StartAnalysenDer erste Punkt für Borussias U23 in Aachen- spieltaktische Analyse

Der erste Punkt für Borussias U23 in Aachen- spieltaktische Analyse

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Die U23 hat am vergangenen Freitag am 3. Spieltag der Regionalliga West ihren ersten Punkt eingefahren. Obwohl die Leistung, besonders in Halbzeit 1 nicht gut war, konnte das Team am Ende ein verdientes 2:2 bei einem der Topfavoriten auf den Aufstieg einfahren. In der Analyse zeigt euch @marc , was gut lief und warum die Borussia mehr bei sich bleiben sollte und sich weniger dem Gegner anpassen sollte und wo noch Luft nach oben ist.

Der Plan

Die Borussen mussten den gesperrten Keeper Max Brüll ersetzen, für ihn stand Profileihgabe Olschowsky im Tor, der später noch im Mittelpunkt stehen wird. Vor ihm agierten die Borussen im gewohnten 4-2-2-2 mit Korb, Andreas, Kemper, Ullrich in der Viererkette. Davor agierten Fraulo und Reitz, die die Absicherung für Asallari und Borges Sanches auf der 10 darstellten. Im Sturmzentrum agierte erneut das Duo Naderi und Fukuda. Aachen hingegen setzte auf ein 4-3-3 mit assymmetrischen Außenverteidigern, wie unten im Bild zu sehen.

Die Borussia kommt nicht gut ins Spiel

Die Alemannia macht es in der ersten Halbzeit mit Ball phasenweise wirklich gut. Im unteren Bild ist ein Beispiel dafür, wo der ballnahe Achter Fraulo auf Flügel zieht und das Zentrum somit öffnet für den invertierenden Flügelspieler. Die Borussia kommt durch die gegenläufigen Bewegungen der Gastgeber kaum in gute Winkel für Pressingsituationen.

Zudem sind die jungen Borussen zu häufig im Zentrum etwas zu schläfrig gegen den Ball. Im unteren Beispiel findet Asallari einen guten Winkel im Anlaufen und lenkt den Außenverteidiger ins Zentrum, wo die Borussen gegen Wuppertal immer wieder zuschnappen konnten. Im vorliegenden Beispiel verschläft Fraulo das Zulaufen der gegnerischen Acht und ermöglicht Aachen das Überspielen von Asallari durch ein einfach „Spiel über den Dritten“, wodurch Gladbach in die Rückwärtsbewegung gedrängt wird. Diese kleinen Nachlässigkeiten wurden der Borussia immer wieder zum Verhängnis, da Aachen es in der Anfangsphase gut verstand, diese sich auftuhenden Räume zu nutzen und Gladbachs ersten beiden Linien immer wieder zu überspielen.

Während man gegen Wuppertal auch immer wieder stark die gegnerischen Sechser mithilfe des ballentfernten Stürmers attackierte, fehlte gegen Aachen genau dort das Timing. Im erneuten Anlaufen von Asallari kann dieser einfach überspielt werden, da sich Naderi nicht um den freien Sechser im Aufbau kümmert, sondern auf den Ball zum ballentfernten Innenverteidiger schielt. Erneut kann sich Aachen somit viel zu einfach aus dem potenziellen Druck lösen und über das Zentrum in die Breite öffnen.

Auch in der Restverteidigung waren die Fohlen oft einen Schritt zu spät und ermöglichten es den Aachenern, die Tiefe zu finden und in den Rücken der Kette zu kommen. Somit müssen die jungen Fohlen immer wieder investieren, um den Ballbesitz zurück zu erobern.

Gladbachs größtes Problem: der eigene Ballbesitz

Neben den Nachlässigkeiten hat die Borussia ein größeres Problem am Freitagabend, das Spiel mit Ball. Im Ballbesitz versucht die U23 der Fohlen normalerweise ein kontrolliertes Aufbauspiel mittels guter, variabler Positionierung in den Halbräumen aufzuziehen. Nicht jedoch in Halbzeit eins gegen die Aachener. Nachfolgend lässt sich ein Problem erkennen. Borussia im Aufbau mit Ballbesitz auf Innenverteidigerposition, im Halbraum positioniert sich Fukuda gut, Asallari steht bereit für den potenziellen Anschluss unter dem Ball, stattdessen wird der Ball diagonal geschlagen, was zum Ballverlust führt.

Jedoch liegt die Fehlerquelle in einigen Situationen nicht nur in der Entscheidungsfindung der Innenverteidigung der Fohlen, sondern darin, dass die Offensivakteure gar nicht erst in die Positionierung kommen. Dies lässt sich anhand von Naderi im unteren Beispiel gut erkennen. Via Naderi und Fraulo im Anschluss unter dem Ball könnte die Seite auf die freie, ballentfernte Position Ullrich verlagert werden, stattdessen erneut ein langer Ball, der im Ballverlust mündet, den Fohlen fehlt die Geduld.

