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Prömels Präsenz, Kölns Flanken und Schalkes Last-Minute-Siege – 3 Beobachtungen zum 31. Spieltag

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Der 31. Spieltag der Bundesliga sah unter anderem einen fulminanten 6:0 Sieg der Dortmunder über Wolfsburg, einen Bayern-Sieg gegen Bremen und einen Leipzig-Sieg im direkten Duell um die CL-Qualifikation gegen Freiburg.

Im Abstiegskampf gewann Hertha das 6-Punkte-Spiel gegen Stuttgart, Augsburg sicherte sich, nach menschlichem Ermessen, mit einem Sieg gegen Union Berlin die Klasse und Schalke bewies mit einem Last-Second-Sieg wieder einmal, dass im Keller noch immer ein Licht brennt.

Hier sind 3 Beobachtungen zum 31. Spieltag von Dominic.

1 – Grischa Prömel: Die Lunge der TSG Hoffenheim

Lange mussten sie auf ihn verzichten. Als Grischa Prömel das letzte Mal in der Startelf der TSG Hoffenheim stand (am 5. November 2022), war die Welt noch in Ordnung. Die Sinsheimer waren auf Platz 7 der Tabelle und schielten unter Trainer André Breitenreiter, mit nur 4 Punkten Abstand auf die Top-4, in Richtung Europa.

Prömel selbst hatte sich als absoluter Top-Transfer erwiesen. Der ablösefrei von Union Berlin gekommene Mittelfeldspieler stand in jedem Spiel in der Startelf und hatte mit 146,1 Kilometern mit Abstand die meiste Distanz aller Bundesliga-Spieler zurückgelegt.

Doch ein folgenschwerer Zusammenprall mit Teamkollege Christoph Baumgartner an jenem schicksalhaften 05. November 2022, auf den Tag genau 418 Jahre nach dem Gunpowder Plot von Guy Fawkes („Remember, remember the 5th of November…”), sollte für Prömel, die TSG und vor allem Breitenreiter so einiges verändern.

Prömel erlitt eine Knöchelfraktur, die eine fast sechsmonatige Ausfallzeit zur Folge hatte. Ganze 17 Bundesliga-Spiele fehlte Prömel somit in der Startelf. Wenn man eine Tabelle aus diesen 17 Spielen machen würde, so stünde die TSG auf dem vorletzten Platz. Mit lediglich 11 Punkten wäre man sogar punktgleich mit dem letzten Platz, Hertha Berlin. 

Die Anzahl der Siege (3), die ohne ihn eingefahren wurden, lassen sich an keiner Hand abzählen. Wenig verwunderlich also, dass Breitenreiter nach 10 Spielen ohne Sieg (6 davon ohne Prömel) entlassen wurde. Mit Prömel in der Startelf holte Hoffenheim im Schnitt 1,5 Punkte pro Spiel, ohne ihn nur 0,65. All diese Statistiken lassen schon erahnen, wie wichtig Prömels Präsenz für die Hoffenheimer ist.

Wie bereits erwähnt, ist Prömel eine absolute Pferdelunge. Er stopft überall auf dem Feld Löcher und ist sich sowohl offensiv als auch defensiv für keinen Laufweg zu schade. Kein Bundesliga-Spieler läuft pro Spiel mehr als seine 12,48 Kilometer. Ellyes Skhiri (12,43), Eric Martel (12,43), Leandro Barreiro (12,39) und Dejan Ljubicic (12,38) komplettieren die Top-5. Auch gegen Frankfurt spulte Prömel (mit 12,1) die meisten Kilometer auf dem Feld ab. Eigentlich unfassbar, wenn man bedenkt, wie lange er ausgefallen ist.

Interessant dazu die Aussage seines Trainers, Pellegrino Matarazzo: „Eigentlich sollte Grischa heute nur 60 Minuten spielen, es tat mir fast leid, dass er über 90 Minuten gehen musste, aber er war heute zu wichtig, um ihn auszuwechseln. Das sollte seinen Stellenwert für diese Mannschaft beschreiben.”  

Dabei ist Prömel eigentlich kein Spieler, dessen Wichtigkeit und Stärken sich perfekt mit Daten erfassen lassen. Das liegt zum einen daran, dass er viel ohne den Ball macht (die meisten Statistiken erfassen lediglich On-Ball-Aktionen) und zum anderen daran, dass er von allem etwas macht.

