Borussia hat eine schwierige Woche hinter sich: „nur“ Unentschieden im Derby, katastrophales Ausscheiden im Pokal und das Unentschieden beim 1.FC Heidenheim trotz einer frühen Führung. So stehen die Fohlen nach 26 Spieltagen bei 28 Punkten, schlechter war man zuletzt vor 13 Jahren mit 23 Punkten nach 26 Spielen auf Platz 18. @marc (@ZonalMarc) stört vor allem die Kommunikation der Verantwortlichen der Borussia.
„Wir wollen einen aktiven Fußball nach vorne sehen“
Genau das gab Gerardo Seoane als Antwort auf die Frage nach dem Ziel des Prozesses, aber vor allem mit Blick auf die bevorstehende Aufgabe in Heidenheim, auf der Pressekonferenz vor dem Spieltag am Donnerstag. Nach dem Auftritt in Heidenheim muss er sich allerdings die Frage gefallen lassen, ob er dies wirklich so meint oder bloß als Phrase, gar Muntermacher nach dem Pokalaus, einfach so dahin sagt. Nachdem sein Team in Heidenheim früh in Führung ging durch den Treffer von Robin Hack, musste man in der Folge den Ausgleich hinnehmen und das nicht zuletzt aufgrund der eigenen Passivität nach dem frühen Tor mit Ausnahme der Chance von Neuhaus (40.).
Dass die großen Chancen ausblieben hat viele Gründe. Ein gravierender Grund ist bei Trainer Gerardo Seoane zu finden. Nachdem Heidenheim mit 3 Wechseln zur Pause mehr Druck auf die Borussen aufbaut und folglich den Ausgleich erzielt, entscheidet sich Seoane zu einem Doppelwechsel (71.) mit Ngoumou für Jordan und Itakura für Neuhaus. In der Folge kommen dann Netz und Friedrich für Lainer und Honorat (76.). Besonders letzterer Wechsel bringt einen Systemwechsel vom 4-3-3 zum 5-3-2 mit sich. Das alleine müsste noch kein grundlegender Fehler sein, sofern man mit offensivdenkenden Achtern und/oder Wingbacks agieren würde. Dass Itakura für Neuhaus die Zentrale nicht grade offensiver sondern diametral defensiver gestaltet ist ein Indiz dafür, dass man im Zentrum nicht mutiger oder gar „aktiver nach vorne“ spielen wollte. Gerade im Systemwechsel wäre die Alternative, um den Worten auch Taten folgen zu lassen, somit gewesen, auf den Wingback-Positionen offensiv denkende Spieler zu positonieren. Hier entschied man sich jedoch durch den Wechsel von Friedrich für Honorat mit der folgichen Fünferkette Netz, Wöber, Elvedi, Friedrich, Scally für die maximal defensiv orientierte Variante.
„Defensiv solide und die richtige Haltung auf dem Platz“
Auch diese Worte stammen vom Trainer aus der eben angesprochenen Pressekonferenz. Wenn man betrachtet, dass die Borussia gegen Heidenheim 19 Torschüsse zugelassen hat, sieht es auch für diese Idee nicht wirklich gut aus. Dass Dinkci bei seinem Treffer so unbedrängt abschließen darf, liegt zwar auch an der guten Kombination von Heidenheim vorher, muss jedoch auch die Frage nach der richtigen Haltung in den direkten Duellen aufwerfen. Nach den bereits erwähnten Wechseln steht die Borussia dann in einem 5-3-2 gegen einen Aufsteiger und nominell 6 Verteidigern inklusive Itakura auf der Doppel-Sechs neben Weigl und einer Sturmspitze aus Ngoumou und Hack, die wohl eher für das Attackieren der Tiefe nach einem Wandspiel des Stürmers gedacht waren bei der Kaderplanung.
So sendet der Trainer nach den enttäuschenden, passiven ersten 25 Minuten inklusive des Ausgleichstreffers, mit seinen Wechseln das Zeichen: Jetzt erst recht kein zweites Gegentor kassieren und bloß den Punkt mitnehmen.
Gleichzeitig sitzt mit Ranos ein gelernter Stürmer noch auf der Bank, mit Kramer ein gelernter Sechser. Dennoch entscheidet man sich neben der Systemumstellung inklusive des Defensivpersonals auch noch für den Einsatz des gelernten Innenvertedigers Itakura für den Mittelfeldspieler mit dem kreativsten und aktuell offensivsten Mindset Florian Neuhaus.
