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Bayerns Pokerspiele, Frankfurts Absturz und Leipzigs Ineffizienz – 3 Beobachtungen zum 29. Spieltag

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Der 29. Spieltag der Bundesliga sah unter anderem Borussia Dortmund am FC Bayern vorbei auf Platz 1 springen, für die Abstiegskandidaten Schalke, Bochum und Hoffenheim gab es weitere Niederlagen und es gab spannende Partien im Kampf um die Champions League Qualifikation.

Des Weiteren erlebte Pál Dárdai eine deutliche Niederlage in seinem bereits dritten Debüt als Trainer der Hertha.

Hier sind 3 Beobachtungen zum 29. Spieltag von Dominic.

1 – Der FC Bayern hat hoch gepokert – und verliert möglicherweise alles

Es hätte so einfach sein können: Alter Trainer weg, neuer Trainer da, New Manager Bounce und zack: Da ist das Triple.

So oder so ähnlich wurde wohl an der Säbener Straße gepokert, als entschlossen wurde, „Langzeit Projekt” Julian Nagelsmann zu entlassen, obwohl man in allen 3 Wettbewerben noch gut dabei war. Ein ziemlich großer Einsatz, bedenkt man, wie teuer Nagelsmann damals war.

Jedoch wurde scheinbar außer Acht gelassen, dass ein Trainerwechsel immer dann den größtmöglichen Effekt hat, wenn die Dissonanzen mit dem vorherigen Trainer besonders groß waren. Das beste Beispiel ist der Trainerwechsel von Niko Kovač zu Hansi Flick, der dann mit den Bayern das Triple holte.

Im Vergleich zu Kovač hat Nagelsmann die Mannschaft immer noch erreicht. Davon zeugen vor allem die Spiele in der Champions League.

Führungsspieler des FC Bayern gaben sogar öffentlich zu, dass sie von der Entlassung überrascht seien und dass Nagelsmann die Kabine nie verloren habe.

Der FC Bayern hat Thomas Tuchel damit den Start in seine Karriere als Bayern-Trainer so schwer wie möglich gemacht.

Ein Titel in der Champions League ist nie planbar, im DFB-Pokal hat Bayern in den letzten Jahren oft federn gelassen und der Bundesliga-Titel wird als gegeben betrachtet.

Somit konnte Tuchel realistisch gesehen nur verlieren, vor allem wenn der Gegner in der Champions League mit Manchester City das aktuell wohl beste Team in Europa war.

Bei der Unternehmensführung wird oft gesagt, dass in Zeiten des Erfolgs die größten Fehler gemacht werden.

Oft überschätzen Verantwortungsträger ihre eigenen Kompetenzen und es wird nicht mehr konsequent analysiert. Es wird darauf vertraut, dass das, was vorher funktioniert hat, auch weiterhin funktionieren wird.

Eine interessante Analogie, schaut man sich Personalentscheidungen seit dem letzten Champions League Sieg im Jahr 2020 an. Hansi Flick hat man aus verschiedenen Gründen gehen lassen, da man wohl annahm, man hätte mit Nagelsmann nun endlich die perfekte Lösung für eine langfristige Zusammenarbeit gefunden, nur um diese nach 18 Monaten ebenfalls zu beenden.

Man könnte auch durchaus sagen, dass der Kader, auch altersbedingt, seit dem CL-Sieg jedes Jahr etwas schwächer geworden ist. Spieler wie David Alaba, Robert Lewandowski und allen voran Thiago wurden kaum oder gar nicht ersetzt.

Für den letzten Transfersommer hat man sich, auch medienwirksam, auf die Schulter geklopft. Allen voran “Superstar” Sadio Mané wurde als Coup gefeiert. Hätte man jedoch weniger auf den Namen und seinen Berater gehört, sondern ihn objektiv analysiert, hätte man erahnen können, dass der Transfer von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.

Es fängt schon damit an, dass man Mané scheinbar als direkten Lewandowski-Ersatz eingeplant hat. Mané hat zwar am Ende seiner Liverpool-Zeit oft im Sturmzentrum gespielt, aber das lag vor allem daran, dass er nicht mehr die Explosivität und Endgeschwindigkeit hatte, um in der Premier League auf dem Flügel zu spielen.

Der FC Liverpool, der viel mit Daten arbeitet, hat erkannt, dass ein 30-jähriger Mané, der viel von seiner Physis und Explosivität lebt, keine €20m+ Gehalt pro Jahr wert ist. Der FC Bayern hat scheinbar darauf gepokert, dass er trotzdem noch gut genug sei, ein solches Salär zu rechtfertigen.

Es erscheint generell fraglich, dass Nagelsmann, der unter anderem mal meinte, er habe die Liga mit Leipzig nur nicht gewonnen, da er keinen Stürmer gehabt hätte, der ihm 20+ Saisontore garantiere, sich 100% wohl gefühlt hat, mit der Entscheidung ohne eine klassische Nummer 9 in die Saison zu gehen.