Er ist (in einem 3er-Mittelfeld) der perfekte Dritte Mittelfeldspieler, der für die Balance sorgt, zum Beispiel neben einem Spielmacher (Dennis Geiger) und einem eher offensiv-orientierten Spieler (Andrej Kramarić / Christoph Baumgartner).

Besonders treffend hat es Matarazzo zusammengefasst: „Er ist ein Spieler, der extrem viel ausstrahlt, ist lautstark, kommuniziert gut, ist clever in seinen Aktionen, bringt Robustheit mit, sichert Bälle gut ab und ist taktisch klug. Er bringt für diese Mannschaft extrem viel mit.”

Allen voran die robuste und präsente Spielweise von Prömel ist enorm wichtig für das Mittelfeld der Hoffenheimer. Er ist der einzige Mittelfeldspieler der TSG, der mehr als 50% seiner Zweikämpfe gewinnt. Besonders im Ziehen von Fouls agiert der ehemalige Unioner sehr clever. Kein Hoffenheimer gewinnt mehr als seine 2,1 Fouls pro Spiel. In der gesamten Liga gewinnen nur die Mittelfeldspieler Manu Koné (2,6), Jude Bellingham (2,3) und Leonardo Bittencourt (2,3), die auch (deutlich) häufiger ins Dribbling gehen, mehr Fouls als der Hoffenheimer.

Auch gegen Frankfurt gewann Prömel die meisten Fouls auf dem Feld, was vor allem dann besonders wichtig wurde, als Hoffenheim in Unterzahl war und das Ergebnis über die Zeit retten wollte. Prömels 5 gewonnene Fouls sind sogar der Bestwert des gesamten Bundesliga-Spieltags.

Durch den Sieg gegen Frankfurt hat die Mannschaft aus Sinsheim nun 4 Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz. In den letzten 3 Spielen geht es unter anderem gegen Prömels Ex-Verein Union Berlin und in seine Geburtsstadt Stuttgart.

Knüpft Prömel an seine Leistung an, wird über kurz oder lang kein Weg an der Nationalmannschaft vorbeiführen. Wer hätte das vor gut 10 Jahren gedacht, als Prömel beinahe seine Schuhe an den Nagel hing, um Surfer in Kalifornien zu werden (ja, wirklich).

Prömel zieht ein Foul gegen Frankfurt
Quelle: Wyscout

(Grischa Prömel gewinnt eines seiner 5 Fouls an diesem Spieltag. Hier gegen Frankfurts Paxten Aaronson.)

2 – Kölns Flanken und wieso Davie Selke die Antwort ist

Als Mikel Arteta in der Saison 2020/21 mit Arsenal zuhause 1:2 gegen die Wolves verlor, gingen seine Worte nach dem Spiel um die Welt: „Ich glaube, es ist das erste Mal in der Premier League, dass wir 33 Flanken geschlagen haben. Ich sage euch, wenn wir das öfter machen, werden wir mehr Tore schießen, wenn wir die Spieler in die Box bekommen. Es ist reine Mathematik, es wird passieren.”

So oder so ähnlich wird auch Steffen Baumgart denken. Immerhin sind es seine Kölner, die in dieser Saison die meisten Flanken der Bundesliga schlagen. Ganze 417 Flanken in 31 Spielen hat der FC in dieser Saison aus dem Spiel heraus geschlagen. Auf Platz 2 folgt, mit über Flanken 50 weniger, Union Berlin mit 366. Der Liga-Durchschnitt liegt bei 279,39. Pro Spiel schlägt der FC dementsprechend 13,45 Flanken.

Besonders der „Kölsche Cafu” Benno Schmitz (77 Flanken / Platz 6 der Liga), Florian Kainz (71 / Platz 8) und Jonas Hector (58 / Platz 14) schlagen enorm viele Flanken. Der FC ist der einzige Verein, der 3 Spieler in der Top-15 der Spieler hat, die ligaweit die meisten Flanken geschlagen haben. Mit Linton Maina befindet sich sogar ein weiterer Kölner in der Top-25 der Liga (57 / Platz 24).

