübergreifend sogar auf 40 Scorer in 45 Spielen. Eine extrem starke Quote, für die Eintracht Frankfurt auch eine extrem hohe Summe fordert. Der Franzose ist vertraglich noch bis 2027 an die SGE gebunden und hat keine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag. Vertraut man den Worten von Markus Krösche, wäre die Eintracht erst ab 100 Millionen Euro Ablöse gesprächsbereit. Traut man den expected goals und assists Wert der aktuellen Saison, performed Kolo Muani etwas über. Sein errechneter Wert liegt laut Wyscout bei 18,14. Dies ist aber kein entscheidendes Kriterium, wenn man herausfinden will, ob Kolo Muani das perfekte Profil für die Bayern wäre. Der französische Nationalspieler geht mit insgesamt 222 versuchten Dribblings am häufigsten in die direkten Duelle mit seinen Gegenspielern und liegt damit in diesem Ranking auf dem 1. Platz. Kolo Muani gewinnt von diesen 222 Dribblings 54,1 % und liegt statistisch im Mittelfeld der höchsten deutschen Spielklasse. Der Franzose gibt pro 90 Minuten 2,36 Schüsse aufs Tor ab und bringt davon 43,84 % auf das gegnerische Tor. Auch hier sprechen wir von eher mittelmäßigen Werten in der Bundesliga. Seine Passstatistiken gleichen eher denen eines Flügelspielers. Mit 0,76 Key-Passes pro 90 Minuten liegt Muani auf Platz 29 der Liga, mit 3,07 progressiven Läufen pro 90 Minuten findet sich der Franzose auf dem 11. Platz wieder. Kolo Muanis größte Stärke liegt aber nicht in den Statistiken, sondern in dem Eye-Test. Er bringt mit 35,97 km/h einen absoluten Spitzenwert auf den Rasen und gehört somit zu den schnellsten Spielern der Liga. Sein extremer Mehrwert liegt darin, dass Muani mit dem Ball fast so schnell ist, wie ohne ihn. Er verfügt darüber hinaus über eine extrem gute Technik, die ihn, gepaart mit seinem Speed, zu einer echten Waffe in jedem offensiven 1 gegen 1 Duell machen. Viele seiner Tore erzielt Kolo Muani nach Umschaltsituationen, in welchen er mit mehr Raum und Tempo auf die gegnerische Abwehrkette andribbeln kann. Dazu ein Beispiel aus dem Spiel der Eintracht gegen Mainz 05. Kurz bevor Kolo Muani das 3:0 erzielt, erobert Rode den Ball auf Linie der Mittellinie in einem direkten 1 gegen 1 Duell. Der Franzose steht in unmittelbarer Distanz zum Zweikampf und hat einen enorm großen Raum vor sich (siehe unten Bild 1) Nachdem Muani an den Ball kommt, macht er genau das, was er am besten kann. Er dribbelt mit hohem Tempo auf den gegnerischen Innenverteidiger zu, der tendenziell erstmal fallen muss und dem Angreifer somit genug Zeit gibt, um Tempo aufzunehmen (siehe unten Bild 2). In dem Moment wo du als Verteidiger fällst und Kolo Muani einen größeren Raum gibst, in dem er Tempo aufnimmt, hast du eigentlich schon verloren. Der Franzose kann sich frei entscheiden, ob er den direkten Weg zum Tor nimmt oder im Tempo an dir vorbeigeht. Vor dem 3:0 entscheidet sich der Mittelstürmer für das Tempo, geht am Mainzer Verteidiger Bell vorbei und vollendet mit dem linken Fuß (siehe unten Bild 3).

Rode erobert den Ball
Quelle: Wyscout / Rode erobert den Ball, Muani steht im Raum
Muani dribbelt im Tempo auf den Innenverteidiger
Quelle: Wyscout / Muani dribbelt im Tempo auf den Innenverteidiger
Kolo Muani im direkten 1 gegen 1 mit dem Verteidiger
Quelle: Wyscout / Kolo Muani im direkten 1 gegen 1 mit dem Verteidiger

Die meisten Tore von Kolo Muani fallen auf diese Art und Weise. Er profitiert in dieser Saison davon, dass die Frankfurter extrem gut im Konterspiel sind und der Franzose deswegen mit mehr Zeit und Raum agieren kann. Probleme hat der Stürmer dann, wenn er mit dem Rücken zum gegnerischen Tor agieren muss und direkten Druck von seinem Gegenspieler bekommt. Kolo Muani ist nicht der typische Wandspieler, den die Bayern eigentlich so dringend brauchen. Was man ihm dahingehend zugutehalten muss, ist, dass er ein exzellenter Steil-Klatsch Spieler ist, was in Kombination mit Mario Götze in dieser Saison hervorragend geklappt hat. Vor allem auf engem Raum, haben Kolo Muani und der deutsche Weltmeister Drucksituationen überragend mit wenig Kontakten aufgelöst. Bei beiden fehlte auf Strecke aber die Konstanz in diesen Aktionen. Der 24-jährige Franzose ist dazu mit einer Körpergröße von 1,87 m ein sehr guter Kopfballspieler, der vor allem nach präzisen Flanken der Eintracht zum Torerfolg kam.