Die beiden Bilder lassen erahnen, dass dieses Problem ein reines rechtseitiges im Spiel der Fohlen sei, jedoch traten ähnliche Muster auch auf der linken Seite auf. Im Aufbau von Kemper kann die Borussia Borges Sanches im Halbraum und über Fukuda hinter die Kette über Ullrich kommen. Stattdessen kommt – leider erneut- der diagonale Ball samt Ballverlust. Aachen erlangt somit sehr häufig den Ballbesitz trotz eigener teils schlechter Positionierung im Halbraum vor der eigenen Kette.

Grundlegende Probleme noch vor der eigenen Kette

Wie am oberen Bild sehr gut zu erkennen ist, vielen die Sechser der Borussia zu oft in den Deckungsschatten des anderen ab. Im oberen Beispiel steht Reitz komplett hinter Fraulo, wodurch die Borussen erneut nicht die spielerische Lösung durch das Zentrum finden können.

Doch die Borussia wird stärker

Auf den ersten Blick sieht der obrige Screenshot genau nach dem aus, was eben kritisiert wurde, jedoch ändert sich ein Detail wodurch der lange Ball in dieser Situation gerechtfertigt ist. Naderi kommt gut in die Position und kann den Innenverteidiger binden, wodurch Fukuda den sich auftuhenden Raum dahinter attackieren kann. Der Ball auf ihn ist wohl temperiert und dennoch wird Fukuda zu unrecht aufgrund eines vermeintlichen Abseits zurückgepfiffen.

Doch die Positionierung der Fohlen wird besser und immer häufiger bespielen sie diese auch. Via Fraulo können sie Asallari im Rücken der gegnerischen 3er Kette im Mittelfeld freispielen und dieser kann mit Tempo auf die Kette zu gehen, wodurch die Fohlen ihre erste Torchance kreieren können.

Asallari ist es auch, der in der Folge immer häufiger gefunden wird. Kemper eröffnet mit Chipball über die Ketten der Gastgeber und spielt Asallari erneut vor der gegnerischen Kette frei, wodurch Aachen im Pressing ballnah überspielt werden kann.

Die Führung der Borussia der Borussia

Die jungen Fohlen gehen in Minute 22 durch Asallari in Führung. Dies geschieht dank einer Reihe von Fehlern der Aachener, die die Borussia aber erzwingt. Zunächst sieht man die ballnahe Gleichzahl auf der linken Seite mit konsequentem Nachschieben von Ullrich. Ballnah sind die Winkel gut, man kann Aachen ein erstes Mal in die Rückwärtsbewegung zwingen. Dort trifft der Aaachener Sechser dann eine folgenschwere Entscheidung, wie man oben bereits erkennen kann, indem er sich aus dem Zentrum nach außen absetzt, wodurch der Aachener Außenverteidiger den Ball zum Innenverteidiger spielen muss. Naderi geht diesem sofort nach und lauert auf den Fehler, den dieser dann auch begeht. Naderi schaltet schnell, wie unten zu sehen ist und findet Fukuda als Option in der Mitte, der die Überischt behält und wie man unten sehr gut sieht, Asallari am zweiten Pfosten bedienen kann.

Aachen dreht die Partie dank ganz komischer 60 Sekunden

Als Reaktion auf das immer besser werdende Anlaufen der Gäste aus Mönchengladbach, kippt der Aachener Sechser zentral zwischen die Innenverteidiger, wodurch die Borussia keinen Druck auf den ballführenden Spieler bekommt. In der Folge kann dieser dann mit dem Longline Ball den Aachener Außenstürmer im Rücken von Ullrich finden, der auf den Ball zum hochgeschobenen Außenverteidiger spekuliert, spielen.

Zunächst scheint diese Szene ungefährlich, da Phil Kemper den Laufweg früh aufnimmt und den Ball abschirmen kann. Dann jedoch gibt „Kempo“ die Innenbahn auf, wie unten vergrößert dargestellt zu sehen ist. In der Folge steht Aachen in Überzahl im Gladbacher Fünfer und kann den Ausgleich markieren.

Doch damit nicht genug. Genau drei Pässe sind nach Anpfiff gespielt, da sorgt das Team von Trainer Eugen Polanski für die Führung der Gastgeber, ohne dass diese etwas dafür tun müssen. Erneut ist es Kemper, der den Ball zu seinem Torhüter spielen will, welchen er zentral vor dem eigenen Tor vermutet. Ohne sich von dieser Vermutung zu vergewissern, spielt er den Ball, während Olschowsky damit nicht zu rechnen scheint, da er nicht in direkter Linie zum eigenen Tor steht. Den Ball, welcher auf das eigene Tor geht, ist in der Folge eigentlich noch klärbar, jedoch stolpert Olschowsky in nahezu ins eigene Tor, die Borussia bringt sich also dank zwei katastrophaler Aussetzer selbst ins Hintertreffen.