Schaut man sich die Stürmer an, die Nagelsmann in seiner Trainerkarriere hatte (Patrik Schick, Robert Lewandowski, Sandro Wagner, Àdám Szalai, Ishak Belfodil, Joelinton, Yussuf Poulsen, Alexander Sørloth, etc), so fällt auf, dass er generell ein Fan von Zielspielern ist, die mit dem Rücken zum Tor spielen können und stark in der Luft sind. 

Spätestens seit Choupo-Moting, der im aktuellen Kader dem Profil des Zielspielers am nähsten kommt, von Nagelsmann und Tuchel zum Stammspieler gemacht wurde, sollte klar sein, dass man sich mit Mané verpokert hat.

Hainer, Kahn, Brazzo. Mainz gegen Bayern

(Hainer, Kahn und Brazzo bei dem 1:3 der Bayern in Mainz. Bereits das 5. Spiel ohne Sieg im 7. Spiel seit dem Trainerwechsel.)

2 – Der Absturz von Eintracht Frankfurt und die Abhängigkeit von Kolo Muani

Sie sah doch so gut aus, die Saison 2022/23 von Eintracht Frankfurt. Ende Januar war man im Achtelfinale der Champions League und unter den Top-4 der Bundesliga. Man schien auf Kurs das von Sportvorstand Markus Krösche ausgerufene Ziel, die direkte Qualifikation für die Champions League über die Liga zu erreichen.

Was jedoch folgte, war ein dramatischer, jedoch nicht neuer, Absturz in den entscheidenden Monaten der Saison.

Schon in der Saison 2020/21 verspielte man leichtfertig einen Platz in der Top-4 auf der Zielgeraden der Saison, mit nur 2 Siegen aus den letzten 6 Spielen.

Besonders in Erinnerung bleibt die Niederlage gegen bereits abgestiegene Schalker am 33. Spieltag.

Letzte Saison, als der volle Fokus auf der Europa League lag, gewann Frankfurt in der Rückrunde nur drei Spiele und holte nur zwei Punkte mehr als Absteiger Greuther Fürth. Man verspielte die Qualifikation für Europa (über die Liga) komplett.

Auch in dieser Saison präsentieren sich die Hessen in der Rückrunde in erschreckender Form. Hatten die Frankfurter zum Jahreswechsel, hinter Bayern, die zweitbeste Offensive der Liga mit 35 Toren in 16 Spielen, sind es mittlerweile nur noch 14 Tore in den letzten 13 Spielen. Eine noch ungefährlichere Offensive können nur Gladbach, Schalke und Köln vorweisen.

Nimmt man die Tabelle der letzten 10 Spiele, ist die SGE sogar auf dem letzten Platz.

Wie auch in den vergangenen Saisons wird der SGE die Abhängigkeit von ihren Topspielern zum Verhängnis. Waren es in der Vergangenheit Spieler wie André Silva und Filip Kostić, ist das Spiel der Frankfurter dieser Tage beinahe komplett von Randal Kolo Muani abhängig. Ein Umstand, den Oliver Glasner in dieser Saison auch schon des Öfteren monierte.

Wird Kolo Muani, der in Topform Spiele im Alleingang entscheiden kann, vom Gegner konsequent aus dem Spiel genommen, strahlt die Offensive der Frankfurter beinahe keine Gefahr aus.

Ein Eindruck, der durch die Verletzung von Jesper Lindstrøm nochmal verstärkt wird. Mit ihm verlor die Offensive einen Spieler, der neben Kolo Muani ebenfalls die Tiefe sucht. Darunter leidet auch Mario Götze, der nicht mehr so häufig Pässe hinter die Kette spielen kann. 

Rafael Borré, der zuletzt oft die Offensivreihe komplettierte, hat seine Stärken eher gegen den Ball und spielt momentan fast komplett ohne Selbstvertrauen – keine Torbeteiligung in den letzten 13 Spielen.  

Wie man Kolo Muani aus dem Spiel nimmt, hat Borussia Dortmund beim 4:0 am Samstag eindrucksvoll gezeigt.

Der Franzose ist dann am Besten, wenn er mit oder ohne Ball in den 16er eindringen kann.

Ligaweit hat er beispielsweise die meisten Dribblings in den Strafraum (55).

Allen voran Emre Can und Mats Hummels hinderten Kolo Muani im Spiel oft schon bei der Ballannahme und ließen den Franzosen gar nicht erst aufdrehen. So fand er fast gar nicht ins Spiel und hatte kaum Aktionen im letzten Drittel, wo er normalerweise kaum zu verteidigen ist (0,82 Torerzeugende Aktionen pro Spiel / Platz 6 der Liga).

Zu der schwächelnden Offensive kommt auch noch eine schwache Defensive, vor allem bei Standards. Bereits 15 Tore mussten die Hessen nach Standards hinnehmen. Also genau einen Drittel ihrer 45 Gegentreffer kassierte die SGE nach einem ruhenden Ball. Das ist die höchste Quote der Liga.

Aber auch aus dem Spiel heraus fehlt es der SGE im Verteidigen oft an individueller Klasse und/oder Form, sodass der bereits 39-jährige Hasebe mittlerweile wieder gesetzt ist. 

