Inzaghi fast unschlagbar in Endspielen
Mittwochnacht konnte Vincenzo Italiano mit Fiorentina Geschichte schreiben, denn im Coppa Italia Finale 2023 hatten sie die Möglichkeit, den ersten Titel für Fiorentina seit 2001 zu gewinnen. Simone Inzaghi und seine Mannschaft hatten aber etwas dagegen und setzten sich mit einem 2:1 Sieg durch. Der Inter Trainer gewann damit zum dritten Mal den italienischen Pokal, nur 3 Trainer taten dies öfter als er. In diesem Artikel analysiert Alex, wie die beiden Trainer ihre Teams taktisch einstellen.
Grundformationen
Beide Mannschaften begannen mit ihrer Top 11, nur Lukaku musste bei Inter für Dzeko auf der Bank Platz nehmen, weil Inzaghi aufgrund der vielen Spiele seine Stürmer regelmäßig rotiert. Wie gewöhnliche agierte Inter in ihrem 3-5-2 System und Fiorentina in einem 4-2-3-1, das im Spiel aber nur selten tatsächlich eines war.
Inter im Ballbesitz
Inzaghis Mannschaft konnte das Spiel meistens nicht in einer 3+1 Struktur aufbauen, da diese sehr einfach und hoch von Fiorentina angepresst werden konnte. Obwohl Inzaghi im Pokal, den mit dem Ball am Fuß schwachen Handanovic, spielen ließ, baute er ihn in den Aufbau ein, um eine Überzahlsituation zu erzeugen. Zwei Innenverteidiger positionierten sich auf seiner Höhe, Acerbi schob ins Zentrum. Brozović ließ sich außerdem oft fallen, um das Spiel aufzubauen, währenddessen schob Bastoni auf die linke Außenbahn, was dafür sorgte, dass Dimarco noch mehr Freiheiten nach vorne hatte und ständig sogar bis in die letzte Linie schob. Damit machten sie es fast unmöglich für Fiorentina, ihr gewöhnliches Mann-Mann-Pressing zu spielen, da sie damit immer mindestens einen Gegenspieler, meistens einen der Wingbacks, frei lassen würden.
Wenn Inter aber ihr Spiel höher aufbaute, zum Beispiel durch Ballgewinne, konnten sie Handanovic nicht als zusätzlichen Feldspieler einbauen. In diesen Situationen bauten sie dann in einer 3+1 Struktur auf. Acerbi schob dafür wieder in das Zentrum der Verteidigung zurück und Brozovic gab meist den Regista.
Fiorentinas Pressing
Diese Struktur ermöglichte, dass Fiorentina wieder effektiver pressen konnte. Dadurch zwangen sie Inters Abwehrspieler oft den langen Ball zu schlagen, den sie durch aktives Vorverteidigen sehr oft gewinnen konnten.
Genau so eroberte sich „La Viola“ auch den Ball vor ihrem Führungstor. Nach einem langen Ball von Acerbi reagierte der eingerückte Dodo schneller als Lautaro, kam vor ihm zum Ball und konnte direkt den Gegenangriff einleiten.
Fiorentina zeigte bei diesem Tor, was sie so gut macht. In der Folge liefen sie in einer 3v3 Situation auf das Tor von Handanovic zu. Sie besetzten die Box gut, sodass darin ballfern eine 2v2 Situation entstand. Weil Bastoni auf Cabral achtete und auf ihn schob verlor er Nicolás González im Rücken aus den Augen, der dann unbedrängt einschieben konnte.
Inters Wege der Ballprogression
Umgekehrt konnte der lange Ball auf Dzeko und Lautaro aber auch die Größte Waffe für Inter sein. Aufgrund des hohen Pressings befanden sich die beiden Stürmer oft in 2v2 Situationen. So konnte Inter ein paar Mal richtig gefährlich werden, dabei scheiterte es am Ende nur mehr am Abschluss, vor allem bei Dzeko. Beide Tore von Inter entstanden durch individuelle Fehler der Fiorentina Abwehr, aber auch durch die individuelle Klasse von Barella und Lautaro Martinez. In den letzten 30 Minuten war der lange Ball, unter anderem auf Lukaku, das Hauptmittel zur Ballprogression für Inter. Das führte jedoch meist nur zu sehr einfachen Ballverlusten, da die Abschläge von Handanovic mit einer Quote von 35% (8/23) nur sehr selten einen Mitspieler fanden.