Persönlich würde ich den Bayern davon abraten, dass sie über 100 Millionen in Randal Kolo Muani investieren. Er ist ohne Frage ein Spieler, der überragende Fähigkeiten mitbringt, die dem FC Bayern der Zukunft aber keinen extremen Mehrwert bieten würden. Der Rekordmeister braucht in der aktuellen Situation keinen Spieler, der von viel Zeit und Raum profitiert. Vor allem im Tagesgeschäft in der Bundesliga, werden die Bayern in vielen Fällen auf kompakte Abwehrblöcke treffen, bei welchen Kolo Muani nicht mehr so viel Platz für seine Aktionen bekommt. Um seine Stärken am idealsten einzubinden, bräuchte man neben dem 24-jährigen noch einen weiteren Zielspieler, der eine klare Aufgabe im Räume öffnen bekommt, damit Kolo Muani seine Aktionen ausspielen kann. Als Paradebeispiel dienen hierfür Kylian Mbappe und Olivier Giroud bei den Weltmeisterschaften 2018 und 2022. Es mag zwar die naheliegendste Lösung sein, aber bei weitem nicht die beste. Für das Gesamtpaket, welches zu für diesen Transfer aufbringen müsstest, gibt es weitaus passendere Lösungen auf dem Stürmermarkt.

Dusan Vlahovic

Es wäre ein Transfer, der nicht typischer für die Transferpolitik der Bayern stehen könnte. Die Münchener gelten als große Opportunisten auf dem Transfermarkt, die dann zuschlagen, wenn ein Spieler, dem man überragende Qualitäten nachsagt, in einem Formtief steckt und günstig zu haben ist. All die genannten Kriterien treffen auf den 23-jährigen Dusan Vlahovic von Juventus Turin zu. In der Winterpause der Saison 21/22 holt die Alte Dame den serbischen Stürmer für eine stolze Ablösesumme von 80 Millionen aus Florenz. In den letzten 1 1/2 Jahren vor seinem Juve-Transfer glänzte Vlahovic bei der Fiorentina mit 38 Toren und 6 Vorlagen in 58 Spielen. Vor allem in der Hinrunde der Saison 21/22 erzielte er 21 Scorer in 21 Spielen. Beim italienischen Rekordmeister kann der 23-jährige aber nie so richtig an seinen Torriecher aus der Vergangenheit anknüpfen. In den ersten 15 Spielen erzielt er nur 7 Tore und steuert eine Vorlage bei. In der aktuellen Spielzeit ist Vlahovic von Verletzungen geplagt und verpasst ganze 14 Spiele. Immer wieder werfen ihn Adduktorenprobleme zurück. Auch die Torquote des serbischen Nationalspielers ist für seine Verhältnisse in dieser Saison eher mageres Mittelmaß. In der Serie A bringt es Vlahovic auf nur 10 Tore in 27 Spielen. Ein nicht zu verachtender Grund dafür ist, dass sich Juventus Turin seit Vlahovic’s Ankunft in einer sportlichen Krise befindet. Unter Trainer Allegri findet die Alte Dame nie richtig in die Spur und spielt über die Saison gesehen extrem unattraktiven Fußball. Juve hat im Durchschnitt gerade einmal 49,7 % Ballbesitz (Platz 9 in der Serie A), bringt pro 90 Minuten nur 44,18 Pässe ins letzte Drittel (Platz 12 der Serie A) und haben durchschnittlich 16,33 Berührungen im gegnerischen 16er (Platz 8 der Serie A). Insgesamt alles zu wenig, um Vlahovic ideal ins Spiel der Bianconeri einzubinden. Doch wofür steht das Spiel von Dusan Vlahovic eigentlich? Der Serbe ist auf dem Platz eine echte Erscheinung und gilt als ein genialer Strafraumstürmer, der mit einem starken Abschluss ausgestattet ist. Es gibt kaum einen Spieler auf diesem Planeten, der für so viel Power steht, wie es Dusan Vlahovic tut. Bei Juventus fungiert er meist als eine Art Wandspieler, der proaktiv am Spiel teilnehmen soll. Seine große Stärke liegt darin, den Ball mit dem Rücken zum gegnerischen Tor abzuschirmen und seinen direkten Gegenspieler zu binden und aus der Ordnung zu ziehen (siehe unten Bild 1)

Vlahovic lässt sich fallen und behauptet den Ball
Quelle: Wyscout / Vlahovic lässt sich fallen und behauptet den Ball