Doch all diese Flanken führten, vor allem am Anfang des Jahres (zeitweise nur 4 Tore in 9 Spielen), nicht wirklich zu besonders vielen Toren oder gar Abschlüssen. Besonders, wenn man sie mit der letzten Saison vergleicht. In der Saison 2021/22, die sie auf Platz 7 beendeten, erzielten die Domstädter noch 1,53 Tore pro Spiel. In dieser Saison sind es nur 1,35.

Dabei ist das Angriffskonzept der Kölner dem der letzten Saison sehr ähnlich. Da man, vor allem mit dem Ausfall von Mark Uth, mit Ausnahme von Florian Kainz, nicht über besonders kreative Einzelspieler verfügt, werden sich Chancen hauptsächlich über Flanken, und das Attackieren von Zweiten Bällen, erspielt.

Der Ertrag ist jedoch bei weitem nicht so hoch wie der aus der letzten Saison. Obwohl man in dieser Saison die meisten Flanken der Liga geschlagen hat, hat man die schlechteste Flankengenauigkeit der Liga. Nur knapp jede 5. Flanke des FC findet auch einen Abnehmer (20,74%).

In der letzten Saison war der FC ebenfalls die Mannschaft mit den meisten Flanken der Liga (505 / 14,85 pro Spiel). Doch der signifikante Unterschied war die Verwertung eben dieser Flanken. Letzte Saison hatte Köln mit 3,64 pro Spiel noch die meisten Kopfball-Abschlüsse der Liga. In dieser Saison sind es lediglich 2,06. Damit ist man ligaintern nur auf Platz 13. Prozentual gesehen waren in der letzten Saison noch 26,5% der Kölner-Abschlüsse mit dem Kopf. Damit hatte man den höchsten Anteil der Liga. In dieser Saison ist man mit 17,53% nur auf Platz 11.

Es fehlte lange Zeit einfach der Abnehmer, schließlich hatte man in der letzten Saison noch Anthony Modeste. Der Franzose hatte mit ganzen 58 die meisten Kopfball-Torschüsse der Bundesliga. Dies war sogar der höchste Wert in Europas Top-5 Ligen. Zum Vergleich, Platz 2 der Bundesliga, Lewandowski, hatte 36. Platz 2 in Europas Top-5 Ligen, Edin Džeko, 44.

Aus diesen 58 Kopfbällen erzielte Modeste 10 Tore, ebenfalls Bestwert in Europas Top-5 Ligen (auf Platz 2 folgte Victor Osimhen mit 7). Modeste wurde jedoch im Sommer zum BVB verkauft. Als Ersatz wurde, ausgerechnet vom BVB, Steffen Tigges verpflichtet. Zusammen mit Florian Dietz, der aus der 2. Mannschaft hochgezogen wurde, sollte die Lücke geschlossen werden, die Modeste hinterlassen hatte. Diese Rechnung ging jedoch nur bedingt auf. Dietz fehlt seit dem 12. Spieltag mit einem Kreuzbandriss und Tigges erzielte lediglich 1 seiner 6 Bundesliga-Treffer mit dem Kopf.

Deshalb wurde im Winter mit Davie Selke nachgebessert. Und spätestens seit er mit seinem Doppelpack gegen Leverkusen zum Derby-Helden geworden ist, weiß man: ein absoluter Volltreffer.

Der 1,95-Meter-Hüne erzielte nicht nur beide Tore gegen die Werkself nach einer Flanke, er führt auch die meisten Luftduelle seines Teams mit 11,9 pro Spiel. (Tigges kommt auf lediglich 8,9). Dazu gewinnt er 56,3% dieser Duelle (Tigges nur 41,57%). Ligaweit gewinnen gar nur Kevin Behrens, Philipp Hofmann, Jordan Siebatcheu und Ludovic Ajorque mehr als seine 6,7 Kopfballduelle pro Spiel.

In nur 762 Minuten hat Selke für den FC bereits 2 Tore per Kopf erzielt. Mit 1,5 Kopfball-Abschlüssen pro Spiel ist er sogar auf Platz 1 der Liga. Der Kontrast zeigt sich besonders gut, wenn man sieht, dass Köln sonst mit keinem Spieler in der Top-40 dieser Statistik vertreten ist, trotz der vielen Flanken.