Dazu kommt noch hinzu, dass es abseits des Platzes momentan zu viele Nebenkriegsschauplätze gibt. Allen voran natürlich der öffentlich ausgetragene Konflikt zwischen dem scheidenden Vorstandssprecher Axel Hellmann und dem momentanen Aufsichtsratsvorsitzenden Philip Holzer.

Dazu ist die Zukunft von zu vielen wichtigen Personalien nicht geklärt, sodass der Verein kaum zur Ruhe kommt.

Trainer Oliver Glasner macht momentan wenig Anstalten seinen bis 2024 laufenden Vertrag zu verlängern und wäre wohl bei einem absoluten Top-Angebot im Sommer weg.

Daichi Kamada und Evan N’Dicka verlassen den Verein im Sommer ablösefrei und spielen seit Monaten so, als hätten sie schon komplett mit der SGE abgeschlossen.

Außerdem stehen die Chancen gut, dass Spieler wie Knauff, Lindström, Sow und Kolo Muani ab nächsten Sommer nicht mehr für die Frankfurter spielen werden. 

Das mittlerweile eingestellte Verfahren gegen Präsident Peter Fischer aufgrund eines vermeintlichen Kokainbesitzes ist beinahe schon komplett vergessen.

Trotz dieser ganzen Widrigkeiten in der Liga hat Frankfurt jedoch immer noch einen Joker in der Hinterhand, im DFB-Pokal ist man im Halbfinale.

Der Pokalsieg würde bedeuten, dass Frankfurt nächste Saison in der Europa League spielt.

Die Liga für einen Pokal aufgeben, diese Rechnung ging letzte Saison noch auf, ist jedoch kein Naturgesetz, so sehr sich Frankfurt (berechtigterweise) auch als Pokalmannschaft sieht.

Verpasst man Europa komplett, wird man bei Neuzugängen ein oder zwei Regale tiefer greifen müssen und Spieler wie Kolo Muani werden noch schwerer zu halten sein.

Dortmund gegen Frankfurt. Hummels bedrängt Kolo Muani

(Mats Hummels hindert Kolo Muani bereits an der Ballannahme, sodass sich der Franzose gar nicht erst aufdrehen kann.)

3 – Leipzigs Ineffizienz könnte ihnen die Champions League kosten

Auch ohne Florian Wirtz gewann Leverkusen in Leipzig, nach dem Sieg in der Europa League gegen Royale Union Saint-Gilloise, auch das zweite wichtige Spiel der Woche.

Gewinnt Leverkusen nächsten Samstag auch noch gegen Union Berlin, bleiben ihre Träume von der direkten Qualifikation für die Champions League über die Liga weiterhin am Leben.

Union Berlin hat durch den Sieg in Gladbach mittlerweile 4 Punkte Vorsprung auf Platz 5, während Freiburg nach dem souveränen 4:0 Sieg gegen Schalke an Leipzig vorbei auf Platz 4 gezogen ist. Leipzig ist somit der große Verlierer des Spieltags im Rennen um die CL-Qualifikation und könnte diese sogar komplett verpassen.

Die Sachsen sind in der Rückrundentabelle tatsächlich mittlerweile nur noch auf Platz 7 und besonders die Ineffizienz der Offensive kostet ihnen momentan viele wichtige Punkte.

In den letzten 12 Spielen hat Leipzig nur 16 Tore aus 21,23 Expected Goals erzielt.

Über die ganze Saison gesehen sind sie sogar die einzige Mannschaft in der Top-10 der Liga, die weniger Tore erzielt hat als ihr xG-Wert.

Allen voran André Silva ist in dieser Saison ein ziemlicher Chancentod und hat nur 4 Tore aus 10,62 Expected Goals erzielt, eine größere Diskrepanz hat kein Spieler in der Liga.

Wie viele Punkte man deshalb wirklich liegen gelassen hat, zeigt die Expected Points Statistik. Laut dieser wäre man eigentlich auf Platz 2 der Liga (wohlgemerkt hinter dem FC Bayern).

Gegen Leverkusen verlor man zum Beispiel 0:2, obwohl man das Spiel laut Expected Goals hätte gewinnen müssen (Leverkusen 1,27 xG vs. Leipzig 2,72 xG).

Hoffnung auf baldige Besserung macht aber die Rückkehr von Christopher Nkunku. Der französische Nationalspieler ist fast vollständig fit und könnte im Saisonendspurt zum X-Faktor des Leipziger Angriffs werden.

Nkunku hat die meisten Expected Goals pro 90 Minuten der Liga (0,76) und ist immer noch auf Platz 5 (12 Tore) der Torschützenliste der Liga, obwohl er aufgrund diverser Verletzungen nur knapp die Hälfte aller Spielminuten absolviert hat.

Leverkusen RB Leipzig Torchance

(Eine der vielen vergebenen Torchancen der Leipziger in den vergangenen Wochen. Hier scheitert Werner an Hrádecký.) 

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