Durch seine enorm gute Physis, kann Vlahovic den Ball ohne Probleme gegen zwei Gegenspieler behaupten und so Räume für seine Mitspieler schaffen. Auch seine Ideen mit Ball haben Hand und Fuß, selbst wenn er unter Gegnerdruck steht. Der Serbe leidet in seinem Spiel enorm darunter, dass Juventus im Ballbesitz wenig, bis gar keine Ideen entwickelt. Im Schnitt erreichen Vlahovic diese Saison nur 12,03 Pässe pro 90 Minuten, obwohl er sich selber immer wieder in erfolgsversprechenden Räumen bewegt. Und genau das ist die größte Stärke des Stoßstürmers. Ich habe selten Spieler gesehen, die so gut darin sind, sich unter Gegnerdruck freien Platz zu verschaffen, wie es Dusan Vlahovic macht. Die Bewegung ohne Ball und die Power in den Tiefenläufen könnten eine echte Waffe für die Bayern werden. Der Serbe verfügt zudem über ein hervorragendes Kopfballspiel, welches sich Juventus insgesamt viel zu selten zunutze macht. Wenn er den Ball im Strafraum bekommt, ist sein erster Kontakt in Richtung Tor überragend. Vlahovic kann sich auch dort ohne Probleme gegen zwei Gegenspieler durchsetzen. Seine größte Schwäche liegt darin, dass er auf dem Weg zum Tor situativ den besser positionierten Gegenspieler vergisst und selber den Abschluss sucht. Er ist eben ein klassischer 9er, der unbedingt zum Torerfolg kommen will. Trotzdem steht die Menge an Abschlüssen, die sich der Serbe nimmt, nicht im Verhältnis zu dem, wie häufig er dann tatsächlich das Tor trifft. Darin liegt die größte Fallhöhe im Spiel des Stürmers. Man merkt ihm dazu in dieser Saison an, dass es dem Serben in seinem Abschluss vor allem an Selbstvertrauen mangelt, welches für einen Stürmer seiner Qualität unabdingbar ist. Die gute Torbilanz bei der Fiorentina und Juventus wurde darüber hinaus dadurch aufgewertet, dass Vlahovic in den jeweiligen Teams die Elfmeter geschossen hat. Man darf bei allem nicht unterschlagen, dass Vlahovic erst im Januar diesen Jahres 23 Jahre alt geworden ist und in seinem gesamten Spiel noch sehr viel Potenzial nach oben besteht.

Man würde Dusan Vlahovic unrecht tun, wenn man anhand seiner Station bei Juventus Turin bewerten würde, ob er zu den Bayern passt oder nicht. Ich habe selten gesehen, dass ein Spieler dieser Qualität so schlecht in ein Spielsystem eingebaut wird, wie es bei Juve und Vlahovic der Fall ist. Der 23-jährige bringt Attribute mit, die Bayern sofort auf ein neues Level in der Offensive heben würden. Alleine seine Präsenz und seine Power auf dem Platz würden alle Spieler, die um Vlahovic herum spielen, sofort besser machen. Eine Zusammenarbeit mit Thomas Tuchel stelle ich mir darüber hinaus extrem spannend vor, da Tuchel nachweislich gezeigt hat, dass er Spieler in kurzer Zeit auf ihr maximales Leistungslevel heben kann. Sowohl Vlahovic, als auch die Bayern würden enorm von einem Transfer profitieren. Dem Serbe würde ich, wenn er die komplette Saison fit bleibt, ohne Probleme 25 + Saisontore zutrauen. Auch hier hängt alles davon ab, wie viel Juventus an Ablöse für den Stürmer fordern würde. Da die Finanzlage bei den Bianconeri enorm angespannt ist, könnten die Bayern einen guten Deal machen. Solltest du Vlahovic für 60-80 Millionen bekommen, wäre er vom Preis-Leistungsverhältnis eine unfassbar gute Wahl und könnte die Planstelle auf der 9er Position für Jahre schließen.

Goncalo Ramos

Der 21-jährige Portugiese ist bei Benfica in dieser Saison der Shooting-Star und kommt in der Liga auf 26 Scorer in 30 Spielen (19 Tore / 7 Vorlagen). Ramos wird in Portugal für seinen „Killer-Instinkt“ und seine Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor gefeiert. Der Stürmer bringt sich dabei immer wieder, durch gute Positionierung im 16er, in aussichtsreiche Abschlusspositionen. Pro 90 Minuten hat Goncalo Ramos 5,43 Berührungen in der gegnerischen Box und liegt damit im Ligaranking auf dem dritten Platz. Die größten Stärken von dem portugiesischen Nationalspieler lassen sich aber auch hier nicht nur mit Statistiken bemessen. Seine größte Stärke liegt darin, unter gegnerischen Druck im 16er zum Abschluss bekommen. Er ist mit einer enormen Ruhe vor dem Tor ausgestattet, die ihn, gepaart mit seiner Technik, zu einer absoluten Waffe machen. Goncalo Ramos ist dazu auf dem Platz mit seiner Körpergröße von 1,85 m eine echte Erscheinung und weiß seine Power und Präsenz gut einzusetzen. Anders als Vlahovic und Kolo Muani, nimmt Ramos eher selten wirklich proaktiv am Spiel teil, sondern bewegt sich fast permanent zwischen den Abwehrlinien des Gegners und beläuft mit seinem guten Timing die Räume hinter der letzten Kette.(siehe unten Bild 1)

Quelle: Wyscout / Ramos bewegt sich zwischen der Abwehrkette

Auch wenn Ramos nicht immer proaktiv am Spiel teilnimmt, heißt es nicht, dass er Mängel im Passspiel aufweist. Der 21-jährige ist ein richtig guter Wandspieler, der auch unter Gegnerdruck den Pass mit einem Kontakt zum Mitspieler bringen kann. Trotzdem ist Ramos kein Spielgestalter oder 9 1/2er, sondern primär ein Zielspieler. Er pendelt dabei immer zwischen der letzten Linie und kippt situativ horizontal ab, um sich selber mehr Platz zu verschaffen (siehe unten Bild 1)

