Borussia hat es verpasst drei Punkte gegen den Tabellenletzten einzufahren. Das lag nicht zuletzt daran, dass man die Basics im Positionsspiel viel zu lange komplett vernachlässigt hat. Die Spieler standen sich so am Ende wortwörtlich selbst im Weg: Eine Performance, die hinsichtlich der fußballerischen Entwicklung der Fohlen viele Fragen aufwirft.
Box statt Raute oder: In Geometrie durchgefallen
Gegen das Mittelfeldpressing der Lilien baute Borussia meistens mit einer klaren Dreierkette auf. Neben Weigl orientierte sich auch Koné immer sehr stark zum Ballführenden und rückte so mit auf der Sechserposition.
Was vielleicht gut gemeint war, schadete dem Spiel der Borussia massiv. Zum Einen verengte Koné den Raum im Zentrum aktiv selbst und machte es den Darmstädter so leichter ihre bekannte Mannorientierung durchzuziehen.
Zum Anderen blockierte er immer wieder diagonale Passfenster. Im Beispiel oben kann man dies beobachten: Statt Raum freizuziehen, schließt er ihn für die eigenen Mitspieler. Itakura kann weder Wöber noch Hack anspielen.
Die zweite Szene zeigt: Koné mutmaßlich eigenmächtiges Rücken auf die Doppelsechs zwang Julian Weigl im weiteren Spielverlauf dazu sehr tief eine breitere Position einzunehmen. Er war so nicht mehr diagonal durch die Halbverteidiger anspielbar und stand in einer geraden Linie mit dem Achter vor ihm (hier Florian Neuhaus).
Eher unfreiwillig bildeten die vier Mittelfeldspieler Borussias so eine viel zu enge Box. Die Halbräume wurden dabei kaum besetzt und die Mannorientierung Darmstadt griff ohne große Mühe. Ein Aufbau durch das Zentrum war kaum möglich.
Wie bizarr die Positionierung im Zentrum teilweise daherkam, zeigt das nächste Bild, in dem vier Gladbacher auf kleinster Fläche stehen – ein individual- und mannschaftstaktischer Blackout, der betroffen macht.
Wie es besser gehen kann, war in Halbzeit 1 nur sehr selten zu sehen und war wenn überhaupt stark von der Intuition Einzelner abhängig.
Namentlich Robin Hack versuchte die schlechte Positionierung Koné immer wieder auszugleichen, indem er von der 10 auf die Seite kippte und sich mit Ball in den freien Halbraum orientierte.
Hier profitiert er zudem von der zur Abwechslung mal ordentlichen Positionierung seiner Kollegen, die in einer Raute stehen, mit der sie die Darmstädter vor Zuordnungsprobleme stellen und Julian Weigl als alleinigem Sechser ermöglichen das Spiel diagonal zu eröffnen.
Das bare minimum reicht nicht für drei Punkte
Man muss der Mannschaft zugutehalten, dass sie sich in der zweiten Halbzeit einigermaßen gefangen hat. Sie war besser positioniert und traf bessere Entscheidungen. Fraglich bleibt, wieso eine solche Reaktion nicht in schon in der ersten Halbzeit möglich sind, die wegen der Fanproteste immerhin für einige Zeit unterbrochen war und genug Gelegenheit für Interventionen des Trainers geboten hat.
Im Aufbau wich man in der zweiten Hälfte von der flachen Dreierkette ab und eröffnete zu viert mit Netz und Elvedi als Außenverteidigern. Anders als Jordan agierte Plea als falsche Neun und bildete mit Koné, Neuhaus und Weigl eine sehr breite Mittelfeldraute. Darmstadt musste deutlich mehr Spielfläche bearbeiten, um seine Mannorientierung beizubehalten. So öffnete Borussia aktiv Räume, an denen entweder die Tiefengeber Hack/Ngoumou und Honorat oder Plea selbst anspielbar waren.
Auch die Mittelfeldspieler nutzten die im Positionsspiel provozierten Räume nun klüger. Unten dreht Koné als halblinker Teil der Mittelfeldraute in den linken Halbraum auf, um anschließend Ngoumou zu schicken. Aus der mannschaftstaktischen Steigerung folgten individuell bessere Entscheidungen.
Für einen Sieg hat es aber nicht gereicht. Auch in der zweiten Halbzeit baute Borussia nur selten wirkliche Dominanz auf. Das liegt nicht zuletzt auch am weiterhin fehlenden Plan für Druck auf den Ball wie auch an den großen Distanzen im eigenen Ballbesitz, durch die ein effektives Gegenpressing kaum darstellbar ist. Diese Probleme sind lange bekannt.
Dass es der Mannschaft aber erkennbar zunehmend schwerfällt eigene Lösungen im Ballbesitz zu erarbeiten und dabei in weiten Spielphasen gar konfus wirkt, muss Sorgen machen. Taktische Disziplin und Gespür für die richtige Positionierung entwickeln sich eher zurück als weiter.
Borussia bewegt sich auf dünnem Eis.