Halbzeit 2- die Fohlen sind wacher

Mit Beginn der zweiten Hälfte zeigt die Borussia vieles von dem, was gegen Wuppertal bereits sehr gut war. Mutiges Anlaufen der Außenverteidiger (hier im Beispiel Korb) gepaart mit mutigem Nachschieben des Innenverteidigers und gutes Schließen des Zentrum durch den ballnahen Zehner ermöglichen es, immer wieder den Ballbesitz zurück zu erobern.

Das Problem der Entscheidungsfindung im Umschalten

Dank der guten Energie gegen den Ball erobern die Borussen immer wieder den Ball in der Aachener Vorwärtsbewegung und können im gegnerischen Stadion kontern. Leider ist es immer wieder Asallari, dem das Auge für den besser postierten Mitspieler im Umschalten fehlt (siehe oberes und unteres Bild). In beiden Beispielsituationen bedient er nicht den Mitspieler, sondern geht selbst ins Dribbling, was jedoch erfolglos bleibt. In diesen Umschaltgelegenheiten wäre für die junge Fohlenelf mehr drin gewesen.

Doch auch Yvandro Borges Sanches fällt mit ähnlichen Negativbeispielen auf. Im unteren Screenshot schafft es die Borussia mittels Steil-Klatsch ihn mit offenem Fuß in Spielrichtung frei zu spielen, während Ullrich eine perfekte Anschlussaktion in die Tiefe hat. Diese jedoch nutzt Yvandro nicht, geht ins 1vs2 und verliert den Ball, bitter.

Doch die Positionierung wird auch gut genutzt

Anhand dieser Beispielszenen lässt sich erkennen, warum man am Ende von einem verdienten Punktgewinn für die Fohlen in Halbzeit sprechen kann. Sie kommen häufiger in die Zwischenräume und finden die Verbindungsspieler im Zentrum. Somit können sie immer häufiger mit Tempo auf die Aachener Kette zudribbeln und diese attackieren.

Zudem finden sie auch am Flügel immer mehr die Tiefe, da die Außenverteidiger, hier Julian Korb, immer mutiger werden im Spiel nach vorne. Wenn auch die Chancen dadurch nicht immer entstehen konnte, da die Boxbesetzung nicht genutzt wurde, so tat man den Aachenern damit doch immer wieder weh und brachte sie ins Zweifeln. Der Ausgleich war zu diesem Zeitpunkt eine frage der Zeit.

Die vorerst größte Chance bleibt ungenutzt

An diesen beiden Bildern lässt sich die Auswirkung des eben beschriebenen gut erkennen. Die Tiefe wird gefunden, die Boxbesetzung passt und der freie Abschluss vor dem Tor der Gastgeber kann generiert werden. Dass es hier noch nicht zum Ausgleich kommt, ist pures Glück für den Gastgeber.

Die Erlösung kurz vor Schluss: der Ausgleich

Nachdem die Borussia einen Freistoß in Strafraumnähe durch Fraulo in den Strafraum der Gastgeber chippt, sind diese kurz unsortiert, was die Fohlen (zum Glück) ausnutzen können und durch Büyükarslan, welcher nicht im Abseits steht, zum Ausgleich kommen. In der Folge erspielt sich Aachen jedoch noch ein, zwei Gelegenheiten, jedoch kann die Fohlenelf den Punkt mit nach Gladbach nehmen.

Fazit: Ein wichtiger Punkt, aber noch viel Luft nach oben

Positiv hervorzuheben, ist sicherlich, dass die Mannschaft kurz vor Schluss zum Ausgleich gekommen ist und sich diesen in der zweiten Hälfte der Partie auch erarbeitet und verdient hat. Jedoch muss man an dieser Stelle auch erwähnen, dass man sich erneut selbst eine große Hypothek geschaffen hat, indem man dem Gegner nahezu die Führung schenkte. Der dritte Torwartfehler im dritten Spiel hätte mit Sicherheit auch andere Folgen haben können.
Besonders im ersten Durchgang wirkte die Mannschaft der Borussia nicht immer hundertprozentig frisch und aufmerksam, zudem spielte sie zu ungeduldig und besetzte entscheidende Räume zu spät oder bespielte diese erst gar nicht, sofern besetzt.

Wenn man zukünftig mehr Ertrag aus solchen Spielen ziehen möchte, bedarf es einer geduldigeren Leistung im Aufbau und einer entschlosseneren im eigenen Defensivverhalten. Denn genau in diesen Themen hatte man in Aachen sehr viel Luft nach oben.

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