Ramos kippt horizontal ab
Quelle: Wyscout / Ramos kippt horizontal ab

Was am meisten für eine Verpflichtung sprechen würde, ist die unglaubliche Schusstechnik des portugiesischen Nationalspielers. Es gibt wenig Spieler auf diesem Planeten, die so einen zuverlässigen Abschluss haben und so konstant performen, wie Goncalo Ramos. Mit Benfica Lissabon hätten die Bayern aber einen sehr harten Verhandlungspartner, der meist auf die Ausstiegsklauseln pocht, welche bei Ramos auf 120 Millionen Euro dotiert ist. Glaubt man vereinsnahen Medien, dann wäre Benfica in diesem Sommer aber bereit, ihren Topstürmer zwischen 80 und 100 Millionen Euro abzugeben. Für diesen Preis wirst du ihn wahrscheinlich einmalig in diesem Sommer bekommen und danach nie wieder. Neben den Bayern gibt es zig andere Interessenten, wie z.B. Manchester United, die ebenfalls Bedarf auf der 9 haben. Ähnlich wie bei Vlahovic kommt es am Ende des Tages auf die Summe an, die Benfica fordern wird. Aktuell gibt es für 120 Millionen andere Alternativen auf dem Transfermarkt, die vom Preis-Leistungsverhältnis besser zum Budget passen würden. Ramos wird zukünftig zu den Top drei Stürmer der Welt gehören und wäre ein Invest, mit dem du langfristig die Stürmerlücke schließen könntest. Trotzdem wird der 21-jährige in einer besseren Liga eine gewisse Anlaufzeit brauchen, die Bayern aktuell nicht hat. Wenn man die erbrachten Leistungen und das Potenzial von Ramos mit einbezieht, dann ist der Stürmer jeden Cent wert. Seine Fähigkeit auf engem Raum zum Abschluss zu kommen, würde den Bayern sofort weiterhelfen. Wenn ich die Wahl zwischen Vlahovic und Ramos treffen müsste, dann wäre erstgenannter trotzdem aktuell mein favorisierter Transfer.

Rasmus Højlund

Ein weiterer Stürmer aus der Serie A wäre der 20-jährige Rasmus Højlund, der aktuell bis 2027 bei Atalanta Bergamo unter Vertrag steht. Gian Piero Gasperini sagte über den Stürmer „dass er wenig 20-jährige gesehen habe, die so gut sind wie er“. In der aktuellen Spielzeit bringt es der Däne in 31 Spielen auf 8 Tore und 4 Vorlagen. Der 1,91 m große Stürmer ist, ähnlich wie Dusan Vlahovic, nicht der klassische Strafraumstürmer, sondern fungiert eher als eine Art 9 1/2er. Højlund verfügt trotz seiner Körpergröße über eine extrem gute Dynamik auf die ersten Meter und ist technisch sehr versiert, weshalb er für die gegnerischen Innenverteidiger sehr schwer zu greifen ist. Sein Spiel besteht vor allem aus vielen Tiefenläufen, wo er seine physischen Vorteile, gepaart mit seinem Tempo, extrem gut ausspielen kann. Für Atalanta fungiert der dänische Nationalspieler als Wandspieler, der den eigenen Spielern Zeit zum nachschieben verschafft (siehe unten Bild 1 und 2).

Hojlund macht den Ball fest
Quelle: Wyscout / Hojlund macht den Ball fest
Mitspieler schieben nach, Hojlund leitet den Ball weiter
Quelle: Wyscout / Mitspieler schieben nach, Hojlund leitet den Ball weiter

Højlund bewegt sich insgesamt nicht nur auf der letzten Linie zwischen den gegnerischen Innenverteidigern, sondern kippt immer wieder vertikal oder horizontal ab, um Überzahlen zu schaffen oder Gegenspieler rauszuziehen, und somit Räume zu öffnen. Wenn man seine Statistiken betrachtet, ist der Däne auch ein zielsicherer Abschlussstürmer. 1,99 Schüsse gibt Højlund pro 90 Minute ab und bringt dabei 52,4 % aufs Tor. Eine starke Quote. Abgesehen vom Torschuss, liegt die größte Schwachstelle vom Dänen in seiner Ineffizienz. In 4,56 Dribblings geht Højlund pro 90 Minuten und hat dabei eine Erfolgsquote von 39,6 %. Laut Wyscout gehen von 17,76 offensiven Duellen nur 23,8 % an den 20-jährigen. Højlund muss man aber zugutehalten, dass er ein hervorragender Pressingspieler ist, wovon sein aktueller Arbeitgeber aus Bergamo in dieser Saison sehr profitiert. Generell ist das „Projekt Højlund“ eher langfristig ausgelegt. Er verfügt über enorm gute Anlagen und besitzt ein fast einzigartiges Spielerprofil, was zum jetzigen Stand aber zu selten effektiv zum Vorscheinen kommt. Darüber hinaus fehlt dem Dänen aktuell ein wenig die „Sample-Size“ und der Name (sollte normalerweise kein entscheidender Faktor bei einer Verpflichtung sein). Die Münchener haben mit Mathys Tel bereits ein langfristiges Projekt im Kader und brauchen eher eine Soforthilfe, die der Däne zur neuen Saison wahrscheinlich noch nicht zu direkt abbilden könnte. Bei Restvertrag bis 2027 und einem Marktwert von 35 Millionen, würde Atalanta ihr Juwel wahrscheinlich nicht unter 50-60 Millionen gehen lassen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Højlund in den kommenden Jahren zu einem absoluten Spitzenstürmer reifen wird, dafür aber noch etwas Anlaufzeit braucht. Für die Bayern ist er, stand heute, noch nicht die richtige Wahl.

