Die Borussia befindet sich nach der späten Niederlage in Frankfurt nun also in der Winterpause.
Nach der siebten Saisonniederlage befindet sich die Fohlenelf auf Rang 12 – gesichert im Mittelfeld der Liga.
Aufgefallen ist, das neben der neuen Spielidee (Flo analysiert den aktuellen Ist-Zustand hier), eine alte Schwäche – die bereits unter Ex-Trainer Marco Rose Negativrekorde knackte – wieder Einklang im Spiel der Borussia fand:
Die Passivität.
Diese ist mitunter ein Grund dafür, dass Gladbach die Mannschaft dieser Liga ist, die nach eigenen Führungen noch die meisten Punkte verspielten (17).
Warum ist das so?
Ein wichtiger Grund dafür lässt sich aus der strategischen Ausrichtung der Mannschaft erklären.
Das Ziel von Trainer Seoane ist klar:
Im 5-3-2 in der eigenen Hälfte stehen; mit dem Ziel die Räume so eng wie möglich zu halten.
Dabei fällt jedoch auf, dass – speziell in gewissen Spielphasen – die Mannschaft keinen Weg findet, aus einer Kompaktheit heraus Druck auf den Ball und Gegenspieler zu erzeugen. In diesen Sequenzen lässt sich beobachten, dass die Mannschaft noch tiefer fällt, als sie schon von Beginn an Höhe eingebüßt hat. Die Anzahl an Ballgewinne nehmen ab, und wenn, ist bereits so viel Personal tief hinter dem Ball, dass die Wege bis zu 70-80m lang zum gegnerischen Tor sind.
Daten belegen: Die Borussia ist passiv
Die Borussia ist auch in dieser Saison die Mannschaft, die, die meisten Pässe des Gegners zu lässt, ehe man in eine defensive Aktion gelangt (Der Versuch, einen Pass abzufangen/ einen Zweikampf zu führen/ etc.).
Eine weitere Statistik belegt, dass die Fohlen in der Intensität weiterhin Probleme haben:
Die „Challange Intensity“- Statisitk sagt aus, wie viele defensive Aktionen die Mannschaft pro Minute des gegnerischen Ballbesitzes ausführt: Auch da belegt Gladbach – zusammen mit Bayer Leverkusen und dem FCA – den letzten Tabellenrang.
Warum so passiv, Borussia?
Also woran liegt es, dass die Fohlen – besonders nach Führungen – passiv agieren?
Das hat mehrere Gründe.
Zunächst ist auffällig, dass die Staffelung der beiden Stürmer selten stimmen.
Meistens stehen diese zu breit – lassen sich von der gegnerischen Aufbaustaffelung auseinander ziehen – sodass ein möglicher zentraler Sechser des Gegners in den Zwischenlinien frei positioniert aufspielen kann.
Das hat zu Folge, dass einer unserer Achter aus der Mittelfeld-Kette rausrücken; je nach Spieler öffnen sich dann Räume für den Gegner, die in Überzahlsituationen ausgespielt werden können.
Stehen die Stürmer eng zusammen, so ist für Gladbach ein Pressingauslöser der seitliche Pass zwischen den gegnerischen Innenverteidigern.
Durch die Staffelung unserer Stürmer im Zentrum, sollen dann die Achter aus der Kette vorwärts raus pressen.
Jedoch ist die Stürmerarbeit gegen den Ball nicht gut genug, um den Druck im zweiten Pressingschritt konsequent ausüben zu können: Selten schafft es einer der beiden Stürmer, den gegnerischen Sechser zu schließen, sodass ein „Riss“ im Mittelfeld entsteht.
Wenn bspw. Kone rausschießt, steht Weigl vor der Frage: Rückt dieser raus, um den Druck aufrecht zu erhalten – jedoch im Rücken Räume herzugeben – oder hält er die Position und die Mannschaft muss im nächsten Schritt weiter fallen?
Ein weiteres Problem ist die Positionshöhe der Wingbacks; besonders auf der rechten Seite – bekleidet von Neuzugang Franck Honorat.
Durch seine flache Positionierung in der 5er-Kette hat dieser weite Pressingwege, wenn der Gegner bspw. über flache Außenverteidiger aufbaut.
Die Pressingfrequenz dauert theoretisch und praktisch zu lange, um den Gegenspieler unter Druck zu setzen.
