Seit 19 Auftritten in Dortmund haben die Fohlen nur eine Partie in Dortmund gewinnen können. Nachdem sie am vergangenen Samstag nach 30 Minuten mit 2:0 in Dortmund führten, dachten viele an die Beendigung dieser Statistik und dennoch verlor man das Spiel in 15 Minuten vor der Pause. @marc hat sich das Spiel für euch angeschaut und erklärt, was ihm besonders gut gefallen hat und warum die Niederlage aus taktischer Sicht sehr bitter war.
Der Gladbacher Matchplan offenbart Dortmunder Schwächen
Die Mannschaft von Trainer Gerardo Seoane war bestens vorbereitet auf den BVB. Die Dortmunder agierten in den ersten Minuten ungewohnt im 2-1 Aufbau, worauf Gladbach jedoch gut reagierte und das Zentrum in zweiter und dritter Linie kompakt schloss, indem Koné und Reitz immer wieder ballentfernt unterstützten. Besonders die Dortmunder Anbindung Reus und Brandt konnten die Fohlen somit immer wieder schließen und sorgten dafür, dass Dortmund früher als es ihnen lieb war, auf die Flügel ausweichen mussten, wo die Borussia im Verbund gut gegen den Ball arbeitete und besonders in Person von Luca Netz gegen Ryerson häufig sehr wach war.
Das Team von Trainer Edin Terzic stellte so nach 15 Minuten auf den gewohnten 3-1 Aufbau mit zentral abkippendem Can um, worauf die Borussia aus Mönchengladbach jedoch ähnlich gut vorbereitet war. Erneut schaffte man die Dortmunder Wege ins Zentrum zu schließen. Im unten stehenden Bild erkennt man dabei die Vorgehensweise der Fohlen sehr gut. Jordan läuft an, während Plea die Option Sabitzer im Zentrum schließt, indem er nicht rausschiebt auf Hummels. Diesen Job sollte dann Manu Koné übernehmen, während gleichzeitig Weigl auf Brandt und Wöber auf Reus herausschoben, um das vertikale Passspiel der Gastgeber zu verhindern. Der BVB war somit gezwungen erneut über Can zu verlagern und die Fohlen konnten selbiges Muster mit Reitz und Scally auf der anderen Seite durchführen. Hierbei zeigt sich die perfekte Vorbereitung der Fohlen, denn nicht nur die erste Option über Hummels ins Zentrum wurde besprochen, sondern auch die potenziell daraus resultierende Situation über Can und Schlotterbeck wurde thematisiert.
Dortmund ändert zum dritten Mal nach 20 Minuten den Aufbau
Wenn ein Team nach 20 Minuten zum dritten Mal den Aufbau grundlegend ändert, spricht dies dafür, dass der Gegner einen hervorragenden Job gegen den Ball macht. Der BVB versuchte es nun mit einem dynamischen 3-2 Aufbau und dadurch situativ nur noch 2 Spielern (Brandt und Reus) in Linie 3. Hierdurch ergaben sich für die Fohlen 2 Baustellen, die sie jedoch auch hervorragend lösten. Der Weg zum Pressen für die Achter wurde weiter, da Dortmund nun mit Bensebaini diametral abkippend agierte und insgesamt in erster Linie somit breiter eröffnete. Zudem war Weigl in Bredouille, ob er in zweiter oder dritter Dortmunder Linie pressen sollte, seine Lösung war jedoch perfekt, er löste es sowohl als auch. Durch die hohe Positionierung der letzten Gladbacher Linie waren die Abstände für die Halbverteidiger der Fohlen ideal, um situativ aus der Kette herauszuschießen und Reus oder Brandt zu attackieren und Weigls vorschieben situativ abzusichern. Chapeau Borussia, das war groß.
Gladbacher Säulen im Positionsspiel
Wie bereits eingangs erwähnt, zeigten die Fohlen die Schwachstellen der Dortmunder schonungslos auf. Im Aufbau folgten den klaren Mustern der Fohlen immer wieder freie Räume, die sie bespielen konnten. Dortmund lief gewohnt im 4-2-3-1 an, was die Borussen clever überspielten, indem Koné Can aus der tiefen Position lockte, um den Raum zu öffnen. Netz war zunächst flach positioniert, um dem Winkel für Reus im Anlaufen von Wöber so groß wie möglich zu gestalten und die Möglichkeit zu geben, diesen zu überspielen. Dortmund bekam somit keinen Zugriff und Netz konnte den sich in Cans Rücken bietenden Raum andribbeln. Dortmunds Pressing war somit ausgehebelt. Selbiges funktionierte auf der anderen Seite, wo Bensebaini etwas aggressiver auf Honorat raus schob, wodurch sich dann in seinem Rücken immer wieder Räume ergaben, die die Fohlen über ein Steil Klatsch Steil bespielen konnten.
Die Fohlen spielten zudem immer wieder mutig in den Druck in Person von Manu Koné, um Dortmund ins Pressing zu locken im Zentrum, wodurch sich dann ballentfernt Räume für Rocco Reitz ergaben. Hierbei nutzten die Fohlen dann das Vorwärtsverteidgen von Ryerson, um Netz in letzter Linie frei zu spielen. Mit etwas mehr Präzision im Abschluss hätte die Borussia in der dritten Minute durch Netz bereits in Führung gehen müssen.