Weitere Namen auf der Stürmerposition

Den Bayern bieten sich auf in diesem Sommer auf dem Transfermarkt einige weitere Optionen, die man zumindest erwähnen sollte. Wer aufgrund von Verletzungspech in der Gerüchteküche leider keine Erwähnung findet, ist Patrik Schick. Der Tschechische Nationalspieler war in der Vorsaison mit 24 Saisontore im Bundesligaranking auf Platz zwei hinter Robert Lewandowski und wäre wahrscheinlich in diesem Sommer günstig zu haben. Wenn man einen Spieler aus der Bundesliga holen möchte, der dem geforderten Profil der Bayern entspricht, dann kann es eigentlich nur Patrik Schick werden. Sein Transfer wäre aber, aufgrund von der diesjährigen Verletzungshistorie, viel zu schwer zu verkaufen, denn die Bayern brauchen nach der verpatzten Saison dringend einen großen Namen. Ein Spieler, den man ebenfalls auf dem Schirm haben sollte, ist der gerade einmal 18-jährige Evan Ferguson von Brighton. Der irische Nationalspieler bringt vom Profil her das komplette Paket aus Physis, Technik und Abschluss mit. Unter Trainer De Zerbi fungiert er als Wandspieler, der sich immer wieder aus der letzten Linie fallen lässt, um den gegnerischen Innenverteidiger mitzuziehen. Es gibt wenige Spieler in den letzten Jahren, die mich mit ihrer Dynamik und ihrem robusten Spiel so beeindruckt haben, wie Ferguson. In der Premier League erzielte er in der abgelaufenen Saison in 19 Spielen 6 Tore und steuerte 2 Vorlagen bei. Trotz Vertragsverlängerung bis 2028 wirst du den Iren in diesem Sommer einmalig unter 100 Millionen Euro bekommen, was danach wahrscheinlich nicht mehr der Fall sein wird. Aber auch bei Ferguson fehlt für die Bayern aktuell die „Sample-Size“. Ferguson hat zwar überragende Anlagen, wirkt phasenweise in seinem Spiel etwas überhastet, weshalb er „nur 6 Tore“ auf dem Konto hat. Der Stürmer wäre, ähnlich wie Højlund, auch ein langfristiges Projekt, hat aber schon in der Premier League nachgewiesen, dass er funktioniert. Die Verantwortlichen der Bayern sollten ihn definitiv auf dem Schirm haben, auch wenn er aktuell nur Außenseiterchancen hätte.

Declan Rice

Der Engländer ist einer der gefragtesten Spieler in diesem Transfersommer und das zurecht. Der 24-jährige Rice ist vertraglich noch bis 2024 (Verein hat Option für ein weiteres Jahr) an West Ham United gebunden und ist dort nicht nur Kapitän, sondern auch zu einem absoluten Weltklasse 6er gereift. Auch das statistische Profil vom Engländer ist überragend. Rice führt in der Premier League im Durchschnitt 5,16 Zweikämpfe pro 90 Minuten und gewinnt davon 68,3 % (Rodri gewinnt bspw. „nur 60 %“ seiner Duelle, bei einer gleichen Anzahl von geführten Zweikämpfen). Dazu antizipiert Declan Rice 5,09 Pässe und fängt diese erfolgreich ab. Sein größter Pluspunkt, neben dem guten Defensivverhalten, liegt in der Passstärke des Nationalspielers (siehe unten Bild 1)

Passstatistiken Rice
Quelle: Wyscout / Passstatistiken Declan Rice

Schaut man rein auf die Zahlen aus der Premier League in dieser Saison, ist Rice mit knappen 90 % Passquote ein sehr zuverlässiger Passpieler, der gemessen an seinen „forward passes“ auch sehr progressiv denkt. Es gibt auf dem Markt eigentlich keinen Spieler, der so ein komplettes Profil für die 6 mitbringt, wie Declan Rice, und dazu seit Jahren konstant auf diesem Leistungsniveau performed. Der Kapitän von West Ham vereint Zweikampfstärke mit Spielintelligenz und gehört deswegen verdient zu den besten tiefen 6ern der Welt. Besonders beeindruckend ist sein Timing in den Zweikämpfen und seine Pressingresistenz (siehe unten Bild 1).

Rice in 4 gegen 1 Unterzahl
Quelle: Wyscout / Rice in 4 gegen 1 Unterzahl
Rice löst die Drucksituation auf
Quelle: Wyscout / Rice löst die Drucksituation auf

Der entscheidende Mehrwert für West Ham ist seine Fähigkeit in der Restverteidigung. Rice ist der perfekte Verbindungsspieler zwischen Abwehr und Angriff, mit und gegen den Ball. Vor allem im Ballbesitz fungiert Rice als „plus one player“, der sich immer ballnah bewegt (siehe unten Bild 1). Der 24-jährige 6er spielt extrem vorausschauend und scannt den Platz, bevor und nachdem er den Ball erhält, permanent. In dem unten gezeigten Beispiel gegen Leicester weiß Rice daher vorher, dass der ballnahe Spieler sofort vom Gegner gepresst werden kann (siehe unten Bild 2).

Rice als "plus one player"
Quelle: Wyscout / Rice als „plus one player“
West Ham Spieler im Zentrum leicht zu pressen
Quelle: Wyscout / ballnaher Spiel ist leicht zu pressen

In genau diesen Momenten, wenn die kurze Passoption zugestellt ist, profitiert West Ham extrem davon, dass Rice überragende diagonale Bälle spielen kann. Weltweit gehört er zu den besten Spielern, was diagonale Verlagerung anbelangt. Dazu entscheidet sich Rice auch im Spiel gegen Leicester und sieht Bowen, der ballfern im direkten 1 gegen 1 Duell mit seinem Gegenspieler steht (siehe unten Bild 1 und Bild 2).