Die Sample Size ist natürlich nicht besonders groß, aber Selke kommt in Köln auf einen starken Wert von 0,2 Kopfballtoren pro Spiel, Bestwert der Liga. Mit Selke hat man einen genialen Abnehmer für die vielen Flanken bereits gefunden. Darauf, dass Baumgart an den Flanken wohl auch in Zukunft festhalten wird, deutet der (aufgrund einer Transfersperre eventuell doch noch zu platzen drohende) Transfer von Leart Paqarada hin.

Der Linksverteidiger hat die drittmeisten Assists (10) der 2. Bundesliga gesammelt und aus dem Spiel heraus die zweitmeisten Flanken (128) geschlagen. Mit dem Wert wäre er übrigens auf Platz 1 der Bundesliga.

Selke Tor gegen Leverkusen
Quelle: Wyscout

(Davie Selke erzielt gegen Leverkusen ein platziertes Kopfballtor nach punktgenauer Flanke von Florian Kainz.)

3 – Schalke – Das Wunder der Last-Minute-Siege

Was haben die Schalke-Spiele gegen Gladbach (H), Augsburg (A), Bremen (H) und jetzt Mainz (A) gemeinsam? 

Genau, in all diesen Spielen erzielte Schalke jeweils einen Treffer in der Nachspielzeit. Diese 4 Treffer retteten Schalke 6 zusätzliche Punkte. Genau 20% ihrer 30 Punkte hat S04 also mehr oder weniger mit dem Abpfiff geholt. 1 dieser Treffer erzielte Dominick Drexler und die 3 anderen erzielte Marius Bülter (jeweils per Elfmeter) und bewies damit fast unmenschliche Nervenstärke.

Generell erzielte kein Bundesliga-Team mehr als Schalkes 6 Tore nach der 90. Minute. In Europas Top-5 Ligen erzielte nur die AS Roma mehr Tore in der Nachspielzeit (7).

Unfassbare 19,35% ihrer 31 Saisontore erzielte Schalke 04 nach der 90. Minute, ebenfalls Bestwert in Europas Top-5 Ligen. (Wieder folgt die Roma mit 15,56% auf Platz 2). Damit natürlich auch der höchste Anteil der Bundesliga (Werder Bremen ist mit 12,24% auf Platz 2) und sogar mehr als drei mal so hoch wie der Liga-Durchschnitt (6,52%).

Doch nicht nur nach der 90. Minute sind die Schalker gefährlich. Schaut man sich die Tore an, die zwischen der 76. Minute und dem Abpfiff erzielt wurden, so stellt man fest, dass Schalke ganze 41,94% (13 von 31) ihrer Tore in der Schlussviertelstunde erzielt hat. Ebenfalls der höchste Anteil in Europas Top-5 Ligen.

Angetrieben von den Fans und vor allem seit Thomas Reis übernommen hat, glaubt Schalke wirklich bis zur allerletzten Millisekunde noch daran, dass etwas zu holen ist. Gegen Mainz gelang am vergangenen Spieltag in der 102. Minute gar der späteste Treffer der Bundesliga-Geschichte.

S04 beweist unter Reis ein ums andere Mal unfassbare Moral und Mentalität und hat nun, trotz aller Widrigkeiten, den Klassenerhalt in den eigenen Händen. Schaut man sich die Tabelle an, seit Reis übernommen hat, ist Schalke auf einem beeindruckenden 9. Platz der Bundesliga, unter anderem vor Eintracht Frankfurt. In der Rückrundentabelle sind die Gelsenkirchener aktuell sogar auf Platz 8.

Doch bei all der Euphorie dieser Last-Second Siege stellt sich zwangsläufig die Frage: Sind all diese Last-Minute-Tore auf Dauer denn aufrechterhaltbar? Eher nicht.

Kann das den Schalkern aber komplett egal sein, wenn sie deshalb die Klasse halten? Ja!

Bülter Elfmeter-Tor gegen Mainz
Quelle: Wyscout

(Marius Bülter behält in der 102. Minute die Nerven und verwandelt den Elfmeter für einen erneuten Last-Minute-Sieg der Schalker.)

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