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Wie Bayern Führungen verspielt, wie Haller den BVB zum Meister macht und wie Sebastian Hoeneß den VfB Stuttgart rettet – 3 Beobachtungen zum 33. Spieltag

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Der 33. Spieltag der Bundesliga sah unter anderem einen Wechsel an der Tabellenspitze, der dafür sorgte, dass der BVB nun aus eigener Kraft Meister werden kann, Hertha endgültig absteigen und Leipzig sich für die Champions League qualifizieren.

Darüber hinaus machten Bremen und Hoffenheim (nach menschlichem Ermessen) den Klassenerhalt fix, während Schalke bis auf Platz 17 abrutschte und nun auf ein Wunder am letzten Spieltag in Leipzig hoffen muss.

Hier sind 3 Beobachtungen zum 33. Spieltag von Dominic.

1 – FC Bayern: Meister der verspielten Führungen

„Der FC Bayern wird Meister, weil die anderen einfach zu dumm dafür sind.” Diese Binsenweisheit galt in den letzten 10 Jahren ausnahmslos. Welch Ironie, dass nun höchstwahrscheinlich der BVB Meister wird, da ausgerechnet der FC Bayern einfach zu dumm war, Meister zu werden.

Das Spiel gegen Leipzig zeigte erneut: Der FC Bayern wird in dieser Saison nur Meister im Führungen verspielen. Dominierte man die erste Hälfte noch weitestgehend und hätte sogar höher führen können (1,33 zu 0,45 xG zur Halbzeit), gab man das Spiel in der zweiten Halbzeit mit einem enormen Spannungsabfall komplett her (0,31 zu 2,19 xG).

Es war bereits die 8. Führung, die der FC Bayern in dieser Saison verspielte. Fünfmal erzielte der Gegner noch den Ausgleich und ganze dreimal verlor der FCB das Spiel noch. Nur der FC Augsburg verspielte in dieser Saison noch häufiger eine Führung (neunmal). Der BVB verspielte lediglich 4 Führungen, RB Leipzig sogar nur 3.

Ganze 19 mehr oder weniger sicher geglaubte Punkte ließen die Bayern im Verlauf der Saison noch auf der Strecke. Nur der FC Augsburg (23) und Werder Bremen (22) verspielten in dieser Bundesliga-Saison noch mehr Punkte nach Führungen.

Lange sind sie her, die Tage unter Pep Guardiola, als nach einem Rückstand gegen die Münchner, für den Gegner nichts mehr zu holen war. Vielmehr scheint es momentan so, als würden sich gerade nach einer Führung die individuellen Fehler der Bayern häufen und die Kontrolle zum Teil komplett abgegeben werden. Selbst Spiele, wie das gegen Augsburg, als der FC Bayern nach einer 4:1-Führung noch 2 Tore herschenkte, zeigen, dass beim Rekordmeister nicht mehr konsequent bis zum Ende verteidigt wird.

Während die Bayern, in dieser Saison, in der ersten Halbzeit 11 Gegentore hinnehmen mussten, sind es in der 2. Halbzeit ganze 28 Stück. Fast drei Viertel ihrer Gegentore (71,79%) fielen somit in der 2. Halbzeit. Das ist mit Abstand der höchste Anteil der gesamten Liga.

Grundsätzlich sind die Bayern ungewohnt schwach in Halbzeit 2. Schaut man sich nämlich nur die Tabelle der ersten Halbzeit an, wäre die Münchner Welt noch in Ordnung. Mit 81 Punkten hätte man bereits jetzt, nach 33 Spielen, mehr Punkte auf dem Konto als in den letzten zwei Saisons nach 34 Spieltagen und ganze 19 Punkte Vorsprung auf den BVB. Die Tordifferenz würde +46 betragen und wäre doppelt so gut wie die der Dortmunder.