Rice überspielt die Ketten mit einem diagonalen Ball
Quelle: Wyscout / Rice überspielt die Ketten mit einem diagonalen Ball
Bowen im direkten 1 gegen 1
Quelle: Wyscout / Bowen im direkten 1 gegen 1

Declan Rice wäre für das Mittelfeld die perfekte Ergänzung zu Joshua Kimmich, für die West Ham aber auch einen extrem hohen Preis fordert, was insgesamt der große Knackpunkt sein könnte. Wenn man den aktuellen Meldungen glaubt, wäre der neue/alte Boss Uli Hoeneß durchaus bereit, ein 100 Millionen Paket für den Engländer zu schnüren. West Ham Coach Moyes hat aber bereits angekündigt, dass man Rice in diesem Sommer zum teuersten Engländer aller Zeiten machen möchte (bis jetzt Grealish mit circa 117 Millionen Ablöse). Zum Pech der Münchener kommt, dass man bei einem möglichen Transfer enorme Konkurrenz aus der Premier League hat. Man muss sich auch hier die Frage stellen, warum Declan Rice sich für die Bayern und die Bundesliga entscheiden sollte, wenn er sich bei Arsenal einem der spannendsten Projekte der Welt anschließen kann und dort perspektivisch die Chance auf den Titel in der Premier League hat. Persönlich glaube ich, dass der Weg von Declan Rice, auch weil die Bundesliga sportlich an Attraktivität verloren hat, nicht zum deutschen Rekordmeister führen wird. Auch wenn der 24-jährige aus der Jugend vom FC Chelsea kommt, scheint mir ein Wechsel zum Stadtrivalen aus London aktuell am wahrscheinlichsten. Die Planstelle auf der 6 würde Rice bei den Bayern auf jeden Fall ideal besetzen, es gibt aber in diesem Sommer auf dem Markt einige Alternativen, die keine 120 Millionen Ablöse kosten und das Potenzial haben, in absehbarer Zeit das Leistungslevel von Rice zu erreichen.

Manuel Ugarte

Es muss einen schon wundern, dass es bei Manuel Ugarte überhaupt keine Gerüchte um einen Wechsel zum FC Bayern gab. Der 21-jährige Uruguayer steht aktuell bis 2026 bei Sporting Lissabon unter Vertrag und hat sich in der laufenden Saison überragend entwickelt. Unter Coach Ruben Amorim spielt der Uru meist auf der tiefen 6 und ist der Dreh-und Angelpunkt im Spiel von Sporting. Ugarte überzeugt dabei mit einer enormen Zweikampfstärke, robustem Spiel und einer exzellenten Technik. Alleine in der Liga führt der 21-jährige pro Spiel durchschnittlich 12,51 Zweikämpfe und gewinnt davon starke 62,3 %. Ugarte hat auch in der Champions und Europa League nachgewiesen, dass er sich auf der höchstem Niveau durchsetzen kann, denn Ugarte führt auch dort mit Abstand die meisten Zweikämpfe (12,52 in der CL / 11,22 in der EL). Durchschnittlich 52,71 Pässe spielt Ugarte in der Liga und hat dabei eine Passquote von 92,3 %. Sein größte Stärke liegt darin, dass er das Spiel überragend lesen kann und ein exzellentes Timing in den Zweikämpfen hat. Ugarte ist mit einer extrem starken Technik ausgestattet, mit welcher er Drucksituationen auf engem Raum ohne Probleme auflösen kann. Der uruguayische Nationalspieler soll in diesem Sommer eine Ausstiegsklausel über 60 Millionen im Vertrag haben, die ihn mit Abstand zum besten Preis-Leistungstransfer machen würde. Ugarte spielt zwar aktuell noch nicht auf dem selben Level wie es beispielsweise Declan Rice tut, wird sein Leistungslevel aber auf jeden Fall bald erreichen. Den 6er von Sporting wirst du nur einmalig für diese Summe bekommen, in einem Jahr ist er unbezahlbar. Die Bayern sollten sich intensiv mit dem Spieler auseinandersetzen, obwohl die Konkurrenz extrem groß sein wird. Die halbe Premier League jagt den Spieler, auch PSG soll dran sein. Für die Bayern wäre es ein überragender Transfer, der die Lücke neben Kimmich langfristig schließen könnte.

Hier kommt ihr zu einem Highlight-Video von Ugarte bei Sporting Lissabon:

(344) Manuel Ugarte 2023 – The Beast of Midfield – Amazing Skills & Tackles – HD – YouTube