„Wir wollen einen aktiven Fußball nach vorne sehen, defensiv solide sein und die richtige Haltung auf dem Platz zeigen“
Dieses Zitat gepaart mit der Aussage, die Mannschaft müsse „das Gefühl entwickeln, was dann in der jeweiligen Situation auch erfoderlich ist“ auf der Pressekonferenz nach dem Spiel stellt somit die Frage, ob das Trainerteam mit seinen Wechseln diese Vorgaben für die Spieler überhaupt erfüllbar macht. Hätte Gerardo Seoane zum Beispiel positionsgetreu gewechselt oder zumindest mit dem klaren Signal, mehr Offensivpersonal auf den Rasen zu bringen, dann hätte er dem Team vermutlich auch signalisieren können, dass es den Weg nach vorne mehr suchen muss. Stattdessen war die Devise mit den Wechseln eher, dass der aktive Fussball nach vorne nun nicht mehr so relevant sei.
„Bemerkenswert für diese junge Mannschaft“
Dieses Zitat bezog Seoane auf das Auftreten der Mannschaft in Heidenheim. Dem Team der Fohlen gelang weder in Saarbrücken noch in Heidenheim ein Schuss auf das gegnerische Tor im zweiten Durchgang. Dem gegenüber steht in Heidenheim jedoch 1 Tor, ein Aluminiumtreffer und insgesamt 3 gute Gelegenheiten des Gegners. Wo genau Seoane nun das positive Feedback für die Leistung hernimmt, bleibt sein Geheimnis. Fest steht, dass die Borussen aktuell nicht nur den eigenen Vorstellungen, die man kommuniziert, hinterherlaufen, sondern auch in der Punkteausbeute längst nicht dort stehen, wo man es selbst erwartet hatte.
Dass jedoch dies dann auch nach einer für viele Fans sehr enttäuschenden Leistung in Heidenheim nicht wirklich kritisiert wird, sondern eher gelobt wird aufgrund der „jungen Mannschaft“, stimmt nachdenklich. Die unten dargestellte Grafik zeigt, dass die Borussia im Bundesligaaltersdurchschnitt aktuell auf Platz 9 liegt mit durchschnittlich 25,28 Jahren liegt. Im Übrigen lag der Altersdurchschnitt beim Gastauftritt in Heidenheim bei knapp 26 Jahren, also sollte man die Aussage noch mehr hinterfragen.
„Wir sind auf einem guten Weg“
Das sagte Roland Virkus vor dem Spiel im Interview. Nimmt man die eben erklärten Differenzen zwischen dem, was Borussias Verantwortlichen sich von Borussias Fussball wünschen und dem, was man sieht und wie darauf reagiert beziehungsweise eingewirkt wird, in Kombination mit dem aktuellen Punktestand von 28 nach 26 Spieltagen und der anhaltenden sportlichen Talfahrt, so eröffnet sich die Frage, wo sich der „gute“ Teil des von Virkus angesprochenen Weges befindet. Nach zuletzt 2 Siegen, 6 Unentschieden und 6 Niederlagen aus den letzten 14 Spielen und sieglosen Partien gegen Gegner wie Darmstadt, Augsburg, Saarbrücken, Mainz, Köln und nun Heidenheim, stellt sich die Frage erneut: Wo ist der gute Teil des Weges, Herr Virkus?
Zugegeben, Borussia befindet sich auf einem Weg. Aktuell führt dieser dank den Entscheidungen und Aussagen allerdings stetig weiter in Richtung Abstieg als auch nur in die Nähe von etwas, was sich Borussias Anhänger wünschen dürften. Dass man in diesen Zeiten den Sportdirektor auf einer Spieltagspressekonferenz nicht neben dem Trainer sieht, sondern Letzerer sich alleine der Kritik stellen muss und auch oder vielleicht grade deswegen in Heidenheim deutlich emotionaler an der Seitenlinie agierte, ist ein Armutszeugnis für Borussias Führungsetage. Was es nun braucht, ist eine geschlossene Aufarbeitung und ein Zugeständnis, dass die aktuelle Situation keinesweges das sein darf, was man sich vorstellt. Die Unzufriedenheit der Fans, welche sogar in Heidenheim den Support verweigerten, sollten die Verantwortlichen schleunigst als Anlass nehmen, sich nicht hinter belanglosen Aussagen zu verstecken, sondern endlich sportlich zu liefern und klare Entscheidungen dann auch zu vertreten. Nur so kann Borussia sich auf einen Weg begeben.