Die ballentfernt hohe Position nutzten die Fohlen dann auch zur zwischenzeitlichen 1:0 Führung durch Reitz. Hierbei profitierten sie vor allem von einem katastrophalen Stellungsfehler von Emre Can und der klugen Positionierung von Reitz, welcher Sabitzer in letzter Linie bindet.. Der dadurch sich öffnende Zehnerraum wird von Lasso Plea erkannt, der sich aus der letzten Linie löst und dort aufdrehen kann. Sabitzer hat in der Zwischenzeit vergessen, dass er Reitz tief aufnehmen wollte und lässt ihm die entscheidenden 2 Meter Freiraum, welche Plea sofort erkenn und ihn auf die Reise schickt. Der Rest ist dann unfassbar abgezockt vom Gladbacher Juwel, der die Führung erzielen kann.
Doch auch ein weiteres Muster der Fohlen führte immer wieder zum Erfolg. Dem aufmerksamen BX-Leser dürfte dieser Spielzug in dieser Saison bereits häufiger aufgefallen sein, indem die Fohlen mit einem Ball aus der Halbverteidigerposition in die Spitze das Mittelfeld überspielen, um dann aus Selbigem eine Anschlussoption unter dem Ball zu finden. Hier sind Koné, Weigl und Reitz allesamt perfekt unter dem Ball positioniert und bieten die Option für die Ablage Jordans, während Plea bereits in Jordans Rücken tief einläuft. Dieses Muster führte immer wieder zu gefährlichen Aktionen und Eckbällen, einen davon nutzte Koné dann dank toller Einzelleistung zum zwischenzeitlichen 0:2 und ließ die Fans der Gladbacher vom Auswärtserfolg träumen.
Dortmund dreht das Spiel und niemand weiß wie
In Minute 30 kommen die Dortmunder zum Anschlußtreffer durch Sabitzer kurz nach dem 2:0 der Fohlen. Hierbei profitieren sie von einem Ballverlust der zu hoch aufgerückten Gladbacher Mannschaft, die in diesem Moment, vielleicht auch von der Euphorie über den 2 Tore Vorsprung getrieben, zu gierig agiert und den Ball durch ein vermeintliches Foul von Reus an Koné am Dortmunder Strafraum erobern und sofort umschalten. Wöber verliert in der Folge das direkte Duell gegen Brandt und Gladbach den zweiten Pfosten aus dem Auge. Hier kann dann Sabitzer abschließen, der davon profitiert, dass Scally seinen Schuss unhaltbar für Nicolas abfälscht. Mit etwas mehr Glück kann Scally den Schuss vollends blocken und nicht aufs Tor abfälschen.
Das 2:2 fällt dann zu schnell und zu einfach, die Fohlen laden Dortmund regelrecht dazu ein. Honorat verpasst den Laufweg von Bynoe Gittens aufzunehmen (siehe Bild oben) und dadurch kann dieser den Flugball von Bensebaini mit 2 Metern Vorsprung auf den Franzosen erreichen. Elvedi versucht noch zu retten, steht dadurch jedoch genau zwischen Bynoe Gittens und Füllkrug, wodruch Ersterer auf Letzteren ablegen kann. Dass Füllkrug diesen Ball Volley an den Innenpfosten und von dort ins Tor befördert, fällt zweifelsohne auch mit in die Kategorie Spielglück, welches an diesem Tag nicht auf Gladbacher Seite war, auch wenn man viel dafür tat, sich dieses zu verdienen. Dass beim 3:2 Koné den Ball verstolpert und Bynoe Gittens trotz potenziell strafbarer Abseitsstellung von Reus das 3:2 für Dortmund noch vor der Pause markieren kann, passt ins Bild.
Die zweite Hälfte bringt nicht mehr viel
Da Dortmund immer wieder die Schnittstelle zwischen Honorat und Scally findet und Bynoe Gittens zunehmend mehr auf die Gladbacher Box zudribbeln kann, veranlasst Gerardo Seoane dazu, auf ein 4-2-3-1 umzustellen, um Scally in direkte 1:1 Duelle gegen den Dortmunder Außenspieler zu bringen. Honorat hatte somit vor allem den Vorteil, dass er in der Offensive nun aktiver werden konnte und deutlich höher in der Position agieren konnte. Die Hereinnahme von Ngoumou sorgte zudem dafür, dass Gladbach Dortmund nun in der Breite binden konnte und die Tiefe durch Tiefenläufe von Lasso Plea im Rücken von Bensebaini oder Ryerson attackieren konnte. Im unteren Bild erkennt man dieses Muster sehr gut, besonders Weigl und Koné konnten somit immer wieder über das Zentrum auf die Außen verlagern.
Fazit: Sehr gut gespielt, aber kein Spielglück gehabt
Die Fohlen zeigten die wahrscheinliche beste Leistung der letzten Jahre, besonders in Halbzeit 1. Die Mischung aus gutem Matchplan und individual taktisch cleveren Entscheidungen stellten den BVB in dessen HEIMSPIEL des Öfteren vor Probleme. Dass jedoch kleine Nachlässigkeiten zu den Gegentoren führten, passt nicht wirklich zum Spiel. Dieser BVB wäre mit der Gladbacher Leistung absolut schlagbar gewesen und der Auftritt der Fohlen machte Lust auf mehr. Mit etwas Glück hätte Christoph Kramer nach Einwechslung kurz vor Schluss den verdienten Ausgleich markieren können. Stattdessen konnte Malen frei aufs Gladbacher Tor zudribbeln nach der letzten Ecke, bei der Moritz Nicolas mit in der Dortmunder Box weilte, und den 4:2 Endstand markieren, der die Leistungsverhältnisse in diesem Spiel nicht widerspiegelt markieren. Dennoch bleibt: Die Fohlen sind auf einem guten Weg, die verschiedenen Systeme von 5-3-2 bis 4-2-3-1 und ihre Automatismen greifen mehr und mehr und die Mannschaft wird sich belohnen.