StartAnalysenGladbachs weiträumige Raute gegen Augsburgs Mannorientierungen - Farkes Saisonfazit

Gladbachs weiträumige Raute gegen Augsburgs Mannorientierungen – Farkes Saisonfazit

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Borussia Mönchengladbach siegt im letzten Saisonspiel mit 2:0 gegen den abstiegsbedrohten FC Augsburg und schafft, wie in der Saison davor, eine (sehr) kleine Versöhnung mit Fans und Umfeld.
Dabei agierten die Fohlen in einigen Bereichen so spritzig wie selten, gut strukturiert in der Restverteidigung und auch im Gegenpressing war die volle Intensität zu beobachten.
Was der FCA hingegen in seinen 1vs1-Zuteilungen schlecht umgesetzt hat und was sonst in der ersten Halbzeit passierte, analysiert Deniz für euch.

Gladbachs Grundordnung: 3-Raute-3

Die Elf von Cheftrainer Daniel Farke agierte im Ballbesitz, wie im Auswärtsspiel in Leverkusen, in einer 3-Raute-3 Struktur. Auch im Heimspiel schoben beide Wingbacks – Netz & Lainer – in die letzte Linie, während Bensebaini, Elvedi und Itakura die erste Linie bildeten. Weigl vor Neuhaus und Hofmann auf den Achter-Positionen, und Stindl durfte auf seiner Königsposition der Zehn spielen.

Die Fohlen mit Omlin im 3-2 Aufbau unpressbar

Augsburg versuchte in den ersten 20 Minuten des Spiels, typisch für ihre Spielweise, mannorientiert und im 1vs1 auf dem ganzen Platz im Angriffspressing zu agieren.
Gladbach bildete dagegen, mit Omlin integriert, eine 3-2 Struktur: Besonders hierbei war Neuhaus´ Rolle in der zweiten Linie auf dem Flügel. Augsburgs Sechser Dorsch wurde dadurch aus dem Zentrum gezogen, weil dieser Neuhaus mannorientiert begleitete. Neben Weigl auf der Sechs, ließ sich dynamisch Hofmann fallen, um durch Zuspiele Augsburgs Pressing weiterhin zu locken.

Augsburg reagierte darauf, weil sie in ihren 1vs1-Zuteilungen gegen Thuram nicht ins Doppeln kamen. Die Überzahl entstand im Halbraum, wenn Hofmann sich fallen ließ.

Die Augsburger ließen sich auf diese Anspiele den Druck rausnehmen und fingen an, sich fallen zu lassen. Gladbach kam dies recht, die ihre (recht langsame) Ballzirkulation weiter ausspielen konnten.

Durch die hohe Gegnerbindung von Netz, konnte Neuhaus im Spielübergang auf dem linken Flügel den freien Fuß spielen. Dorsch (rot eingekreist) traute sich die weiten Wege auf die Außenbahnen nicht zu machen.

Die weiträumige Raute

Ab der Mitte der ersten Hälfte zog sich der FCA im Folge auf Gladbachs pressingresistentes Spiel in ihr 5-4-1 Block in eigener Hälfte zurück.
Die Fohlen blieben in ihrer weiträumigen Raute und rissen dadurch größere Schnittstellen in Augsburgs Mittelfeldkette auf. Stindl fand mit seinem Positionsspiel diagonale Passoptionen für Bensebaini und Itakura. Hofmanns Positionierung im Halbraum, als darauffolgendes Verbindungselement ebenso.

Die Borussia muss sich lediglich vorwerfen lassen, die linienbrechenden Bälle nicht gespielt zu haben. Im unteren Bild ist ein Beispielszenario gegeben, wie Bensebaini Stindl finden und Hofmann im Anschluss Überzahl mit Lainer schaffen könnte.

Wie groß die Schnittstellen wurden, zeigt die untere Abbildung: Dorsch musste im Zentrum große Räume in seiner horizontalen Linie verteidigen. Zudem band Gladbach ballnah alle Verteidiger, die somit nicht rausstechen konnten, um Dorsch in Zwischenlinien zu unterstützen.