Moises Caicedo

Der 21-jährige Ecuadorianer ist einer der Newcomer in dieser Premier League Saison und wird von seinem Spielstil her mit Ngolo Kante vom FC Chelsea verglichen. Bei Brighton spielt Caicedo meist auf der tiefen 6 und ist die perfekte Absicherung für Pascal Groß. Moises Caicedo ist ein sehr polyvalenter, dynamischer Spieler, weshalb er unter Trainer Roberto de Zerbi situativ auch als rechter Verteidiger aufläuft. Der 21-jährige ist, trotz seiner Körpergröße von 1,78 m, extrem Zweikampf und Kopfballstark. In der Premier League bestreitet er im Durchschnitt 6,92 Zweikämpfe und gewinnt 63 % davon. Auch sein Passspiel ist mehr als solide, im Schnitt spielt Caicedo 51,79 Pässe mit einer Quote von 90,5 %. Auffällig sind dabei seine „forward passes“ (13,3 pro 90 min 82,5 %). In dem sehr besonderen Spielstil von Brighton denkt der defensive 6er sehr progressiv und will das Spiel in die gegnerische Hälfte verlagern (6,05 Pässe pro 90 min ins letzte Drittel). Seine größte Schwäche ist die Entscheidungsfindung vor der gegnerischen Box. Caicedo’s Abschluss ist eher mangelhaft, was aber nicht ausschlaggebend für das gesuchte Profil der Bayern ist. Wenn Brighton den Gegner bei Torabstoß hoch anläuft, agiert der Ecuadorianer als eine Art „Pressing-10er“, der für hohe Ballgewinne sorgen soll. Interessant ist auch, dass Caicedo, selbst wenn er als rechter Verteidiger aufläuft, immer wieder ins Zentrum einrückt, um dort Überzahl zu schaffen zu eine zusätzliche Anspielstation darzustellen (siehe unten Bild 1).

Caicedo spielt invers
Quelle: Wyscout / Caicedo spielt invers

Für Bayern wäre der „Mini-Kante“ eine nahezu perfekte Ergänzung für das Mittelfeld und wäre wohl ab 70 Millionen zu haben. Im vergangenen Winter stand Caicedo schon kurz vor einem Wechsel zu Arsenal, lies sich aber im Endeffekt von de Zerbi zu einem Verbleib bis Sommer überreden. Auch für die kommende Saison wird Arsenal bei Caicedo wieder „all in“ gehen und versuchen ihn zu bekommen. Er könnte dort sowohl die Planstelle als rechter Verteidiger, als auch für den 6er schließen. Bevor die Bayern 120 Millionen in Declan Rice investieren, sollte man eher versuchen den Defensivspezialisten aus Brighton für 80 Millionen zu bekommen. Er hat in der besten Liga der Welt bewiesen, dass er dort zu den besten Spielern auf seiner Position gehört und würde das Bayern Mittelfeld zu sofort besser machen.

Persönliches Fazit zu den Transfers

Für den Rekordmeister wird es ein extrem richtungsweisender Transfersommer, in dem es wahrscheinlich sehr viel Bewegung geben wird. Trainer Thomas Tuchel hat laut Medienberichten Declan Rice als seinen Wunschspieler auserkoren, ich halte es trotzdem für extrem unwahrscheinlich, dass der Engländer zur neuen Saison in die Bundesliga wechseln wird. Selbst wenn Uli Hoeneß die Gelder für einen möglichen Wechsel freigegeben hat, ist das „langfristige Projekt“ Bayern München zum jetzigen Stand unattraktiver als das der Gunners. Rice könnte dazu in seiner Heimatstadt London bleiben und würde mit Arteta auf einen Trainer treffen, der ihn nochmal auf ein neues Level heben kann. Bei den Bayern herrscht dazu eine Unruhe im Verein und die Bundesliga hat in den vergangenen Jahren an Standing eingebüßt. Auch mit Arsenal kann der Engländer zukünftig um die Champions League und den Titel in der Liga mitspielen. Bei Caicedo und Ugarte halte ich es ebenfalls für sehr unwahrscheinlich, dass sie in diesem Sommer an die Säbener Straße wechseln werden. Für die Bayern würden dann nur „B-Lösungen“ überbleiben (Skhiri, Amrabat), die ihre „Sample-Size“ noch nicht auf diesem Level nachgewiesen haben. Im Sturm wird es im Gegensatz dazu auf eine ideale Lösung mit Dusan Vlahovic hinauslaufen. Auch wenn Kolo Muani lange als Wunschlösung gehandelt wurde, scheinen die Bayern sich auf den Serben versteift zu haben, was auch die deutlich bessere Variante wäre. Sollten Lucas Hernandez und Benjamin Pavard den Verein zur neuen Saison verlassen, sollte man die Augen definitiv für einen Ersatz offenhalten. Ein interessanter Spieler wäre der Argentinier Facundo Medina von RC Lens, der für mich weltweit der beste Innenverteidiger im Aufbauspiel ist und zu einem moderaten Preis zu haben wäre (siehe unten).

Medina Passspiel
Quelle: Fbref / Medina Passpiel
Medina's "pass types"
Quelle: Fbref / Medina’s „pass types“
Medina im Ballbesitz
Quelle: Fbref / Medina im Ballbesitz

Taktische Ideen

Wie bereits erwähnt, hat Thomas Tuchel zum Saisonendspurt eine extrem verunsicherte Mannschaft übernommen und versucht diese taktisch zu stabilisieren. Aus der Idee Nagelsmann’s von einem 3-4-2-1 wurde schnell wieder das klassische 4-2-3-1, in welchem die Mannschaft trotzdem die selben Probleme hatte wie davor und zusätzlich die offensive Durchschlagskraft fehlte. Tuchel setze in Linie 1 meist auf einen flachen 4+2 Aufbau, in welchem sich die beiden 6er in engen Abständen vor der eigenen Abwehrkette befanden (siehe unten Bild 1).