In der Tabelle der 2. Halbzeit aber wären die Bayern mit 47 Punkten lediglich auf Platz 10 der Liga. Die Tordifferenz würde auch nur +7 betragen. Eine ziemlich erschreckende Diskrepanz. Eine Punkte-Differenz von 34 zwischen beiden Halbzeiten ist mit Abstand die Höchste der Liga. Die nächsthöchste hat Union Berlin mit 11. 

Ganze 12 zweite Halbzeiten „verlor” der FC Bayern in dieser Saison. Lediglich 5 andere Teams verloren mehr 2. Halbzeiten.

Doch nicht nur mit den verspielten Punkten hat der FC Bayern des Öfteren Geschenke verteilt. Der FC Bayern hat in dieser Saison, auch aufgrund individueller Fehler, bereits 9 Elfmeter verursacht (davon wurden 8 verwandelt). In der Bundesliga verursachte lediglich der VfL Bochum mehr Elfmeter. Von den 37 Gegentreffern der Münchner waren also 21,63% vom Elfmeterpunkt. Das ist die höchste Quote der Liga und ein Problem, das sich durch die Saison zieht. Das Pokal-Aus gegen den FC Freiburg wurde ebenfalls mit einem verursachten Elfmeter besiegelt und auch gegen Manchester City in der Champions League verursachten die Bayern einen Elfmeter.

Zum Vergleich, der BVB verschuldete in der Saison lediglich 1 einzigen Elfmeter (2,38% der Gegentore).

Der BVB spielt natürlich eine, für seine Verhältnisse, absolute Top-Saison und vor allem die Rückrunde sucht seinesgleichen. Aber gewissermaßen hat sich der FC Bayern in dieser Saison auch selbst geschlagen. Auf und neben dem Feld. 

Weltfussball 2. Halbzeit Tabelle
Quelle: weltfussball.de

(Die Bundesliga-Tabelle der 2. Halbzeit.)

2 – Sébastien Haller: Mit einer klaren Nummer 9 zum Titel

Was lange währt, wird endlich gut. Und sie mussten lange auf ihn warten. Ganze 6 Monate musste der BVB, aufgrund einer Hodenkrebs-Erkrankung, auf seine neue Nummer 9 warten. So lange, dass sich der BVB dazu verpflichtet gefühlt hat, Anthony Modeste ebenfalls zu verpflichten.

Dass Haller jetzt überhaupt auf dem Feld steht, gleicht eigentlich einem Wunder, seine Leistungen auf eben jenem Feld, noch viel mehr. Selbst als Haller nach seiner Rückkehr (logischerweise) etwas mit dem Rhythmus zu kämpfen hatte (2 Torbeteiligungen in den ersten 9 Spielen), war er aufgrund seiner Spielweise von Anfang an enorm wichtig für die Mannschaft von Edin Terzić und ist seither nicht mehr aus der Startelf wegzudenken.

Denn mit Haller in der Mannschaft verloren die Dortmunder in 18 Spielen nur einmal (2:4 gegen den FC Bayern).

Zum Vergleich, in den ersten 15 Spielen der Saison, die der BVB allesamt ohne Haller bestreiten musste, schoss er nur 25 Tore, holte lediglich 25 Punkte und war auf Platz 6 der Tabelle. Der FC Bayern schien mit einem 9-Punkte-Polster uneinholbar, zudem hatten er zu dem damaligen Zeitpunkt fast doppelt so viele Tore erzielt (49).

Doch der BVB bewies das Gegenteil. In den 18 Spielen mit Haller holte der BVB unglaubliche 45 Punkte (2,5 pro Spiel). Ohne ihn waren es nur 1,67 Tore und 1,67 Punkte pro Spiel. Zudem erzielte der BVB in diesen 18 Spielen 56 Tore (3,11 pro Spiel). Das ist fast doppelt so viel wie ohne Haller und der mit Abstand beste Wert der Liga (Bayern kommt in dieser Zeit nur auf 41 Tore).