Des Weiteren folgt: Rückt Honorat raus, hat der Gegner lange Zeit den Raum im Rücken zu bespielen, den Scally verteidigen muss. Der Weg, den der Amerikaner im Durchschieben auf die Flügel gehen muss, ist nochmal länger, als der Pressingweg von Honorat.
So spielen die Gegner dann entweder am Flügel vertikal durch, oder sie nutzen das Durchschieben von Scally – indem sie die Abwehrkette durch schnelles Verlagerungsspiel zusätzlich strecken – und bespielen größer werdende Schnittstellen in der Abwehrkette der Fohlen.
Passivität also eine Frage der Grundordnung?
Ist die Passivität also eine Frage der Grundordnung?
Mit Sicherheit nicht.
Schließlich ist bekannt, dass aggressiv und früh pressende Mannschaft gerne die Grundordnung einer 3er-Kette wählen, da diese gewisse Vorteile mit sich bringt, um den Druck auf den Gegner höchstmöglich umzusetzen.
So lässt sich zusammenfassen:
Nicht die Grundordnung, sondern die strategische Ausrichtung bestimmt, wie (wenig) aktiv sich eine Mannschaft verhält – die Grundordnung bestimmt nur, welche Räume der Gegner (nicht) bekommt.
Wieso entsteht Passivität?
Schließlich bleibt die Frage zum Schluss: Wieso also entstehen in Gruppen oder gar im Gesamtkollektiv passive Verhaltensmuster?
Wie wir bereits festhielten:
Die strategische Ausrichtung bestimmt, wie maximal aktiv eine Mannschaft auf dem Platz sein kann.
Bezieht man das auf unser aktuelles Spiel, ist also eine gesunde Passivität erwünscht: Kompaktheit im eigenen bis mittleren Drittel; Räume schließen + eng halten und Pressingauslöser nur sehr gewählt finden.
Die darüber hinaus entstehende und nicht erwünschte Passivität bildet sich im Kern an Pressingabläufen:
Der minimale Druck, den man erzeugen möchte, sind durch gewisse Pressingabläufe aktuell nicht möglich.
Blicken wir zurück auf die Grundordnung:
Das 5-3-2 hat den Vorteil, dass die verteidigende Mannschaft im Zentrum kompakt und diese nur schwer linienbrechend zu knacken ist.
Schaut man sich die aktuellen Pressingabläufe an, zeigen diese auf, dass unsere seitlichen Achter zu weite Pressingwege haben;
dann löst sich dieses „Bollwerk“ im Zentrum auf, ohne die Möglichkeit „echten“ Druck zu erzeugen und gleichzeitig fördern diese eine sowieso vorhandene Schwäche der 5-3-2-Formation: Die Anfälligkeit gegen Spielverlagerungen.
Mitunter waren die Verlagerungen ein Problem im vergangenen Heimspiel gegen Werder Bremen, als dieser im Verlauf der zweiten Halbzeit auf eine 3-2 Struktur umstellte, und somit unsere Achter auf Ballseite ziehen und gleichzeitig ihren ballfernen Halbverteidiger frei bespielen konnten.
Schlussatz
Die Fohlen zeigen unter dem neuen Trainer Seoane interessante Ansätze in ihrem vertikalen Spiel. Sie schafft es besonders am Flügel schnelle Durchbrüche zu erlangen. Der Ansatz ist positiv und der Gedanke schnell in gefährliche Räume zu gelangen geht auf: Neben der offensiven Standardstärke, schoss die Borussia auch einige Tore aus dem Spiel. Insgesamt 31 Tore nach 16 Spielen sprechen eine eindeutige Sprache.
Der nächste Entwicklungsschritt muss also sein, die Aktivität zu fördern, indem man an Pressingstärke und -höhe gewinnt. Ballgewinne in höheren Positionen zu erlangen, würde das offensive Umschaltspiel – welches unter Seoane meist sehr gut funktioniert – nochmal stärken.
Integrierte Pressingabläufe, die zwar nicht den maximalen, aber zumindest den unmittelbaren Druck forcieren, wäre der Versuch einer goldenen Mitte:
Räume im Mittelfeldpressing relativ kompakt halten zu können, ohne dabei große Räuime (Tiefe) hinter der Abwehr anbieten zu müssen.
Die Borussia sucht im neuen Jahr also die Aktivität, um die teils vielversprechenden Ansätze in der Offensive weiter zu entwickeln.