 Bayern im 4+2 Aufbau
Quelle: Wyscout / Bayern im 4+2 Aufbau

Selbst wenn die Bayern es in diesem Aufbau geschafft haben, die ersten Ketten des Gegners zu überspielen, hat Tuchel eher auf ein dynamisches belaufen der Zwischenräume gesetzt, anstatt diese schon fest zu besetzen, was eigentlich sehr untypisch für den Coach ist. Der Rekordmeister tat sich damit zumeist extrem schwer und hatte Probleme mit dem Auffüllverhalten in Linie 3. Die Angriffe der Bayern wurden so in den meisten Fällen über die außen eingeleitet, wo der es dem Gegner ein leichtes war die Flügelspieler zu isolieren. Anspielstationen gab es in den gefährlichen Zonen zu selten, weil dort meist in Unterzahl gespielt wurden (siehe unten Bild 1).

Quelle: Wyscout / Bayern’s Zentrum in Unterzahl

Im Spitzenspiel gegen RB Leipzig konnte man diese Fehler im Aufbau auch immer wieder beobachten. Selbst wenn Cancelo hoch in die Breite geschoben ist, hatten die Bayern ein schlechtes Timing beim Pass und zu viel Personal in der ersten Linie, weshalb Leipzig in aller Ruhe die Ketten durchschieben konnte (siehe unten Bild 1)

Leon Goretzka wirkte in seiner Rolle als vertikaler Spielgestalter oft überfordert und hatte immer wieder Probleme damit das Spiel dynamisch zu eröffnen. Hinzukommt, dass auch gegen RB das Auffüllverhalten eine Katastrophe war. Wenn Serge Gnabry sich aus der letzten Linie fallen lies, befand er sich trotzdem in einer 3 gegen 1 Unterzahl im Zentrum, weshalb er nie eine ernstzunehmende Anspielstation für Goretzka wurde (siehe unten Bild 1)

Wenn in der offensive etwas gegen Leipzig ging, dann meist durch geniale Momente von Joao Cancelo, der den Ball mit einem Kontakt in den freien Halbraum weitergeleitet hat, wie vor dem Führungstreffer. In der Restverteidigung wirkten die Bayern immer noch anfällig, da ihnen neben Joshua Kimmich der adäquate Spielertyp fehlt, um vor der Abwehr für Stabilität zu sorgen. Man muss auch leider hier wieder Goretzka als negatives Beispiel hervorheben, der viel zu häufig aus seiner Position heraus vertikal oder horizontal nach vorne verteidigt hat und somit Lücken im Zentrum gerissen hat, die Kimmich alleine nicht mehr zulaufen konnte.

Zur neuen Saison bin ich mir sehr sicher, dass Tuchel dem 4-2-3-1 treu bleiben wird (unten eingeblendet mit Personal), die Statik im Ballbesitz aber definitiv verändern muss. Wenn man die vorherigen Stationen des 49-jährigen analysiert, stand er immer für eine klare Raumzuteilung und einen flexibleren Aufbau in Linie 1. Ich denke, dass wir genau das bei den Bayern in der neuen Saison sehen werden. Im Ligabetrieb werden die Münchener wieder in fast jedem Spiel der haushohe Favorit sein und können deshalb von ihrer 4+2 Struktur im Aufbau zu einem 2+3 Aufbau übergehen. Vor der Innenverteidigung aus Upamecano und De Ligt würde sich der neue 6er positionieren. Mit Mazraoui hat man einen überragenden inversen Außenverteidiger, der im Spielaufbau als Halbraum-8er neben Kimmich agieren könnte. Für alle fünf Spieler in Linie wird es wichtig, dass sie flexibel in ihrer Struktur agieren und je nach Gegner zwischen 2+3 und 3+2 Aufbau wechseln können. Die 8er Kimmich und Mazraoui könnten immer wieder vertikal oder horizontal verschieben, um ballnah anspielbar zu sein. Für die breite in der letzten Kette sorgen die beiden „stop and go Spieler“ Davies und Coman, dazu halten sich Sane und Musiala in den 10er-Halbräumen auf. Über die Qualitäten von Jamal Musiala wurde ausreichend gesprochen, aber Leroy Sane hat bei Julian Nagelsmann in genau dieser Rolle im Halbraum ebenfalls beeindruckt und könnte dort zu einer echten Waffe werden. Sollte Dusan Vlahovic in absehbarer Zeit zu den Bayern stoßen, wäre er der ideale Zielspieler im System des Rekordmeisters. Sane und Musiala würden enorm von seinen Fähigkeiten als 9 1/2er profitieren und könnten somit deutlich größere Räume in der Tiefe bespielen, die Vlahovic ihnen öffnen würden. Auch für die Gegnerbindung und den letzten Kontakt ist der Serbe ein idealer Stürmer, der die Bayern sofort auf ein neues Level heben wird. Ein 2-3-2-3 im Ballbesitz wird ebenfalls dazu beitragen, dass das Spiel viel kontrollierter ausfallen wird, da man in Zentrum meist eine Überzahl ausspielen kann. Wichtig wird für die Münchener, dass sie in der Restverteidigung immer mindestens auf eine 2+2 Struktur zurückgreifen können, was ihnen bei gegnerischen Kontern mit dem Spielermaterial deutlich mehr Stabilität verleihen würde. Es bleibt extrem spannend an der Säbener Straße, was sich Thomas Tuchel für die neue Saison ausdenken wird. Ein erste Idee, wie die Bayern in der Grundordnung und mit dem Ball auflaufen könnten, seht ihr unten auf den Bildern.

Grundformation der Bayern
Bayern im Ballbesitz

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