Auch der Dortmunder xG-Wert von 46.24 (2,57 pro Spiel) ist der beste der Liga. Ohne Haller waren es lediglich 26.63 xG (1,78 xG pro Spiel).

Obwohl Haller oft auch hoch angespielt wird, kann er so ziemlich jeden Ball festmachen, da vor allem sein erster Kontakt sehr gut ist. Generell ist sein Spiel mit dem Rücken zum Tor momentan so ziemlich das beste der Liga. 

In gewissen Phasen des Spiels lässt sich Haller teilweise bis ins Mittelfeld fallen (siehe Bild). Somit bindet er Gegenspieler, die ihm folgen, und er schafft Räume für Spieler wie Malen, Adeyemi und Bellingham.

Donyell Malen hatte ohne Haller lediglich 2 Vorlagen und kein Tor in 10 Spielen. Karim Adeyemi sogar nur 1 Vorlage und ebenfalls kein Tor in 11 Spielen. Doch durch die Räume, die sich durch Haller aufgetan haben, sind beide regelrecht explodiert.

Malen kommt nun auf 14 direkte Torbeteiligungen (9 Tore + 5 Vorlagen) in 15 Spielen an der Seite von Haller und Adeyemi auf 11 (6 Tore + 5 Vorlagen) in 12 Spielen.

Doch auch seiner Kernkompetenz, dem Tore schießen, kommt Haller immer mehr nach. Aufgrund seines exzellenten Movements hat kein Spieler der Liga mehr als seine 0.7 Abschlüsse im gegnerischen 5-Meter-Raum als Haller. Ein solcher Wert wird zwangsläufig zu (vielen) Toren führen.

Durch seinen Doppelpack gegen Augsburg, der die Tür zur Meisterschaft weit aufgeschlagen hat, hat Haller mittlerweile 9 Saisontore erzielt. Seit Haller fit ist, hat kein Spieler der Liga mehr Tore erzielt. Außerdem kommt kein Spieler in dieser Zeit auf einen höheren Wert als seine 8,59 Expected Goals.

In einer Saison, in der viel darüber diskutiert wird, dass dem FC Bayern ein Stürmer zur Meisterschaft fehlt, wird nun wohl das Team Deutscher Meister, das wenigstens für eine halbe Saison eine absolute Top-Nummer-9 hat.

Haller bindet Uduokhai gegen Augsburg
Bildquelle: Wyscout

(Haller lässt sich bis ins Mittelfeld fallen, der Augsburger Innenverteidiger Uduokhai folgt ihm und verlässt die Kette, somit hat Haller Raum für seine Mitspieler geschaffen.)

3 – Sebastian Hoeneß: Klassenerhalt durch Rückkehr zu eigener Stärke

Als Sebastian Hoeneß den VfB Stuttgart zum 27. Spieltag übernahm, war die Stimmung denkbar schlecht. Alexander Wehrle, der seit seinem Amtsantritt auf einer Mission scheint, den VfB an die Wand zu fahren, hatte mittlerweile bereits den 4. Trainer der Saison vorgestellt und der VfB war auf dem letzten Tabellenplatz, 5 Punkte hinter dem rettenden Ufer.

Von den letzten 12 Spielen in der Bundesliga hatte der VfB nur eins gewonnen. Lediglich das Heimspiel gegen den FC Köln gewann Bruno Labbadia, der Vorgänger von Hoeneß.

Doch binnen kürzester Zeit stabilisierte Sebastian Hoeneß die Mannschaft. Er gewann das 6-Punkte-Spiel in Bochum, holte einen Punkt in der letzten Sekunde, in Unterzahl, gegen den BVB und schlug nun Mainz 05, im eigenen Stadion, auf beeindruckende Weise 4:1.

Obwohl die Mannschaft unter Labbadia in gewissen Statistiken ordentlich aussah, konnte er diese nicht wirklich in Punkte ummünzen. Nach Expected Points wäre der VfB in der Labbadia-Tabelle zwar auf einem soliden 8. Platz, in der Realität war man in dieser Tabelle aber auf dem letzten Platz, mit 6 Punkten aus 11 Spielen. Zudem erzielte lediglich Schalke (8) in dieser Zeit weniger Tore als der VfB (11).