Wie sehr sich die Fohlen die großen Zwischenräume vor Augsburgs 5er-Kette erarbeiteten, erkennt man in folgender Situation:
Dorsch ließ sich von Neuhaus´ Position rausziehen, Stindl und Lainer banden einen Innenverteidiger im Zentrum und einen Außenverteidiger breit und hoch, sodass Hofmann freie Räume besetzen durfte.

Das Zentrum wurde somit regelmäßig offen gerissen. Schnittstellen, die sich im ballnahen Halbraum ergaben, nutzte die Fohlenelf allerdings viel zu selten. Im unteren Bild ist ein Beispielszenario für einen möglichen Tiefenlauf von Hofmann gegeben.

Spiel in letzter Linie

Fand Gladbach allerdings sein Positionsspiel in letzter Linie, wurde es umgehend gefährlich. Während Lainer und Netz in der relativen Breite positioniert sind und die Kette ein wenig breitziehen, waren es Thuram und Stindl, die im Halbraum zwischen den Verteidigern postiert waren.

Hofmann als Verbindungsspieler, konnte somit einen Gegenspieler auf sich ziehen, der die Lücke im Rücken dessen bespielen konnte. Gladbachs lokale 3vs2-Überzahl (Wir erinnern uns an Lainers Position, die LV Pedersen breit zieht) half dann, die Lücke größtmöglich zu gestalten. So spielt man eine 5er-Kette auseinander!

Gladbachs Restverteidigung und Gegenpressing strukturiert und intensiv

Durch die personelle Aufstellung (drei Innenverteidiger) ergab sich eine statische 3er-Kette. Gladbachs Restverteidigung war in einer 3-1 Staffelung strukturiert, die ballnah verschob und somit viele Ballverluste im zweiten Ball auffangen konnte.

Generell war das Gegenpressing im Spiel der Fohlen ein sehr gutes. Der sofortige Impuls, den Gegner zu einem Rückpass zu zwingen, um ihn dann frontal zu pressen, war stets gegeben.

Aus der 3-1 Restverteidigung konnten Gladbachs seitlichen Verteidiger (Bensebaini / Itakura) vorwärts durchpressen, da im Rücken Elvedi Überzahl gegen Augsburgs Stürmer schuf.

Zudem sicherte Weigl vor der Kette diagonal ab, sodass sich i. d. F. Itakura „sicher“ fühlen konnte.

Für ein Ballbesitzspiel ist das Gegenpressing von Wichtigkeit. Das Gegenpressing muss wiederum durch das Positionsspiel vorbereitet werden und wird von einer stabilen Struktur in der Restverteidigung unterstützt. All diese Komponenten erfüllte Gladbach im letzten Saisonspiel.

Farkes Angriffspressing: 3-3-2-2

Daniel Farke stellte gegen Augsburgs Eröffnung im 2-4-2-2 ein 3-3-2-2 auf. Die 3er-Kette, die im 3vs2 Überzahl stand, wurde von Weigl und den beiden eingerückten Wingbacks – Netz & Lainer – in den Halbräumen unterstützt. Die „Box“ die der FCA im Mittelfeld bildete, wurden so mannorientiert – mit Neuhaus und Hofmann – zugestellt.

Wurde der Gegner durch Stindl und Thuram auf eine Seite gelenkt, presste Lainer seitlich aus seiner Mannorientierung im Halbraum auf den Außenverteidiger durch, sodass Weigl durchschob und Lainer absicherte.

Durch den frühen Zugriff auf dem Flügel und den Mannorientierungen dahinter, provozierte man den FCA zu frühen, langen Bällen. Neuhaus stand in seiner Positionierung bewusst im Raum, ohne an seinen Gegenspieler zu kleben, um bei einem unkontrollierten Ball ins Zentrum da sein zu können.

Spielte der FCA in Halbräume ein, presste Hofmann den Sechser, Lainer üblich auf die Flügel durch, und Weigl schob vor um den Zwischenraum zu sichern.

So kam der FCA ständig in die selbe Position und schließlich zum Dauerproblem: Isoliert auf dem Flügel und keine Passoption im vertikalen (Elvedi sichert ab) oder diagonalen Raum (Lainer schließt diesen Winkel im Anlaufen).