Inter schaffte es aber nicht nur mit hohen Bällen oder über die Außen in das zweite und letzte Drittel, sondern auch flache vertikale Pässe durch Lücken im Zentrum waren ein Mittel dafür. Entweder wurde einer der drei Mittelfeldspieler angespielt, in den meisten Fällen war es aber ein Stürmer, vor allem Lautaro, der oft tief abkippte um den Ball zu erhalten. Damit drehte er dann auf und trug ihn entweder selbst nach vorne oder spielte einen seiner in die Tiefe startenden Flügelverteidiger an.
Fiorentina im Ballbesitz
Fiorentina baute meistens in einem 2er Aufbau in der ersten Linie auf. Dabei kippte Amrabat ab, der oft fast eigenständig die Spieleröffnung übernahm, währenddessen schob Martínez Quarta, der eigentlich ein Innenverteidiger ist, ins Mittelfeld. Die Außenverteidiger positionierten sich dabei auf einer Linie mit dem Mittelfeld oder sogar höher, wobei derjenige auf der ballnahen Seite sich regelmäßig auch zurückfallen ließ, um eine weitere Anspielstation im Aufbau zu bieten. Die Mittelfeldspieler positionierten sich zwischen den Linien und rotierten ständig in ihren Positionen.
Anfangs presste Inter diesen Aufbau an, wobei die beiden Achter auf die Außenverteidiger schoben. Daraus resultieren aber oft riesige Räume im Zentrum und eine Unterzahlsituation für Inter. Im Laufe des Spiels, vor allem nach dem Führungstreffer, agierten sie deshalb in einem mid-block, wobei die Mittelfeldspieler das Zentrum priorisierten und somit die Außenverteidiger über lange Strecken nicht unter Druck setzen. Dadurch konnte Fiorentina ebenfalls wie Inter den Ball Großteils nur über ihre Außenspieler nach vorne befördern.
Bei Florenz positionieren sich immer einige Spieler in der letzten Linie, im besten Fall so viele, dass sie sich jeweils in 1v1 Situationen befinden. Dabei ist es nicht von sehr großer Bedeutung, ob der Stürmer sich im Zentrum oder auf dem Flügel befindet. Ikone schob in vielen Situationen zu Bonaventura ins Zentrum, während Cabral und González die Breite hielten.
Das Spiel von Italianos Mannschaft im Ballbesitz basierte wie immer auf vielen langen Bällen und Flanken. Vor allem gegen Ende der Partie spielten sie sich damit sehr viele gute Möglichkeiten heraus. Insgesamt schlug die Mannschaft 21 Flanken, mehr als doppelt so viel wie Inter. Unter anderem damit kreierten sie sich über 90 Minuten 19 Schüsse, 6 davon gingen auf Inters Kasten und 3 davon waren Großchancen. Die Strafraumbesetzung war dafür wieder entscheidend. Fiorentina hatte oft gleich viele oder sogar mehr Spieler im gegnerischen Strafraum als Inter selbst. Ihre Ineffizienz kostete „La Viola“ jedoch die Möglichkeit auf eine Verlängerung, die sie auf jeden Fall verdient gehabt hätten.
Fazit:
Vincenzo Italiano hat wieder einmal für sich Werbung gemacht und gezeigt, wie attraktiv der Fußball ist, den er spielen lässt. Jedoch sah man auch dass es nach wie vor Schwächen gibt, an denen gearbeitet werden muss, um auch solche Spiele zu gewinnen. Inzaghi bleibt weiterhin ein „Serial Winner“ in Pokalwettbewerben und gewinnt sein siebtes Finale in Folge. Beide Trainer haben noch die Möglichkeit einen internationalen Titel zu holen und beide Trainer haben diese Saison, vor allem gegen Ende, richtig gute Arbeit geleistet.