Allen voran das Fehlen von Stürmer und Lebensversicherung Serhou Guirassy erschwerte Labbadia das Leben. Der Stürmer verpasste 7 von Labbadias 11 Spielen. In diesen 7 Spielen holten die Schwaben lediglich 4 Punkte. Sein nomineller Ersatz, Luca Pfeiffer, wartet trotz 2,43 Expected Goals immer noch auf seinen ersten Treffer in der Bundesliga und wurde von Labbadia relativ schnell als nicht gut genug empfunden.

Zu allem Überfluss trug selbst der Torwartwechsel von Labbadia nur bedingt Früchte. Florian Müller war trotz einer schwachen letzten Saison als Nummer 1 in die Saison gegangen, erwies sich aber erneut nicht als sicherer Rückhalt. Pro Spiel ließ Müller in dieser Saison 0,36 Gegentreffer mehr zu als von Post-Shot-xG prognostiziert.

Eine Erkrankung von Florian Müller zwang Labbadia am 20. Spieltag zum Torwartwechsel. Sein Ersatz, Fabian Bredlow, kassiert zwar „nur” noch 0,11 Tore mehr als von Post-Shot xG erwartet, sah aber schon bei einigen Gegentoren alles andere als gut aus. Gegen Hertha patzte Bredlow beispielsweise so schwer, dass sich selbst Mitspieler Borna Sosa öffentlich über ihn beschwerte. 

Generell schien Labbadia nie wirklich auf die Stärken seiner Mannschaft einzugehen, sondern versuchte eher, sein Spielsystem und seine Ideen durchzuboxen.

Trotz einem Überangebot an guten Innenverteidigern (Anton, Ito, Mavropanos, Zagadou) und Außenverteidigern, die vom Profil her besser in eine 3er Kette passen (Sosa, Vagnoman), hielt Labbadia, auch trotz mangelnder Ergebnisse, stur an seiner 4-3-3 Grundordnung fest. Allen voran das Aufstellen von dem gelernten Innenverteidiger Waldemar Anton auf der Rechtsverteidiger-Position war vielen Beobachtern ein Rätsel.

Eine der ersten Amtshandlungen von Hoeneß war es deshalb, sich auf die bereits vorhandenen Stärken seines Kaders zu konzentrieren und zu einer 3er Kette zurückzukehren. Besonders Josha Vagnoman, der unter Labbadia lediglich zweimal in der Startelf stand, blüht unter Hoeneß regelrecht auf. 4 direkte Torbeteiligungen (2 Tore + 2 Vorlagen), als rechter Schienenspieler, steuerte der überraschende Nationalspieler bereits bei.

Nimmt man eine Tabelle aus den 7 Spielen, seit Sebastian Hoeneß übernommen hat, stehen die Schwaben mit 12 Punkten auf Platz 5. Mit 15 Toren stellen sie in diesem Zeitraum sogar den zweitbesten Angriff der Liga.

Am letzten Spieltag geht es gegen die, ausgerechnet von ihrem ehemaligen Trainer (Pellegrino Matarazzo) trainierte, TSG Hoffenheim, für die es eigentlich um nichts mehr geht. Durch das bessere Torverhältnis reicht dem VfB Stuttgart ein Sieg und der erneute Klassenerhalt wäre gesichert.

Interessanterweise hätte sich Sebastian Hoeneß dann mehr als „Feuerwehrmann” erwiesen, als der vermeintlich als „Feuerwehrmann” geholte Bruno Labbadia.

(Ein Vergleich der 4 Trainer, die den VfB Stuttgart in dieser Saison bereits trainiert haben. Sebastian Hoeneß schneidet in sämtlichen Kategorien besonders gut ab.)

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