5-3-2 im Block: Bensebaini schließt Channel-Läufe der Stürmer

Das 3-Raute-3 hat Farke wie das 5-3-2 gegen den Ball aus Leverkusen letzte Woche mitgebracht.
Der FCA versuchte aus einer 3-1 oder 2-2 Struktur die Halbräume über ihre Zehner zu bespielen, oder die direkte Tiefe in letzter Linie zu finden, die Beljo und Demirovic ständig attackierten.

Durch die Positionsfindung von Augsburgs Zehner im Halbraum hinter Neuhaus oder Hofmann, versuchte Maaßen Gladbachs Halbverteidiger aus der 5er-Kette rauszuziehen, um mittels Chipbällen die Tiefe im Rücken dessen zu bespielen.

Dabei hatte aber besonders Bensebaini ein sehr gutes Gespür dafür, wann dieser raussticht oder sich fallen lässt und die Tiefe sichert. Im unteren Beispiel erkennt Bensebaini, dass der FCA lang schlägt, sodass dieser die ursprüngliche frontale Körperhaltung in eine seitliche bewegt, um den Tiefenlauf aufnehmen zu können. Individualtaktisch eine sehr starke Partie des 28-Jährigen, der die Fohlen im Sommer verlässt.

(Saison-) Fazit: Farkes Spiel mit Licht und Schatten

Daniel Farke und Bor. Mönchengladbach beenden die Saison mit 43 Punkten auf Platz 10. Vorgänger Adi Hütter schaffte dies mit zwei Punkten mehr, durfte sich aber u. a. mit Aufsteigern wie Greuther Fürth und Bielefeld messen, die sich qualitativ dann doch eine Stufe unter dem S04 und SVW befinden.
Die Punktzahl ist daher eher schwierig miteinander zu vergleichen. Was sich aber konkretisieren lässt, ist der erneute 10. Tabellenplatz, der für viele Beobachter und Beobachterinnen zu wenig für die Qualität dieser Mannschaft ist.

Farkes Spiel war im Gesamten balancierter als Hütters. Dafür weniger risikofreudig, zu selten linienbrechend und torgefährlich.
Die Gegner stellten sich auf das „Set-Up“, wie Farke zu sagen pflegt, ein und nahmen Gladbachs letzte Risikoaffinität, vertikal und linienbrechend spielen zu wollen.

Zudem hatte Farke besonders im Neujahr schwer mit seinem 4-4-2 Angriffspressing zu kämpfen, das – bei allem Respekt – selbst von Schalke dauerhaft und leicht überspielt werden konnte.
Die Risse, die Gladbach besonders auch in Auswärtsspielen dadurch erlitt, zwangen die Profis in eine Passivität. Gladbach fiel tief rein, spielte ungewollt rund um die eigene Box eine 6er-Kette, weil die Flügelspieler sich rein drücken ließen.
10 Auswärtspunkte, dabei lediglich ein Sieg, ist in 17 Spielen viel zu wenig!

Und dennoch schaffte es Farke auch Spieler, wie Hofmann auf ein nochmal höheres Level zu bringen. 23 Scorer sind ein Ausdruck dessen. Thuram und Plea, die bis zur WM-Pause auf jeweils neuen Positionen ablieferten: Thuram als alleiniger Neuner, Plea, der als Spielmacher sämtliche Torvorlagen gab und das Spiel im Mittelfeld an sich riss.

Unter dem Strich bleibt vorerst:
Die Mannschaft fühlt sich unter der Anlage von Daniel Farke wohl – im Gegensatz zur Vorsaison, muss dabei aber mit Problemen kämpfen, die a) eigenverschuldet sind, b) und Dinge kompensieren, die ihnen auf dem Platz fehlen: Intensität, Laufumfang und Zweikampfstärke.
Auch wurde man den Eindruck in sämtlichen Spielen nicht los, dass die Mannschaft nicht so richtig weiß, was ihr Trainer – besonders im Spielübergang, um ins letzte Drittel zu kommen – von ihnen will.
Ob Daniel Farke die Chance dazu erhält, diese Dinge zu entwickeln und voran zu treiben, ist fraglich.

Eine Analyse von Deniz.

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